# taz.de -- Die Wahrheit: Verbrecherjagd im Mietwagen
       
       > Die irische Polizei hat keine Autos mehr. Offenbar hat das
       > Justizministerium vergessen, genügend Nachschub für ausgemusterte
       > Dienstwagen zu bestellen.
       
       Ich hatte es eilig. Auf der Autobahn in den Westen Irlands war nicht viel
       los. Lediglich ein Mietwagen zuckelte vor mir her. Ich überholte ihn zügig.
       Zu meiner Überraschung drückten nun die Touristen aufs Gaspedal und
       überholten mich. Als sie auf gleicher Höhe waren, kurbelte der Tourist auf
       dem Beifahrersitz das Fenster herunter und hielt eine rote Kelle heraus.
       Gehörte das inzwischen zur Grundausstattung eines Mietautos?
       
       Ich fuhr vorsichtshalber auf den Seitenstreifen und hielt an. Vermutlich
       hatten sich die Touristen verfahren und wollten nach dem Weg fragen. Aber
       warum trugen sie Polizeiunifomen? Ihr Dienstwagen sei ausgemustert, aber
       bisher nicht ersetzt worden, erklärte der Beamte. So seien sie gezwungen,
       mit einem Mietwagen auf die Jagd nach Verkehrssündern wie mir zu gehen.
       
       Voriges Jahr hat die Polizei 112.000 Euro an Mietwagenfirmen überwiesen.
       2016 waren es nur 18.000 Euro. Offenbar hat das Justizministerium
       vergessen, genügend Nachschub für die ausgemusterten Dienstwagen zu
       bestellen. Und die Lage scheint sich nicht zu bessern: In diesem Jahr sind
       bereits 44 Polizeiwagen verschrottet, aber nur 16 neu angeschafft worden.
       
       Den anderen Abteilungen einschließlich der Anti-Terrorismus-Einheit geht es
       nicht besser. Darüber hinaus kostet der Gesangsunterricht für die
       Polizisten ein Vermögen. Man hat dafür dem Popmusiker Gavin James
       angeheuert. Zwei seiner Urgroßeltern waren bekannte irische Opernsänger,
       und seine Schwester ist Sängerin in einem Dubliner Gospelchor. James soll
       den Beamten beibringen, in der richtigen Tonlage „Lalülala“ zu singen, denn
       die Mietwagen sind natürlich nicht mir Polizeisirenen ausgestattet.
       
       Bei der Feuerwehr bahnt sich eine ähnliche Krise an. Auf Nachfrage der
       Opposition musste die Regierung einräumen, dass man mehr als 800 Bauern
       schriftlich aufgefordert habe, ihre Traktoren mit Wasserschläuchen
       auszurüsten. Sollte es wieder einen trockenen Sommer mit vielen Bränden
       geben, sei die Feuerwehr berechtigt, die Traktoren zu beschlagnahmen.
       
       Zurzeit ist es auch nicht ratsam, in Irland ernsthaft krank zu werden.
       Sämtliche Krankenhäuser sind hoffnungslos überfüllt. Vor kurzem vermeldete
       das Limerick Hospital einen Rekord: 93 Patienten mussten auf Rollwagen
       untergebracht werden, weil es keine freien Betten gab. In einem Krankenhaus
       in Waterford stapelten sich die Toten im Leichenschauhaus, denn es mangelte
       an Leichenwagen für den Abtransport. Die waren vermietet und als
       Krankenwagen im Einsatz.
       
       Es gibt aber auch gute Nachrichten vom staatseigenen Fuhrpark: Die
       Limousinen der Minister werden regelmäßig gewartet und sofort durch einen
       Neuwagen ersetzt, sobald sie schmutzig sind. Meine 80 Euro Bußgeld für die
       Geschwindigkeitsübertretung sollten für eine Tankfüllung für den Wagen des
       Premierministers reichen.
       
       6 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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