# taz.de -- Blackout in Köpenick: Nicht bloß Kerzenschein-Romantik
       
       > Der Stromausfall in Köpenick wirft ernste Fragen auf. Ein
       > Wochenkommentar.
       
 (IMG) Bild: Nur streunendes Licht unterwegs, ansonsten blieb es zappenduster in Köpenick
       
       Wie HeldInnen wurden in den vergangenen Tagen in Berliner Medien die
       tapferen Köpenicker und Köpenickerinnen gefeiert, die mutig und unverzagt
       einen mehr als dreißigstündigen Stromausfall überstanden haben. Tatsächlich
       muss man sich fast darüber wundern, dass dieser – jedenfalls nach
       bisherigem Kenntnisstand – ohne größere Katastrophen und Dramen verlief.
       
       Denn es kann einem wirklich Angst machen, welche Folgen ein solcher
       Stromausfall mit sich bringt. Die [1][bei Bauarbeiten verursachte Havarie]
       ließ von Dienstagmittag bis Mittwochabend ja nicht nur Ampelanlagen und
       Straßenbeleuchtung ausfallen, Fahrstühle und automatische Türen stehen
       bleiben oder Kühltruhen warm und Heizungen kalt werden. Auch Internetrouter
       und damit ein großer Teil der Festnetztelefone funktionieren heutzutage
       nicht mehr ohne Strom, Handyakkus sind ohne nicht aufzuladen – und kaum
       jemand besitzt wohl noch batteriebetriebene Radios. Selbst das Köpenicker
       Krankenhaus musste seine Versorgung einschränken und etwa Operationen
       verschieben und PatientInnen der Intensivstation verlegen.
       
       Ein Held ist, wer sich in Kampf und Krieg durch Tapferkeit hervortut oder
       sich mutig einer schweren Aufgabe stellt, heißt es im Duden. Nun, die
       Köpenicker hatten keine Wahl – und manche sicher noch weniger als andere.
       Wer jung und mobil ist und/oder über ausreichend moderne Medienkompetenz
       verfügt, wird sich zu helfen gewusst haben und ist vielleicht einfach bei
       Freunden in anderen Bezirken untergeschlüpft. Wer aber etwa alt und
       bewegungseingeschränkt ans Haus gefesselt ist und vielleicht keine
       Powerbank für sein Handy hat, zudem mangels Strom von medialer Information
       über mögliche Hilfen im Notfall abgeschnitten war, hat vermutlich ziemlich
       Panik bekommen.
       
       Der Stromausfall – sosehr ihn manche Medien auch romantisieren mögen – hat
       ernste Probleme aufgezeigt. Was, wenn so ein Ausfall noch größere Gebiete
       beträfe? Wie wäre den Menschen zu helfen, die sich nicht selbst helfen
       können? Wie kann es sein, dass eine Firma baut, die offenbar nicht über den
       Verlauf von Stromkabeln informiert ist? Wieso liegen ein wichtiges Kabel
       und das Ersatzkabel für dieses so dicht beieinander, dass gleich beide bei
       einer Bohrung zerstört werden können? Wie kann es sein, dass nicht einmal
       Krankenhäuser über ausreichende Notstromversorgung verfügen?
       
       Digitalisierung ist das große Ding in der Politik, erstmals hat Berlin
       unter R2G sogar eigens einen Staatssekretärsposten für Informations- und
       Kommunikationstechnik geschaffen. Diese Woche hat gezeigt, dass bei aller
       Begeisterung über die Möglichkeiten der neuen Kommunikationstechnologien
       auch ihre Nachteile im Blick bleiben müssen.
       
       23 Feb 2019
       
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