# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Mit der Copa stirbt nicht nur die Copa
       
       > Das Finale von Südamerikas Vereinsfußball findet in Madrid statt. Das
       > ist, als ob in Europa kein Champions-League-Finale stattfinden dürfte.
       
 (IMG) Bild: Müssten zum Endspiel jetzt nach Madrid: argentinische Boca-Junior-Fans
       
       Nein, die Kanzlerin war gar nicht auf dem Flug zur Copa Libertadores. Aber
       die [1][Probleme von Angela Merkel, Buenos Aires zu erreichen], haben
       auch etwas mit dem Finale im südafrikanischen Vereinsfußball zu tun. Oder
       mit dem Zustand der Welt, was ja so ziemlich das Gleiche ist.
       
       Die Kanzlerin ist nämlich nur unter Schwierigkeiten in Argentiniens
       Hauptstadt beim G20-Gipfel angelangt, und das südamerikanische Pendant zur
       Champions League kann nicht in Buenos Aires stattfinden, obwohl
       [2][erstmals mit Boca Juniors und River Plate die zwei großen Teams der
       Stadt gegeneinander antreten].
       
       [3][Die Copa] findet nun in Madrid statt, in einer Woche, am 9. Dezember,
       so ist jetzt beschlossen worden. Um zu ermessen, was das politisch
       bedeutet, wäre sogar ein Vergleich mit dem missglückten Flug der Kanzlerin
       zu kurz gegriffen.
       
       Eine passende Analogie wäre vielmehr, wenn in ganz Europa kein
       Champions-League- oder Europameisterschafts-Endspiel stattfinden dürfte.
       Als wäre es unverantwortlich, ein Spiel von Real oder Barca, von ManU oder
       Bayern woanders als in Rio de Janeiro, in Buenos Aires oder in New York
       abzuhalten.
       
       München, Mailand, Manchester – Hauptsache, Amerika? Die Realität ist
       umgekehrt: Argentinien, Brasilien, Chile – Hauptsache, Madrid! Nicht nur
       der südamerikanische Fußballverband, auch alle beteiligten Klubs,
       Polizeichefs, Innenministerien bis hin zu den Staatspräsidenten erklären,
       dass sie es im Grunde nur Madrid zutrauen, binnen wenigen Tagen das
       Rückspiel nach dem 2:2 im ersten Durchgang organisieren zu können. Ein
       erster Versuch einer zweiten Partie in der argentinischen Hauptstadt, am
       24. November, war misslungen, weil der Mannschaftsbus von Boca Juniors auf
       der Fahrt ins Stadion von River-Plate-Fans angegriffen worden war.
       
       ## Extrem ärgerliche Probleme
       
       Die organisatorischen Probleme, die sich nun stellen, muten angesichts der
       sporthistorischen Dimension sehr klein an: Kann man in so wenigen Tagen ein
       solches Hochsicherheitsspiel wirklich auf die Beine stellen? Bleiben die
       für Buenos Aires verkauften Tickets auch in Madrid gültig? Doch nicht nur
       für betroffene Fans sind das extrem ärgerliche Probleme. Sie machen zudem
       deutlich, wie sehr die globalen Probleme wirklich jeden Winkel dieser Welt
       erreichen.
       
       Jeder Versuch, das als Nebensächlichkeit, die ja „nur“ den Fußball
       betreffe, kleinzureden, muss scheitern. Der Antrag von Boca Juniors, zum
       Sieger erklärt zu werden, weil es ja nicht die Schuld des Vereins sei, dass
       das ursprünglich terminierte Rückspiel nicht stattfand, greift zu kurz.
       Aber auch die pathetische Anwallung von River-Plate-Präsident Rodolfo
       D’Onofrio, eine Niederlage bereite zwar große Trauer, „aber das ist nicht
       das Ende der Welt“, trifft die Bedeutung nicht. D’Onofrio hatte noch
       ausgeführt: „Es gibt wichtigere Dinge, wie die 30 Prozent Argentinier, die
       in Armut leben.“
       
       Das klingt beim ersten Hören überzeugend und ist doch nur tumber
       Populismus. Wie sehr die Welt aus den Fugen gerät, erkennt man gerade
       daran, dass ein ganzer Kontinent nicht mehr in der Lage zu sein scheint,
       die Copa Libertadores auszurichten. Wie diese globalisierte Ordnung den
       Alltag verändert, zeigt sich auch darin , dass eine Stadionkarte in Buenos
       Aires plötzlich in Madrid eingelöst werden muss.
       
       Es ist eben nicht „nur Fußball“, was sich rund um die Copa abspielt. Und
       wie wenig eine Erklärung, die auf südamerikanische Besonderheiten abhebt,
       taugt, lehrt einen der Blick nach Dortmund, wo auch der Mannschaftsbus auf
       dem Weg zum Champions-League-Spiel angegriffen wurde. Oder auf das Flugzeug
       der Kanzlerin. Wer den Fußball rettet, rettet auch die Welt.
       
       30 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Angela-Merkel-verpasst-G20-Auftakt/!5554897
 (DIR) [2] /Finale-der-Copa-Libertadores/!5546728
 (DIR) [3] /Copa-Libertadores/!5552539
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fußball
 (DIR) Argentinien
 (DIR) Lateinamerika
 (DIR) Fußball
 (DIR) Argentinien
 (DIR) G20-Gipfel
 (DIR) Fußball
 (DIR) Mauricio Macri
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kolumne Pressschlag: Weg mit den Mittwochsspielen
       
       Champions-League-Spiele ab dem Jahr 2024 auch am Wochenende? Es wäre ein
       logischer Schritt in die neue Unübersichtlichkeit.
       
 (DIR) Finale der Copa Libertadores: Das Ende eines Albtraums
       
       River Plate gewinnt gegen Fußball-Erzfeind Boca Juniors die Copa
       Libertadores im spanischen Exil. In Argentinien sorgt ein großes
       Polizeiaufgebot für Ruhe.
       
 (DIR) G20-Treffen in Buenos Aires: Das ist der Gipfel
       
       Argentiniens Hauptstadt ist im Ausnahmezustand. Nach den
       Fußball-Ausschreitungen wird beim G20-Gipfel Härte der Polizei gegen
       Proteste erwartet.
       
 (DIR) Copa Libertadores: Ein Klub für alle Farben
       
       In der argentinischen Stadt Bell Ville gibt es einen Fußballklub, der die
       Tradition sowohl von River Plate als auch von Boca Juniors hochhält.
       
 (DIR) Finale der „Copa Libertadores“: Üben beim G2-Gipfel
       
       Verschobene Hochzeiten, abgesagte Veranstaltungen: Die argentinischen
       Fußball-Rivalen Boca Juniors und River Plate treffen aufeinander.