# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Zombie als Premierminister
       
       > Wer als Prototyp eines Engländers an die Macht will, braucht sich nicht
       > wundern, wenn ein Comicverlag Plagiatsvorwürfe gegen ihn erhebt.
       
 (IMG) Bild: Was ist weiß und fliegt? Die Biene Majo
       
       Er könnte der nächste britische Premierminister sein – wenn Theresa May
       morgen abstimmen lässt, mit ihrem Brexit-Plan im Unterhaus scheitert und
       zurücktritt. Jacob Rees-Mogg ist der Prototyp eines Engländers: mit dem
       Lineal gezogener Seitenscheitel, altmodische Kleidung, steife Oberlippe.
       Und er spricht, als ob er Murmeln im Mund habe.
       
       Rees-Mogg ist als Tory-Abgeordneter für Somerset der Rechtsaußen der
       Partei. Er ist gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, auch bei Vergewaltigung
       und Inzest ist er gegen Abtreibung, und Ausländer mag er ebenfalls nicht
       besonders. Der Independent bezeichnete ihn als „höflichen Strolch“. Er sei
       vorübergehend aus dem 18. Jahrhundert ins Jetzt versetzt worden. Und er
       lebe in der „wahnsinnigen Fantasieblase einer imperialen Renaissance nach
       dem Brexit“.
       
       Sein Erscheinungsbild und sein Auftreten haben Rees-Mogg eine
       Unterlassungsaufforderung eingebracht. Die Herausgeber des Comichefts Beano
       erheben Plagiatsvorwürfe gegen ihn: Er ahme die Figur „Walter the Softy“
       nach, und auf die habe man Copyright. Tatsächlich sehen sich beide
       verblüffend ähnlich: derselbe Scheitel, dieselbe gepunktete Krawatte,
       dieselbe randlose runde Brille. Und auch charakterlich unterscheiden sie
       sich kaum. Beide sind gesetzestreu, lieben klassische Musik, verurteilen
       Andersdenkende und prahlen gern mit erfolgreichen Vätern.
       
       Beano ist das älteste britische Comic-Heft. Die erste Ausgabe erschien
       1938. Davon gibt es nur noch zwölf Stück, eins davon erzielte bei einer
       Auktion 12.100 Pfund. 1950 hatte das Heft eine Auflage von fast zwei
       Millionen Exemplaren, heute sind es 31.000. Die berühmteste Beano-Figur ist
       Dennis, die Nervensäge, der Gegenspieler von Walter the Softy.
       
       Anfangs herrschte in den Comic-Streifen ein derber Humor. Verlogenheit,
       Rowdytum, selbst Diebstahl waren gang und gäbe. Meist wurden die Sünder
       aber bestraft, Dennis wurde von seinem Vater stets mit einem Pantoffel –
       englisch „slipper“ – verdroschen. Das ist heutzutage verpönt, der „slipper“
       taucht nur noch als Name des Polizeichefs auf – eine Anspielung auf Jack
       Slipper von Scotland Yard, der bis zu seiner Pensionierung den
       Postzugräuber Ronald Biggs gejagt hat.
       
       In letzter Zeit wurden sich Walter the Softy und Jacob Rees-Mogg noch
       ähnlicher. Walter tut gern das, was Erwachsene ihm auftragen, er entwickelt
       sich immer mehr zur Spaßbremse. Und Rees-Mogg will jedweden Spaß verbieten,
       sobald er Premierminister ist.
       
       2013 tauchte Walter einmal als Figur der Zukunft auf. Er hatte inzwischen
       den Verstand verloren und strebte nach der Weltherrschaft. Zu diesem Zweck
       hatte er einen mysteriösen Nebel erfunden, der alle Bewohner von Beanotown
       in willenlose Zombies verwandelt. Sollte einem das in Anbetracht des Brexit
       nicht zu denken geben?
       
       10 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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