# taz.de -- Klimaschutzpläne der Regierung in der Kritik
       
       > Das Klimakabinett hat konkrete Vorschläge vorgelegt, um die CO2-Ziele für
       > 2030 zu erreichen. Doch die Umweltministerin hat einen schweren Stand,
       > beschlossen ist nichts
       
 (IMG) Bild: Der Weg zur Erreichung der Klimaschutzziele wird konkreter, aber über die Geschwindigkeit herrscht Streit
       
       Von Bernhard Pötter und Julia Springmann
       
       Die ersten Ergebnisse des Klimakabinetts stoßen auf wenig Gegenliebe. Der
       Direktor des Thinktanks „Agora Verkehrswende“, Christian Hochfeld, lobt
       zwar, dass es nun konkrete Vorschläge gibt. Aber er kritisiert, dass diese
       ausschließlich zulasten der Steuerzahler gehen. „Ohne Preissignale, die
       klimaschädlichen Verkehr unattraktiver machen, drohen die angegebenen
       CO2-Verminderungspotenziale sich als Luftbuchungen zu erweisen“, so
       Hochfeld. Auch die Grünen kritisieren unter anderem, dass die Regierung die
       geplanten Maßnahmen erst im Herbst gesetzlich beschließen will.
       
       Am 441. Tag ihrer Amtszeit hat die Bundesregierung zum ersten Mal konkret
       darüber beraten, wie das Klimaziel für 2030 zu erreichen ist. Bei der
       Sitzung des Klimakabinetts, dem die Ministerien für Verkehr, Bauen,
       Landwirtschaft, Umwelt, Wirtschaft und Finanzen angehören, haben diese ihre
       Vorschläge für CO2-Reduzierungen vorgelegt. Das nationale Klimaziel
       verlangt gegenüber dem Jahr 1990 55 Prozent weniger Treibhausgasemissionen
       bis 2030.
       
       „Wir werden jetzt schauen müssen, ob diese Maßnahmenpläne ausreichen, um
       unsere Ziele auch für die einzelnen Jahre zu erreichen“, sagte die
       zuständige Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Mittwoch. „Ich
       bin froh, dass wir endlich im Arbeitsmodus sind.“
       
       Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) legte eine umfassende Liste vor, die
       bis 2030 die erforderlichen 55 Millionen Tonnen einsparen soll. Auf der
       Liste, die der taz vorliegt, stehen mehr steuerliche Förderung für
       Elektroautos, Unterstützung für saubere Lkws und eine „CO2-Differenzierung
       der Lkw-Maut“. Außerdem soll es mehr Geld für Busse und Bahnen, Radverkehr,
       alternative Antriebe und Forschung geben. „Wir wollen erlauben, erleichtern
       und ermöglichen und nicht verbieten, verteufeln und verteuern“, sagte
       Scheuer.
       
       Im Gebäudebereich schlägt Bauminister Horst Seehofer (CSU) vor, die
       steuerliche Absetzbarkeit von energetischen Sanierungen zu verbessern. Ein
       ähnlicher Vorschlag war 2015 gescheitert, weil Bayern ihn unter der Führung
       von Seehofer aufgrund zu geringer Steuereinnahmen ablehnte. Nun will der
       Bund dafür 1 Milliarde zur Verfügung stellen.
       
       Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) ging mit ihren bereits im Vorfeld
       vorgelegten zehn Maßnahmen in das Treffen. Darin enthalten sind etwa die
       Senkung von Emissionen in der Tierhaltung und die vermehrte Nutzung von
       Tierdung in Biogasanlagen.
       
       Nun beginnt das große Rechnen, wie viel die einzelnen Vorschläge an
       Reduktionen bringen. Unabhängige Experten sollen die Vorschläge auf ihre
       Substanz abklopfen. „Ich sehe mich in der Rolle, weiter Druck zu machen“,
       sagte Umweltministerin Schulze. Dafür hatte sie allerdings vom Kanzleramt
       einen kräftigen Rüffel einstecken müssen. Weil Schulze am Montag den schon
       lange intern vorgelegten Entwurf des Klimaschutzgesetzes an den anderen
       Ministerien vorbei veröffentlicht hatte, schickte das Kanzleramt am
       Dienstag eine E-Mail ans Umweltministerium, die der taz vorliegt. Darin
       heißt es: „Das Bundeskanzleramt widerspricht der Einleitung der
       Ressortabstimmung, der Versendung an Länder und Verbände sowie der
       Veröffentlichung im Internet. Wir werden zu dem Entwurf keine weitere
       Stellungnahme abgeben.“
       
       Inhaltlicher fiel dagegen die Kritik von Grünen-Chefin Annalena Baerbock
       aus. Sie griff die Klimapolitik der Bundesregierung scharf an und forderte
       ein Maßnahmenpaket noch vor der Sommerpause. „Noch bevor das Klimakabinett
       getagt hat, hat das Kanzleramt das Klimaschutzgesetz offenbar gebremst“,
       sagte Baerbock der Düsseldorfer Rheinischen Post. Angesichts der Ergebnisse
       der Europawahl gehöre das Klima jedoch „in den Mittelpunkt der
       Regierungspolitik, das war das klare Votum der Wählerinnen und Wähler“,
       erklärte die Grünen-Vorsitzende.
       
       Luisa Neubauer von der deutschen „Fridays for Future“-Bewegung forderte
       ambitionierte Gesetze und verbindliche Sektorziele. Sie appellierte ans
       Klimakabinett: „Klärt das. Dafür seid ihr da.“ Die nächste Sitzung des
       Klimakabinetts ist für Juli anberaumt.
       
       31 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
 (DIR) Julia Springmann
       
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