# taz.de -- Ergebnis der Regionalwahlen in Indien: Schlappe für die Hindunationalisten
       
       > Die Congress-Partei war fast schon totgesagt. Nun gewinnt sie
       > überraschend gegenüber der zuletzt dominierenden hindunationalistischen
       > BJP.
       
 (IMG) Bild: Anhänger der Congress-Partei jubeln über ihren Sieg und die Niederlage der Hindunationalisten
       
       Berlin taz | Die bei Twitter kursierenden Fotos der Hauptquartiere der
       beiden wichtigsten indischen Parteien in Jaipur, Hauptstadt des
       westindischen Staates Rajasthan, sprechen Bände: Nach Verkündung der
       Wahlergebnisse am späten Dienstag herrscht bei der hindunationalistischen
       Volkspartei (BJP) von Indiens Premierminister Narendra Modi gähnende Leere.
       Bei der Congress-Partei hingegen tanzen Anhänger und Mitglieder vor dem
       Hauptquartier ausgelassen auf der Straße.
       
       Kein Wunder: Der Ausgang der Regionalwahlen in Rajasthan, Chhattisgarh,
       Madhya Pradesh, Telangana und Mizzoram hat überrascht. In den ersten drei
       Staaten gewann die Congress-Partei die Mehrheit oder wurde stärktste
       Partei. Sie wird dort jeweils die künftige Regierung stellen. In Mizzoram,
       wo der Congress bisher regierte, verlor Indiens älteste Partei zwar die
       Macht. Aber nicht an die BJP, sondern an eine Regionalpartei. Eine andere
       Regionalpartei war auch in Telangana siegreich, Indiens jüngstem Staat.
       
       Die Wahlen, die seit Mitte November wie in Indien üblich gestaffelt
       stattgefunden hatten und deren Ergebnisse dann erst Dienstagabend auf
       einmal präsentiert wurden, sind die letzten vor den spätestens im April
       anzusetzenden Parlamentswahlen. Die jetzigen Wahlen werden deshalb auch als
       „Halbfinale“ bezeichnet, während die kommenden Parlamentswahlen vor allem
       als Abstimmung über Premierminsiter Modi gelten.
       
       Seit er 2014 mit seiner BJP die Parlamentsmehrheit gewonnen hatte, konnten
       seine Hindunationalisten bei Regionalwahlen stets zulegen. Die
       Congress-Partei fiel hingegen in der Gunst der Wählerinnen und Wähler
       weiter zurück. Congress galt als korrupt und verbraucht, während Modi mit
       hindunationalistischer Identitätspolitik und Versprechen wirtschaftlicher
       Größe Mehrheiten überzeugen konnte.
       
       ## Modi nahm den Mund zu voll
       
       Der Rechtspopulist Modi hatte sogar einst großspurig angekündigt, Indien
       „Congress-frei“ zu machen. Doch jetzt ist er plötzlich selbst nicht mehr
       als unbesiegbar. „Wir akzeptieren das Mandat des Volkes mit Demut,“
       twitterte er.
       
       Für die Niederlage der Hindunationalisten ausgerechnet im hindisprachigen
       sogenannten Kuhgürtel, also ihrem hindustistischen Kernland, führen
       indische Analysten zwei Hauptgründe an: Zum einen gibt es in Indien den
       Trend, Amtshinhaber enttäuscht abzuwählen, nachdem man zuvor ihren
       vollmundigen Versprechen auf den Leim gegangen war.
       
       Dazu zählen insbesondere Modis Wachstumsversprechen. Eine Million
       Arbeitsplätze pro Monat wollte er landesweit neu schafften. Zwar zählt
       Indien heute zu den Boomländern in Asien. Aber das Wirtschaftswachstum hat
       für die ärmeren Schichten gefühlt vor allem zu steigenden Preisend und
       nicht zu höheren Reallöhnen geführt.
       
       ## Enttäuschte Bauern
       
       Zweitens haben die Hindunationalisten unter der bäuerlichen
       Landbevölkerung, die weiterhin die Mehrheit der Bevölkerung stellt, die
       existenziellen Ängste verstärkt. In den letzten Jahren, zuletzt vor zwei
       Wochen, hat es immer wieder Großdemonstrationen unzufriedener Bauern
       gegeben. Sie stören sich an zu geringen Erzeugerpreisen, Zinswucher und zu
       hohen Kosten für Dünger, Pestiziden und Energie. Bauernselbstmorde sind in
       manchen Regionen seit Jahren ein verbreitetes Phänomen.
       
       Bei den Wahlen im Frühjahr darf Modi allerdings längst noch nicht
       abgeschrieben werden. Hier entscheidet vor allem die Bündnis- und
       Koalitionspolitik mit den zahlreichen Klein und Regionalparteien über Sieg
       und Niederlage der beiden großen Kontrahenten
       
       Beobachter fürchten allerdings, dass die BJP jetzt erst recht die
       Hindu-Karte spielen und so durch das Anheizen religiöser Spannungen ihr
       hinduistisches Klientel mobilisieren könnte. Doch gibt es auch Anzeichen,
       dass dies bereits in letzter Zeit nach hinten losging. Mehrfach wurden seit
       2014 Muslime oder Angehörige niederer Kasten von hinduistischen Mobs
       gelyncht, weil sie angeblich „heilige“ Kühe getötet hatten. BJP-geführte
       Regierungsstellen zeigten dabei kaum Ehrgeiz, diese Lynchmorde aufzuklären.
       
       12 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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