# taz.de -- Labourchef erwägt zweites Referendum: Dem „No-Deal-Chaos“ entkommen
       
       > Jeremy Corbyn schlägt erstmals eine Abstimmung über ein zweites
       > Brexit-Referendum vor – und weicht damit von seiner bisherigen Position
       > ab.
       
 (IMG) Bild: Jeremy Corbyn will, dass sich Großbritannien endlich aus der „Brexit-Sackgasse“ herausnavigiert
       
       London taz | Nachdem Theresa May am Montag [1][nicht viel Neues] offenbart
       hat, versuchen britische Abgeordnete, auf anderem Weg einen ungeregelten
       Austritt Großbritanniens aus der EU zu verhindern. So überraschte die
       oppositionelle Labour-Partei am Montagabend mit einer Forderung nach einem
       [2][zweiten Referendum].
       
       Verpackt in einem Änderungsantrag für die Abstimmung über einen neuen Deal
       am nächsten Dienstag, forderte Parteichef Jeremy Corbyn, dass Abgeordnete
       aus anderen Optionen wählen sollten. Darunter ist auch ein zweites
       Referendum über die Abspaltung von der EU, um „aus der Brexit-Sackgasse und
       dem No-Deal-Chaos zu entkommen“.
       
       Es war das erste Mal, dass Corbyn diese Möglichkeit öffentlich erwogen hat.
       Seine bisherige Position war, dass das erste Referendum zu respektieren
       sei. So stand es auch 2017 im Wahlprogramm von Labour.
       
       Doch innerhalb der Partei erhöhte sich der Druck jener, die für ein zweites
       Referendum stark machten. Je nach Quelle sollen 71 bis 88 der
       Labour-Abgeordneten dies unterstützen. Selbst Keir Starmer, der
       Brexit-Schattenminister der Partei, soll eine solche abermalige Abstimmung
       befürworten.
       
       ## Kampagne „People's Vote“ hocherfreut
       
       Doch die breite Mehrheit ist das nicht. Die Schatten-Wohnungsministerin
       Melanie Onn aus der Brexit-Hochburg Great Grimsby in Lincolnshire etwa, die
       zu verstehen gab, dass sie nie für ein zweites Referendum stimmen würde.
       
       Dennoch wurde der Schritt Corbyns von der Kampagne „People’s Vote“ begrüßt,
       die für ein solches weiteres Votum eintritt. Der Labour-Abgeordnete David
       Lammy, einer der Hauptlobbyisten für ein zweites Referendum, bezeichnete
       Labours Änderungsantrag als einen großen Schritt vorwärts. Lammy gehört
       auch einer kleinen zwischenparteilichen Gruppe aus Liberaldemokraten, der
       Grünen Caroline Lucas und der Labourabgeordneten Bridget Phillipson an, die
       Corbyns Führungsstil offen kritisiert.
       
       Ist ein zweites Referendum das eine, ist die Frage des No-Deal-Brexit eine
       andere. Hier könnte es nämlich eine Mehrheit im Parlament geben, die sich
       dagegen stemmt. War es zuvor Corbyn, der als Voraussetzung für Gespräche
       mit May forderte, dass diese einen solchen ungeregelten Austritt vom Tisch
       nehme, stellen sich nun bis zu 40 konservative Abgeordnete gegen die
       Möglichkeit eines No-Deals.
       
       ## Neuwahlen bislang Labours Lieblingsoption
       
       Es könnte sogar zu Rücktritten aus dem Kabinett kommen: Eine Warnung kam
       diesbezüglich von Rentenministerin Amber Rudd, die May nahestehen soll.
       Rudd forderte deswegen eine fraktionsungebundene Wahl über den Ausschluss.
       Es ist nicht klar, ob Rudd selbst zurücktreten würde. Aber Kulturministerin
       Margot James, Verteidigungsminister Tobias Ellwood und möglicherweise auch
       Justizminister David Gauke gaben zu verstehen, dass sie diesen Schritt
       eingehen könnten. In Mays Kabinett und Ministerien gab es seit 2017
       insgesamt 32 Rücktritte, die meisten aufgrund des Brexits. Ob die
       politische Überlebenskünstlerin May weitere Abgänge aushalten kann, ist
       fraglich.
       
       Nach einem Bericht des Daily Telegraph hat der Geschäftsführer der Tories,
       Mick Davies, Parteifunktionär*Innen schon mitgeteilt, sie sollten sich für
       eine mögliche vorgezogene Nationalwahl rüsten. Neuwahlen galten als die
       Lieblingsoption der Labour-Führung, doch ein Misstrauensvotum gegen May
       misslang letzte Woche. Sollte die Premierministerin keine Übereinstimmung
       für ihren neuen Plan erhalten, könnten die Tories von sich aus Neuwahlen
       ausrufen.
       
       Unter den Änderungsanträgen gibt es einige, die direkt vor einem
       ungeordneten Brexit schützen sollen. Ein Antrag der Labour-Frau Yvette
       Cooper etwa beabsichtigt den Artikel 50, nach dem die Mitgliedschaft der EU
       nach dem 29. März endet, solange herauszuschieben, bis es zu einer Einigung
       unter den Abgeordneten kommt.
       
       22 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Daniel Zylbersztajn
       
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