# taz.de -- Das letzte große Spiel eines großen Teams
       
       > Die überalterte Mannschaft des FC Bayern will gegen Borussia Dortmund
       > noch einmal alle Kräfte mobilisieren, um zum Abschied nicht ohne
       > Meisterschale dastehen zu müssen
       
 (IMG) Bild: Als Wegweiser des FC Bayern nicht mehr gefragt: Gegen den FC Heidenheim bewirkte das Dirigat von Thomas Müller wenig
       
       Aus München Thomas Becker
       
       Das letzte Hurra: So hieß in den 50ern ein Film von John Ford, in dem es um
       einen alternden Politiker geht, der mit allen Mitteln versucht, zum fünften
       Mal zum Bürgermeister gewählt zu werden. Nun ist das Oberhaupt der
       Bundesliga, der FC Bayern, zwar schon 28-mal Primus gewesen, doch egal, ob
       er am Ende dieser Saison den siebten Meistertitel in Serie einfährt oder
       nicht, eins steht fest: Es wird das Ende einer einst ziemlich großen
       Mannschaft sein. Nichts wird danach sein wie vorher, wegen der
       Transferoffensive eines gewissen Uli H.: „Wenn Sie wüssten, was wir alles
       schon sicher haben für die kommende Saison …“
       
       Am Samstagabend trifft der Rekordmeister auf den Tabellenführer.
       Entschieden ist danach noch nichts, aber es wird sicherlich die Partie mit
       der höchsten allgemeinen Körperspannung in dieser Restspielzeit sein. Wie
       viel besagte Konzentration aufs Wesentliche ausmacht, war am vergangenen
       Mittwoch beim 5:4-Pokal-Irrsinn gegen Sandhau…, sorry: gegen Heidenheim zu
       sehen. Dreifachtorschütze Robert Glatzel, ein gebürtiger Münchner, der
       schon für Fürstenfeldbruck, Unterhaching II, 1860 II und den SV Heimstetten
       gekickt hat, sprach von „einem Spiel für die Ewigkeit“ – manch
       Bayern-Kicker wird sich angesichts dieses rotzfrechen Zweitligisten jedoch
       nicht mehr ganz so unvergänglich gefühlt haben wie zum Beispiel noch beim
       allseits umjubelten 0:0 in Liverpool, wo sich alle Mann gar wundersam
       spannkräftig präsentiert hatten. Mei, Anfield halt. Da reißt man sich noch
       mal zusammen, gell. Vielen im Bayern-Dress will das jedoch längst nicht
       mehr über die gesamte Saison gelingen.
       
       Das geht ganz hinten los. Ex-Welttorhüter Manuel Neuer hat schon wesentlich
       bessere Torwarttage erlebt, und ob er noch mal in diese Spitzenklasse
       vorstoßen kann, ist fraglich. Seine Vorderleute Mats Hummels und Jérôme
       Boateng? Frisch rasiert vom Bundestrainer und nach den
       Zig-Millionen-Transfers für die französischen Weltmeister Pavard und
       Hernandez auf dem direkten Weg Richtung Abstellgleis. Boateng nimmt’s mit
       Humor: Hat am Abend nach dem Spitzenspiel zu einer Party in die Nobel-Disse
       P1 eingeladen, Motto: „Boa X P1“. Recht so, schließlich besteht so ein
       Profileben nicht nur aus Fußball, oder? Blicken wir nach vorne: die einst
       so stolze, gefürchtete Flügelzange Rib&Rob? Längst passé. Robben war
       zuletzt im November am Ball, Ribery darf gegen Heidenheim für den
       geschonten Coman ran, muss nach 20 Minuten raus und hat nicht mal mehr die
       Energie, dem Trainer eine Szene zu machen. Und einen Vertrag wollen sie dem
       ab Sonntag 36-Jährigen auch nicht mehr geben – kein Wunder, dass ihm die
       Späße allmählich vergehen. Und Thomas Müller? Dürfte gespannt sein, welche
       Granaten sein Präsident demnächst in der Offensivabteilung zu zünden
       gedenkt. Eine Mutmaßung: Wahrscheinlich haben die alle ein paar PS mehr
       unter der Haube als die Entdeckung von Louis van Gaal.
       
       Jaja, so lange ist das schon her. Längst spielt Müller nicht mehr immer,
       sondern immer öfter auch mal gar nicht. Schon 2010 stand er wie Robben im
       Champions-League-Finale gegen Inter Mailand, drei Jahre später beim „Drama
       dahoam“ gegen Chelsea waren dann auch Neuer, Boateng und Ribery dabei, und
       beim Triumph 2013 kamen noch Alaba und Martinez dazu, Hummels und
       Lewandowski spielten noch in Schwarz-Gelb. Macht zusammen neun jetzige
       Münchner, die vor sechs Jahren Europas Fußball-Olymp erklommen haben – bei
       Dortmund sind von damals nur noch drei Mann mehr (Reus) oder weniger
       (Schmelzer und Piszczek) aktiv. Der BVB hat sich längst verjüngt, Reus ist
       mit 29 der Alterspräsident. Den Bayern steht dieser Umbruch nun bevor, und
       er könnte in seiner Absolutheit gar zum Bruch führen. Denn: Um welche
       zentrale Figur soll dieser neue FCB gebaut werden? Kimmich? Goretzka?
       Ehrgeizige Ärmelaufkrempler, das schon, aber mit zu wenig Stallgeruch.
       Thiago? James? Schielen stets mit eineinhalb Augen nach Madrid und
       Barcelona. Sonstige Führungsspieler? Nicht wirklich. Und ob Niko Kovac der
       Trainer ist, der diesen Neuaufbau kreativ gestaltet? Allzu viel Geld würde
       man darauf nicht wetten.
       
       Die Fragezeichen werden nicht weniger, wenn man sich die Klubführung
       anschaut. Oli Kahn wird wohl irgendwann der neue Rummenigge, aber wer
       kann/darf/muss den ewigen Uli ablösen? Und vor allem: wann? „Ich bin das
       klassische Beispiel, wie man die nächste Generation heranführt“, sagt Uli
       Hoeneß im Vereinsmagazin 51 – da ploppt beim geneigten Leser gleich ein
       ganzes Rudel von Fragezeichen auf. Wo und wer ist sie denn, die nächste
       Generation? „Ich habe mal gesagt: ‚Das war’s noch nicht!‘ “, so Hoeneß
       weiter, „aber der Tag ist nicht mehr fern, an dem ich sage: ‚Das war’s!‘
       Und zwar, weil ich a) loslassen kann und b) der Zeitpunkt bald passen
       wird.“ Na, dann ist ja so weit alles klar.
       
       „The last Hurrah“ ging übrigens nicht gut aus für den von Spencer Tracy
       gespielten alten Helden: Am Ende des Films ist er tot. Herzinfarkt.
       
       6 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Becker
       
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