# taz.de -- Tennisturnier der Frauen in Stuttgart: Sandiger Traum
       
       > Angelique Kerber ist wieder in Stuttgart. Vor beinahe 14 Jahren wollte
       > sie das Turnier zum ersten Mal spielen – und ist in der Qualifikation
       > gescheitert.
       
 (IMG) Bild: Über Stuttgart zum Sieg in Paris? Angelique Kerber
       
       Stuttgart taz | Oktober 2005: Die 17-jährige Angelique Kerber aus Kiel
       schreibt sich in Filderstadt vor den Toren Stuttgarts in die Qualifikation
       zum Tennis Grand Prix ein. Es war so was wie ihr erster Schritt in die
       schillernde Welt des Profitennis. Bis kurz davor war der Teenie aus dem
       Norden sportlich noch vielseitig unterwegs, versuchte sich auch mal als
       Schwimmerin. Nach der Mittleren Reife setzte die Tochter eines
       Tennistrainers aber auf den Filzball. Die Quali in Finderstadt schaffte sie
       2005 allerdings nicht.
       
       Zwei Jahre später wurde sie trotzdem ganz offiziell professionelle
       Tennisspielerin. Mittlerweile hat die 31-Jährige das aus dem Umland
       zwischen Krautfeldern und dem Flughafen in die Stadt umgezogene
       Tennisspektakel elfmal gespielt, 2015 und 2016 auch gewonnen. „Das hier ist
       mein Heimturnier“, sagt sie vor ihrem ersten Auftritt am Donnerstag gegen
       Andrea Petković, „ich genieße hier jeden Moment.“
       
       Und deshalb ist sie auch da, denn eigentlich ist die Nummer 5 der
       Tenniswelt krank. Ein Infekt, eingefangen vor zwei Wochen beim Rückflug vom
       Turnier in Monterrey in Mexiko. „Angie“, wie sie nahezu jeder nennt, hat
       müde Augen und eine kratzige Stimme, aber sie will es auf jeden Fall
       versuchen.
       
       Und das nicht nur, weil sie das Turnier so gern spielt. Angelique Kerber
       hat im Tennis schließlich bereits nahezu alles erreicht. Sie war die Nummer
       1 der Weltrangliste, gewann 2016 die Grand-Slam-Turniere in Melbourne und
       in New York. Dann wurde es ein Jahr sportlich ruhig um sie, ehe Kerber 2018
       [1][auch in Wimbledon siegte]. „Das“, sagt sie, „wollte ich mein Leben lang
       schaffen.“ Nach dem Sieg auf Rasen sei sie gelassener geworden, ruhiger.
       Und auch sicherer. „Seit Wimbledon spüre ich ein großes Selbstvertrauen in
       mir“, sagt sie.
       
       ## Karriere mit Dellen
       
       Das soll ihr helfen, die letzte Lücke in ihrer sportlichen Vita zu
       schließen. Was Kerber noch fehlt ist der Sieg bei den French Open. Vor
       einem Jahr war sie wie schon 2012 in Paris im Viertelfinale, aber das ist
       ihr zu wenig, obwohl Sand nun nicht gerade ihr Lieblingsbelag ist. Aber sie
       kann es, wie ihre zwei Turniererfolge in Stuttgart gezeigt haben.
       
       Die kommenden Tage sind für Kerber also der Start auf dem Weg zum großen
       Ziel. Dabei wird sie die Balance finden müssen zwischen dem schnellen Punkt
       auf schnellen Böden und der Geduld auf Sand.
       
       Aber sich anzupassen, hat die Frau mit dem Zopf schon früh gelernt. Kerbers
       Eltern stammen aus Polen, schon früh pendelte sie zwischen Kiel und
       Puszczykowo, einem Vorort von Posen, in dem ihr Opa eine Tennishalle
       betreibt. Angelique Kerber spricht fließend Polnisch und lebt mittlerweile
       auch in Puszczykowo. Zwölf Turniersiege stehen in ihrer Statistik, aber
       ihre Karriere hatte auch Dellen. Verletzungen warfen sie immer wieder
       zurück, zweimal wurde sie an der Schulter operiert, der Stress hat ihr 2017
       auch ein wenig den Spaß an ihrem Beruf genommen. [2][Seit dem Wimbledonsieg
       ist der aber wieder da.]
       
       ## Neuer Trainer Rainer Schüttler
       
       Und es läuft auch ordentlich. In Indian Wells stand sie vor einigen Wochen
       im Finale, verlor dort aber gegen die Außenseiterin Bianca Andreescu aus
       Kanada, was auch ein Indiz für die aktuelle Situation im Frauentennis ist.
       Die Zeit der Dominatorinnen scheint vorbei, die 18 großen Turniere 2019
       wurden von 18 verschiedenen Spielerinnen gewonnen.
       
       Angelique Kerber war noch nicht dabei. „Aber es geht ja zum Glück bei jeden
       Turnier von vorne los“, sagt sie. Wie am Donnerstag in Stuttgart, wo sie
       zum ersten Mal ihr neuer Trainer Rainer Schüttler betreuen wird. Der
       Exprofi soll Kerber auf dem Weg zur sportlichen Vollendung helfen.
       Stuttgart wird dabei ein extrem schweres Pflaster werden. Das Turnier am
       Neckar ist hochrangig besetzt. Die vier vor Kerber in der Weltrangliste
       platzierten Spielerinnen sind alle angereist, allerdings musste Simona
       Halep (Nummer 2 der Welt) wegen einer Hüftverletzung aus dem Fed Cup wieder
       nach Hause fahren.
       
       Würde Kerber hier zum dritten Mal gewinnen, wäre das ein starkes Signal für
       das Projekt Paris, auch wenn man die Turniere nicht vergleichen kann. Sand
       ist im Tennis nicht gleich Sand und Stuttgart in der Halle.
       
       25 Apr 2019
       
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