# taz.de -- heute in hamburg: „Wir schaffen andere Sichtweisen“
       
       Interview Frieda Ahrens
       
       taz: Herr Zurawski, sollte man nicht eigentlich mal damit aufhören,
       Journalisten Preise zu verleihen? 
       
       Nils Zurawski: Ehrlich gesagt habe ich mir schon Gedanken gemacht, ob wir
       die Verleihung des Surveillance-Studies-Preises dieses Jahr aussetzen
       sollen, nach der Geschichte mit dem Ex-Spiegel-Redakteur Claas Relotius.
       
       Der für seine zum Teil erfundenen Geschichten mehrfach ausgezeichnet wurde. 
       
       Es gibt ja ganze Seiten mit Journalisten-Preisen im Internet. So viele
       Preise gibt es. Braucht man das wirklich? Die Frage ist berechtigt, ich
       habe da keine klare Antwort drauf.
       
       Also hat die Preisverleihung in diesem Jahr schon einen bitteren
       Nebengeschmack? 
       
       Ja, natürlich. Ich denke schon: Boah, jetzt bist du auch einer, der was
       vergibt. Und Journalisten, die wir auszeichnen, haben oft schon Preise
       gewonnen. Da stellt sich die Frage: Haben wir besonders gute Journalisten
       oder kriegt sowieso jeder halbwegs anständige Journalist im Laufe seines
       Lebens so einen Preis?
       
       Hat sich das Verhalten der Jury oder die Recherche geändert? 
       
       Nein, aber die Artikel, die wir zugeschickt kriegen, haben fast nie einen
       Story-Charakter, sind oft sehr technisch. Die unterscheiden sich also stark
       von Artikeln von beispielsweise Relotius. Sehr erzählerischen Beiträgen
       steht die Jury ohnehin skeptisch gegenüber. Dieses Jahr war auch der Film
       The Cleaners in der Diskussion, ein Film über Facebook, aber den wollte
       keiner so richtig anfassen.
       
       Warum gibt es den Surveillance-Studies-Preis? 
       
       Ich habe mich zum einen geärgert, dass die Themen Überwachung und
       Kontrolle, obwohl sie alle betreffen, immer nur sehr klein diskutiert
       werden. Da bedarf es einer größeren Öffentlichkeit. Das Zweite ist, dass
       das populäre Schreiben darüber – also nicht nur in einem wissenschaftlichen
       Kontext, in dem wir immer veröffentlichen – noch wichtiger ist. So werden
       andere Sichtweisen auf das Thema geworfen. Und es wird eine Vernetzung
       geschaffen zwischen Wissenschaftlern und Journalisten.
       
       Warum haben Sie sich dieses Jahr für den Fokus auf die Polizei entschieden? 
       
       Weil es an der Zeit war. Das Thema predictive policing, also vorhersagende
       Polizeiarbeit, ist gewissermaßen der letzte hot shit.
       
       Wer hat gewonnen? 
       
       Timo Grossenbacher hat einen Text für die Onlineseite des Schweizer
       Fernsehens geschrieben: „Predictive Policing – Polizei-Software verdächtigt
       zwei von drei Personen falsch“. Der hat gewonnen.
       
       28 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frieda Ahrens
       
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