# taz.de -- Trainerwechsel bei Bayer Leverkusen: Herrlich weg, der Umbau geht weiter
       
       > Leverkusens Trainer Heiko Herrlich muss gehen. Das ist Teil einer
       > grundlegenden Umstrukturierung, der sogar Rudi Völler zum Opfer fallen
       > könnte.
       
 (IMG) Bild: Heiko Herrlich muss den Platz räumen
       
       Leverkusen taz | Es war kein schöner letzter Arbeitstag, den die
       Verantwortlichen von Bayer Leverkusen ihrem Trainer Heiko Herrlich am
       Samstag zumuteten. Sie ließen den 47-jährigen Fußballlehrer ganz allein mit
       der Frage, die wohl längst geklärt war, auf die Herrlich selbst aber keine
       Antwort geben konnte. Die Frage nach seiner Zukunft. „Ich habe das nicht zu
       entscheiden“, sagte Herrlich tapfer, während Geschäftsführer Fernando
       Carro, Sportvorstand Rudi Völler und Sportdirektor Simon Rolfes nach dem
       3:1-Sieg des Werksklubs über Hertha BSC Berlin konsequent schwiegen.
       
       Am Sonntag verschickten sie dann eine Nachricht, in der die Trennung von
       Herrlich bestätigt wurde, Nachfolger wird Peter Bosz, der in der vorigen
       Saison krachend bei Borussia Dortmund gescheitert war. „Unter der
       sportlichen Leitung von Peter Bosz wollen wir versuchen, unseren
       ambitionierten Ansprüchen so schnell wie möglich wieder gerecht zu werden“,
       teilte Carro mit.
       
       Zweifler werden nun anmerken, das Peter Bosz im Vorjahr eher den Eindruck
       hinterlassen hatte, mit der Arbeit bei einem Spitzenklub der Bundesliga
       überfordert zu sein, aber bei genauer Betrachtung ist eine fundierte
       Bewertung der Monate bei Borussia Dortmund kaum möglich. Zu zerrüttet war
       die Mannschaft nach dem Streik von Ousmane Dembélé, zu unausgewogen war der
       Kader besetzt, zu traumatisiert waren viele Spieler nach dem
       Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus.
       
       In Leverkusen sind die Verantwortlichen zu der Überzeugung gelangt, dass
       Bosz genau ins Anforderungsprofil passt, weil er „für offensiven,
       temporeichen und begeisternden Fußball“ stehe, erläuterte Simon Rolfes.
       Zudem habe Bosz „auf seinen Trainerstationen immer eine besondere Passion
       bei der Arbeit mit jungen Spielern gezeigt“.
       
       Nachdem in Leverkusen monatelang über einen Trainerwechsel spekuliert
       wurde, war der Schritt zwar irgendwie überfällig, der Zeitpunkt ist aber
       kurios. Schließlich hatte Herrlich nach dem verdienten Sieg gegen die
       Berliner, der – im Gegensatz zum 2:1-Erfolg auf Schalke unter der Woche –
       auf einer ordentlichen Leistung beruhte, exakt die Vorgabe Völlers erfüllt,
       der „acht bis neun Punkte“ aus den vier Bundesligaduellen vor Weihnachten
       gefordert hatte. Neun sind es nun geworden, der Anschluss an das obere
       Tabellendrittel ist nach dem schwachen Saisonstart geglückt.
       
       „Wir haben drei Punkte weniger als in der Vorsaison, überwintern im
       DFB-Pokal und sind in der Europa League Erster geworden“, sagte Herrlich.
       Für einen Moment klang er kämpferisch. Doch Herrlichs jüngste Bilanz mit 13
       Punkten aus fünf Spielen konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
       Mannschaft im Kalenderjahr 2018 eigentlich nie ihr großes Talent, ihre
       enormen Potenziale zur Entfaltung brachte. Der Klub befinde sich „nach der
       insgesamt nicht befriedigenden Halbserie in einer Situation, die einen
       Trainerwechsel aus unserer Sicht notwendig macht“, erklärte Völler am
       Sonntag. Hinzu kommt, dass im Frühjahr unter der Anleitung Herrlichs trotz
       bester Ausgangslage die Champions-League-Teilnahme verspielt wurde.
       
       ## Was wird aus Rudi Völler?
       
       Der Trainerwechsel ist demnach gut nachvollziehbar und Teil eines
       grundlegenden Umbruchs, den Bayer Leverkusen unter der Führung von
       Fernando Carro mit bemerkenswerter Konsequenz durchführt. Im Frühjahr
       wechselte der Wirtschaftsingenieur, der zuvor 24 Jahre lang beim
       Bertelsmann-Konzern in Gütersloh gearbeitet hatte, an die Spitze der
       Geschäftsführung des rheinischen Bundesligavereins, seither ist alles in
       Bewegung. Sportdirektor Jonas Boldt wird den Verein dem Vernehmen nach auch
       aufgrund von Differenzen mit Carro verlassen, Rolfes hat den Posten
       übernommen. Ab dem 1. März 2019 werden mit Holger Tromp (Kommunikation) und
       Bernd Schröder (Marketing und Vertrieb) zudem zwei neue Direktoren in
       Leverkusen anfangen und die Aufgaben übernehmen, die bislang ins Ressort
       von Jochen A. Rotthaus fielen.
       
       Die Süddeutsche Zeitung berichtete am Wochenende, dass sogar Rudi Völler,
       das Gesicht des Vereins, mit dem Gedanken spiele, sich eventuell schon in
       der Winterpause, spätestens aber im kommenden Sommer zurückzuziehen. Völler
       fühle sich hier nicht mehr heimisch, nachdem immer mehr Vertraute
       verschwinden würden, hieß es in der Veröffentlichung, die sich auf Quellen
       im nahen Umfeld der Klublegende beruft. Womöglich wird es also bald noch
       einen weiteren Abschied geben, der viel folgenschwerer sein könnte als
       dieser zweite Trainerwechsel der laufenden Bundesligasaison.
       
       23 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Theweleit
       
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