# taz.de -- Demonstration am Hambacher Tagebau: „Wir haben kein schlechtes Gewissen“
       
       > Am Hambacher Tagebau protestieren am Mittwoch ArbeiterInnen aus Energie
       > und Industrie für ihre Jobs – und fordern Verständnis.
       
 (IMG) Bild: Ministerpräsident Laschet (CDU) war für seinen geplanten Auftritt zuvor kritisiert worden
       
       Bergheim/Elsdorf taz | Männer schlagen mit Stöcken auf leere
       Wasserkanister, Musik dröhnt. Angekündigt war, dass man laut sein wolle –
       und nun stehen die AnwohnerInnen morgens um halb neun an den Fenstern, um
       den Protestzug zu sehen. Zur Tagung der Kohlekommission im rheinischen
       Revier, die bis zum Jahresende Wege zum Ausstieg aus der Kohleverstromung
       ausarbeiten soll, demonstrieren mehr als 15.000 Beschäftigte aus
       Energiewirtschaft und Industrie für ihre Branche.
       
       Gewerkschaftsbanner wehen, auf einem Plakat wird Grünen-Politiker Anton
       Hofreiter „Lügenkönig“ genannt. Eine Bergmann-Puppe hängt an einem Kreuz,
       ein Schild erklärt, dies sei ein Opfer des Weltklimas. Auch
       ArbeitnehmerInnen aus Stahl-, Chemie-, Aluminium- und Glasindustrie sind
       gekommen, [1][aber die meisten der Protestierenden arbeiten für RWE].
       
       „Wir fürchten um unsere Arbeitsplätze, weil versucht wird, unsere Zukunft
       zu ruinieren“, sagt ein Demonstrant. „Wir wissen, dass wir langfristig
       runterfahren müssen. Aber das sollte man vernünftig machen, nicht mit
       radikalen Brüchen.“ Ein anderer arbeitet bei der RWE-Feuerwehr. „Wir
       sichern den ganzen Tag den Betrieb.“ Nun seien auch ihre Jobs gefährdet,
       genau wie die des Schlossers und des Elektrikers.
       
       Dass der Kohleausstieg kommen muss, daran zweifelt hier niemand. Das Ziel
       teilt man also mit den KlimaschützerInnen: Man könnte zusammenarbeiten, um
       es zu erreichen. Doch was den Zeitpunkt betrifft, geht man zu sehr
       auseinander.
       
       ## Laschet: DemonstrantInnen stehen für eine gute Sache
       
       Nach dem Marsch durch Bergheim steigen die DemonstrantInnen in Busse.
       Hunderte stehen bereit, um die Menschen zur Kundgebung nach Elsdorf zu
       bringen. Dort spricht unter anderem der Ministerpräsident von
       Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU). Dafür war er zuvor kritisiert
       worden. Hat er es doch auf den Veranstaltungen der Kohlegegner bisher nicht
       getan. In seiner Rede geht Laschet auf die Kritik ein: „Wenn Menschen in
       NRW um ihre Arbeitsplätze bangen, dann muss der Ministerpräsident bei ihnen
       sein, denn sie stehen für eine gute Sache.“
       
       Laschet zeichnet das Bild einer Zukunft, in der Industrie großflächig
       abwandert, weil Strom zu teuer würde. „Was hilft es, wenn Thyssen Krupp
       oder die Aluminiumhütte sagt, wir können hier nicht mehr produzieren, wir
       gehen ins Ausland?“ Dem Weltklima sei damit nicht gedient. Der Kommission
       für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, so der offizielle Name der
       Kohlekommission, müsse es deshalb in erster Linie um Energieversorgung
       gehen, in zweiter Linie um die Regionen und erst in dritter um einen
       Ausstieg aus der Kohleverstromung vor 2045, sagt Laschet.
       
       Viel Trennendes wird gesagt. Auch von dem IB-BCE-Vorsitzenden Michael
       Vassiliadis. „Hier stehen heute die anständigen Leute“, verkündet er,
       begleitet von Trillerpfeifen. Man dürfe sich jetzt nicht vom eigenen
       Standpunkt abbringen lassen. Einige seien ja schon verunsichert: „Durch
       viele Argumente und viele Bilder.“
       
       ## „Wir sind auch keine Zukunftsverweigerer“
       
       Vassiliadis hat aber auch versöhnliche Worte. Er habe nichts gegen junge
       Menschen, die den Wald lieben, sagt Vassiliadis. Was die Gesellschaft stark
       mache, sei eben die Fähigkeit, miteinander zu sprechen. Man sei ja auch
       nicht rücksichtslos. „Wir sind auch keine Zukunftsverweigerer.“ Nur gehe es
       eben um Respekt: Man wolle nicht behandelt werden, als produziere man
       Giftgas. „Wir haben kein schlechtes Gewissen, weil wir keins haben müssen.“
       
       Die RednerInnen und DemonstrantInnen hoffen nun auf Unterstützung von
       außen. Man habe viel geleistet in den letzten Jahrzehnten. In Staub und
       Nebel habe man in den Kohlerevieren gelebt, für die Gesellschaft, für alle.
       Jetzt müsse man sich darauf verlassen können, dass etwas zurückgegeben
       werde und die Menschen nicht im Regen stehen.
       
       Als die Kundgebung vorbei ist, sind die Reisebusse, mit denen man kam,
       zunächst unübersichtlich verteilt und dann weg. So laufen viele
       DemonstrantInnen schließlich die sechs Kilometer zurück. Im Regen.
       
       24 Oct 2018
       
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