# taz.de -- Kolumne Mithulogie: Deutschland wird Entwicklungsland
       
       > Seit 2005 hat sich die Zahl der Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche
       > anbieten, fast halbiert. Sollen wir wieder zum Kleiderbügel greifen?
       
 (IMG) Bild: Weil eine Papaya einer Gebärmutter ähnelt, üben Medizinstudenten Abtreibungen an der Frucht
       
       Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, keine Kolumne mehr über
       Schwangerschaftsabbrüche zu schreiben wegen der entsetzten Reaktionen
       [1][beim letzten Mal]. Doch wegen der entsetzten Reaktionen ist es
       anscheinend notwendig.
       
       Unter den Mails, die mich als „Mörderin“ und „Serienmörderin“ beschimpften,
       verirrte sich auch die einer Freundin, die mich warnte: „Schreib so was
       nicht, sonst fragen sich die Leute, warum eine so intelligente Frau wie du
       nicht besser verhüten konnte.“ GENAU DESHALB HABE ICH DAS JA GESCHRIEBEN!
       Ungewollt schwanger zu werden hat nichts damit zu tun, zu blöd zum Verhüten
       zu sein. Trotzdem ist das das Erste, was sich Menschen selbst vorwerfen.
       Weil wir nicht darüber reden. Deshalb können wir auch nicht darüber reden,
       wie eine gute Abtreibung aussehen kann. Oder schlicht, welche Ärzt*innen
       gut sind.
       
       Vor ein paar Tagen durfte ich bei einer Podiumsdiskussion neben
       [2][Kristina Hänel] sitzen, die im letzten Jahr nicht nur für mich zur
       Heldin geworden ist, und wünschte mir so sehr, noch einmal schwanger zu
       sein, um einen Abbruch bei ihr machen zu können. NATÜRLICH NICHT, aber
       doch, dass ich einen meiner Abbrüche bei ihr gemacht hätte. Denn SIE REDET
       MIT IHREN PATIENT*INNEN.
       
       Das haben meine Ärzt*innen nie getan. Und sie haben mich auch nie darüber
       informiert, welche unterschiedlichen Methoden es gibt – im Gegensatz zu
       Kristina Hänel, weshalb sie nach §219a – Werbung für
       Schwangerschaftsabbruch – angeklagt und unfassbarerweise verurteilt wurde.
       Darauf gingen viele von uns auf die Straße oder zumindest auf den
       Datenhighway, dass die Regierung versprach, sich das noch einmal zu
       überlegen mit dem §219a. Doch [3][wie das so ist mit Regierungsversprechen]
       …
       
       ## „Wir hätten auch gern Papayaworkshops“
       
       Auf dem Podium sagte ich: „Wenn das so weitergeht, hat sich das sowieso
       bald erübrigt, da immer weniger Ärzt*innen Abtreibungen anbieten, weil die
       im Medizinstudium schlicht nicht unterrichtet werden. Deshalb organisieren
       Medical Students for Choice selbst Workshops, um Abtreibungen zu lernen –
       an Papayas! Das ist das Nächste zu einer Gebärmutter, das sie haben. Und
       wenn sie die Instrumente zu weit einführen, kommen die hinten wieder raus,
       wie bei einer Gebärmutter.“ Eine Medizinstudentin meldete sich und sagte:
       „Wir hätten auch gerne solche Papayaworkshops.“
       
       Ist es so weit gekommen, dass wir schon glücklich sind, wenn sich junge
       Menschen mit Früchten selbst beibringen Abbrüche vorzunehmen?
       Offensichtlich ja. Deshalb ist das Symbol der bundesweiten Aktion
       #wegmit219a der Kleiderbügel, an dem meine Urgroßmutter noch gestorben ist.
       Damals gab es nämlich nicht weniger Abtreibungen, sondern nur mehr Tote.
       
       Am [4][26. 01. ist es soweit]! Seid dabei! Nicht dass wir irgendwann nach
       Irland fahren müssen, wenn wir eine Abtreibung brauchen.
       
       14 Jan 2019
       
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