# taz.de -- Revierderby in der Fußball-Bundesliga: Ein Diplomat in Königsblau
       
       > Vor dem Derby bei Borussia Dortmund gibt sich Schalke-Trainer Huub
       > Stevens reserviert. Über die Gründe für die Krise seines Klubs will er
       > nicht sprechen.
       
 (IMG) Bild: Schalke-Trainer Huub Stevens: Das Gesicht zur Faust geballt
       
       Dortmund/Gelsenkirchen taz | Huub Stevens hat in den vergangenen sechs
       Wochen viel Übung darin bekommen, seine Statements mit ein paar
       diplomatischen Windungen zu versehen. Mitte März startete Schalkes
       Jahrhunderttrainer in seine dritte und, wie er gleich zu Beginn
       klarstellte, schwierigste Mission in Gelsenkirchen. Damals stand das
       königsblaue Ensemble auf Rang 14, vier Punkte vor dem Relegationsplatz.
       Seitdem gelang dem amtierenden Vizemeister nur ein glücklicher Sieg und ein
       sehr glückliches Remis bei den Abstiegskandidaten Hannover und Nürnberg.
       Der Vorsprung auf Stuttgart auf Rang 16 wuchs trotzdem um zwei Zähler.
       
       Stolz sind die Schalker auf ihren Dusel und die Schwäche der Konkurrenz
       nicht – schon gar nicht vor dem großen Revierderby am Samstag. Seit
       Einführung der Drei-Punkte-Regel klaffte die Lücke zwischen Dortmund und
       Schalke noch nie so schmerzhaft wie in diesem Frühjahr. 42 Punkte trennen
       die beiden Klubs! Oder wie es Chefdiplomat Stevens formulierte: [1][„Sie“ –
       er meint die schwarz-gelbe Konkurrenz – „spielen um die Meisterschaft.] Und
       wir um etwas anderes. Da können wir nicht lügen.“
       
       Denn die Wahrheit ist: Der Ligaerhalt ist das letzte, ausgesprochen dürre
       Ziel der Gelsenkirchener – deren Sportvorstand Jochen Schneider soeben die
       zahlreichen guten Personalentscheidungen und die insgesamt positive
       Entwicklung des BVB im zurückliegenden Jahrzehnt lobte. Auch die Westfalen
       bemühten sich um aufmunternde Worte für den abgestürzten Nachbarn. „Wir
       finden es gut, wenn diese Rivalität in der ersten Liga gelebt werden kann“,
       sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc. Von einer S04-Revanche für den 12. Mai
       2007 will der frühere Mittelfeldspieler allerdings nichts wissen. Vor zwölf
       Jahren zerstörte das Dortmunder 2:0 im Derby die Schalker
       Meisterschaftsträume am vorletzten Spieltag auf brutale Weise. „Die
       Vorzeichen sind komplett anders“, glaubt Zorc. Der Grund: „Weil wir in
       Dortmund spielen.“
       
       Bei Schalke gefällt Stevens nicht, wie einige Spieler mit der misslichen
       Lage umgehen. Der Algerier Nabil Bentaleb, den er bereits im März aus
       disziplinarischen Gründen zur U23 abkommandiert hatte, wurde gerade zum
       zweiten Mal ins Reserveteam strafversetzt. Im März weilte Bentaleb zwei
       Tage nach der Geburt seiner Zwillinge noch bei seiner Frau im Krankenhaus –
       anstatt bei Stevens’ Einstiegsmatch gegen Leipzig zu erscheinen. Diesmal
       lag die Verfehlung des 24-jährigen Mittelfeldakteurs in einem geschwänzten
       Deutschkurs.
       
       ## Lobenswertes Gegenbeispiel Kutucu
       
       „Ich finde es schade, aber ich konnte nicht anders. Ich habe mich bei
       mehreren Leuten erkundigt, um sicher zu sein. Es ist immer noch ein
       Mannschaftsport“, formulierte Stevens seinen Ärger über Bentaleb vor dem
       emotional wichtigsten Duell der Rückrunde. Und weil offensichtlich auch der
       Marokkaner Amine Harit kürzlich dem Sprachunterricht fernblieb (und mit
       einer Geldstrafe davonkam), nutzte der 65-Jährige die Gelegenheit, mit
       Ahmed Kutucu gleich ein lobenswertes Gegenbeispiel zu erwähnen: Der
       19-jährige Angreifer steckte zuletzt mitten in seinen Abiturprüfungen,
       fragte das Schalker Trainerteam von sich aus, ob er in der U19 und U23
       mitspielen könne – wo er sich prompt für weitere Aufgaben bei den Profis
       empfahl.
       
       „Das sind kleine Schritte, die ich als positiv empfinde“, kommentierte
       Stevens Kutucus Eigeninitiative. „Kompliment.“ Der gebürtige
       Gelsenkirchener könnte beim Derby nun in der Startelf stehen. Stevens will
       das Talent nicht verheizen, sagt aber auch: „Spieler, die Leistung für die
       Mannschaft bringen, halte ich nicht zurück. Egal ob sie 19 oder 30 sind.“
       
       Weniger sicher ist sich der Niederländer nach den Erfahrungen der
       vergangenen Wochen, ob sein Rasenpersonal die Herausforderung Derby mit der
       richtigen Einstellung angeht. „Sicherheit habe ich nicht, aber ich hoffe
       es“, erklärt der Mann, der wohl gerne auch mal über die Gründe sprechen
       würde, warum sein Team die vorhandenen Fähigkeiten immer nur sporadisch
       aufblitzen lässt. „Ich kann und darf nicht alles ehrlich sagen. Vielleicht
       kommt das noch – vielleicht intern, vielleicht in der Öffentlichkeit“, sagt
       Huub Stevens. Ganz diplomatisch.
       
       27 Apr 2019
       
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