# taz.de -- Mögliche Koalition nach Hessen-Wahl: Grüne und FDP umfahren die Ampel
       
       > Rechnerisch wäre auch eine hessische Landesregierung unter Tarek Al-Wazir
       > möglich. Doch weder Grüne noch Liberale scheinen interessiert.
       
 (IMG) Bild: Der ungekrönte König der Beliebtheitsumfragen in Hessen: Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir
       
       Am Wahlabend schien die Sache in Hessen gegen Mitternacht gelaufen zu sein.
       Alle Prognosen deuteten auf eine knappe Mehrheit für Schwarz-Grün hin. Die
       Koalition, die Hessen fünf Jahre lang geräuschlos regiert hatte, [1][würde
       fortgesetzt].
       
       Doch gegen zwei Uhr nachts folgten mit dem vorläufigen amtlichen
       Endergebnis gleich mehrere Überraschungen: Im neuen Landtag verfügen CDU
       und Grüne zwar mit 69 Sitzen über eine knappe Mehrheit. Rechnerisch ist
       aber auch eine Mehrheitsbildung ohne CDU möglich. Eine Ampelkoalition aus
       Grünen, Sozialdemokraten und FDP könnte Bouffier in Pension schicken.
       
       Im Überraschungspaket war noch eine zweite kleine Sensation versteckt. Mit
       94 Stimmern Vorsprung [2][hatten die Grünen die SPD von Platz zwei in
       Hessen verdrängt]. In der rechnerisch möglichen Ampelkoalition würden die
       Grünen den Ministerpräsidenten stellen. Priska Hinz, formal Nummer eins auf
       der grünen Landesliste, nannte am Montag in Berlin auch ihren Kandidaten:
       den ungekrönten König der Beliebtheitsumfragen in Hessen,
       Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir.
       
       Die Wahlnachlese vor der Landespressekonferenz am Montag sagte Al-Wazir
       kurzfristig ab. So mussten die Landesvorsitzenden zur MP-Frage antworten.
       Die grünen Vorleute kündigten an, nicht nur mit dem Koalitionspartner CDU,
       sondern auch mit SPD und FDP Gespräche führen zu wollen. Sie priesen Stil
       und Bilanz der schwarz-grünen Regierungskoalition. Ein Grüner als
       Ministerpräsident, schön wär’s, aber die FDP habe ja schon abgewinkt.
       
       ## Probleme bei der Ampel
       
       Eine Vorwärtsstrategie war das nicht. FDP-Spitzenkandidat René Rock hatte
       sich vor der Wahl stets Option auf eine Ampelregierung offen gehalten,
       sogar gegen den öffentlichen Rat von Parteichef Christian Lindner. Er werde
       nur in eine „Reformregierung“ eintreten, hatte Rock der taz versichert,
       stehe als Mehrheitsbeschaffer für Schwarz-Grün nicht zur Verfügung. Das
       Spitzenduo der hessischen Grünen könnte die FDP mit der Frage belästigen,
       warum sie über eine Ampel unter sozialdemokratischer Führung verhandeln
       wollte, nicht aber unter grüner.
       
       „Das Problem bei dieser Ampel ist, dass Tarek Al-Wazir die Nase vorn hat“,
       gab Rock bisher zu Protokoll und fügte hinzu: „Das liegt nicht an seiner
       Person, sondern an den Themen, für die er steht.“ Dabei könnten die
       Liberalen sogar ihre wichtigste Forderung zum Personal durchsetzen. Ein
       grüner Wirtschaftsminister wäre in einem Jamaika-Bündnis für die FDP
       „schwer vorstellbar“, hatte Rock gesagt. Würde Al-Wazir Ministerpräsident,
       wäre sein Ressort für die FDP frei.
       
       Es sieht indes so aus, dass beide, FDP und Grüne, die Option auf eine von
       den Grünen geführte Ampel nicht wirklich ernst nehmen. Fragt man in
       Wiesbaden nach Terminen für die angekündigten Gespräche, gibt es vage
       Antworten. Der Sprecher der FDP sagte am Dienstag, also zwei Tage nach der
       Wahl, seine Partei wisse vom Gesprächsangebot der Grünen bislang lediglich
       aus den Medien.
       
       Bei den Grünen hieß es am Dienstag, der Landesvorstand müsse ein solches
       Gesprächsangebot erst einmal beraten. Allein CDU-Chef Bouffier wurde
       konkret. Für Donnerstag werde er die KollegInnen der anderen Parteien
       einladen, „in der Reihenfolge ihrer Stärke“, ließ er wissen. Das trifft
       sich gut für ihn. Schließlich hat sein derzeitiger Koalitionspartner auf
       der Zielgeraden die SPD überholt.
       
       Am Samstag tagt der Landesausschuss der Grünen, parallel findet ein
       Landesparteitag der hessischen FDP statt. Vielleicht führen die beiden
       möglichen Partner noch in dieser Woche ein Pro-forma-Gespräch. Für
       ernsthafte Gespräche wäre wohl mehr Zeit nötig.
       
       30 Oct 2018
       
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