# taz.de -- Sieg bei Golf-Masters: Viel Respekt für Tiger Woods
       
       > Tiger Woods gewinnt nicht nur das Masters in Atlanta und zum ersten Mal
       > seit 2008 ein Major-Golfturnier. Er besiegt auch seine Dämonen.
       
 (IMG) Bild: Glücklich: Tiger Woods gewinnt in Augusta
       
       Der letzte Putt an diesem historischen Tag war reine Formsache. Aber als
       Tiger Woods den Ball tatsächlich versenkt hatte, da hatte er nicht nur zum
       fünften Mal [1][das Masters] gewonnen, nicht nur zum 15. Mal den Titel bei
       einem der vier großen Golf-Turniere geholt, nicht nur eines der
       erstaunlichsten Comebacks in der Sportgeschichte geschafft und mehr als
       zwei Millionen Dollar Siegprämie eingestrichen, sondern vor allem: eine
       erstaunliche Verwandlung abgeschlossen.
       
       Der Tiger Woods, der am Sonntag in Augusta, Georgia, zum fünften Mal in das
       hässliche grüne Sakko, das hier dem Sieger vorbehalten wird, schlüpfen
       durfte, war ein völlig anderer Tiger Woods als der, der hier 1997 als
       damals 21-Jähriger zum ersten Mal einen Major-Titel gewann. [2][Der Tiger
       von 2019] trug zwar wie damals ein rotes Oberteil, schwarze Hose und
       schwarze Basecap, aber er war nicht mehr der jugendliche Himmelstürmer von
       einst, sondern einer, der zurückkam, obwohl er schon abgeschrieben war.
       Einer, der ein Privatleben in Ruinen und einen geschundenen Körper
       überwunden hat, um – so pathetisch es klingen mag – mit diesem letzten Putt
       von Augusta seine Dämonen zu besiegen. Dieser letzte Putt war, so beschrieb
       es Bernhard Langer, der in Augusta selber zwei Mal siegen konnte, „ein sehr
       spezieller Moment in der Geschichte des Golf, in der Geschichte von Augusta
       und in der Geschichte von Tiger selbst“.
       
       Vor keinen zwei Jahren war Woods ganz unten. Er war mitten in der Nacht
       schlafend in seinem Wagen von der Polizei aufgegriffen worden. In seinem
       Blut wurde Alkohol und fünf verschiedene Drogen festgestellt. Das
       Polizeifoto ging um die Welt. Es war der letzte einer langen Reihe von
       Tiefpunkten einer Karriere, die einst so hoffnungsvoll begonnen hatte.
       
       In den ersten Jahren nach seinem ersten Sieg in Augusta reihte Woods einen
       Erfolg an den nächsten und brach alle verfügbaren Rekorde. Es schien keine
       Frage ob, sondern nur wann er den legendären Jack Nicklaus und seine 18
       Major-Titel einholen und sich zum größten Golfer aller Zeiten krönen lassen
       würde.
       
       ## „Es waren harte Jahre“
       
       Währenddessen veränderte er den Sport fundamental: Mit der Gallionsfigur
       Tiger wurde Golf zum Mainstream, mit den Einschaltquoten explodierten auch
       die Preisgelder. Die Golfer selbst wurden besser, trainierten härter und
       professioneller, um die athletischen Vorteile aufzuholen, die der
       Branchenprimus Woods vor allem in längere Abschläge umsetzte. Im Sommer
       2008 gewann Woods die US Open, es war sein insgesamt 14. Major-Erfolg.
       Niemand ahnte, dass es für elf Jahre der letzte bleiben würde.
       
       Doch dann häuften sich die Verletzungen, Woods konnte ohne Medikamente kaum
       noch schlafen, geschweige denn Golf spielen. Vor allem der malträtierte
       Rücken machte nicht mehr mit und musste vier Mal operiert werden. „Das war
       kein Spaß“, beschrieb Woods diese Zeit, „es waren harte Jahre.“ Dem
       sportlichen Niedergang folgte das private Fiasko: Woods Ehe mit dem
       schwedischen Model Elin Nordegren zerbrach, Details aus seinem bis dahin
       sorgsam gehüteten Privatleben wurden in die Öffentlichkeit gespült,
       Sponsoren ließen ihn fallen. 2010 gestand er, sexsüchtig zu sein, und begab
       sich in Therapie. Die Affäre erschütterte nicht nur die Golf-Welt: Ein
       Wirtschaftsmagazin schätzte die Aktienverluste, die der Skandal verursacht
       hatte, auf bis zu zwölf Milliarden Dollar.
       
       Spätestens mit dem erschreckenden Polizeifoto war aus dem größten Golfer
       seiner Generation eine Lachnummer geworden, ein Lieblingsopfer von
       Comedians. Doch seitdem, so erzählen es Kollegen, hat sich Woods verändert
       – und nicht nur, weil er weniger Haare auf dem Kopf hat. Früher verbreitete
       Woods die grimmige Aura des Unbesiegbaren, er wirkte wie ein Getriebener,
       der nur schwer seine Verachtung für Pressevertreter und konkurrierende
       Golfer verbergen konnte. Früher bewunderte ihn das Publikum, heute liebt es
       ihn. Auch weil Woods zugänglicher geworden ist, nahbarer und freundlicher.
       Er wirkt endlich glücklich, kann seinen Erfolg genießen und reißt sogar,
       früher undenkbar, Witze wie am Sonntag nach seinem dramatischen Erfolg: „Es
       war unheimlich spannend heute da draußen, jetzt weiß ich, warum mir die
       Haare ausgehen.“
       
       Der neue Woods, für den sich am Sonntag, wie er sagte, „ein Kreis schloss“,
       wurde nach der Runde von seinen Kollegen empfangen. Ehemalige
       Augusta-Sieger hatten ihre grünen Sakkos angezogen und standen ebenso
       Schlange wie die jüngere Konkurrenz, die den Ball längst weiter schlägt als
       Woods. Sie alle zollten nicht nur dem Mann Respekt, der dafür
       verantwortlich ist, dass sie sehr viel mehr Geld verdienen als früher,
       sondern vor allem auch einem Menschen, der sein Leben wieder in den Griff
       bekommen hat. Sie alle gratulierten einem Woods, der zwar kein besserer
       Golfer, aber ein besserer Mensch geworden ist.
       
       15 Apr 2019
       
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