# taz.de -- Paket-Auslieferung per Tram in Frankfurt: Bringt’s das?
       
       > In Frankfurt am Main werden Paketlieferungen mit der Straßenbahn
       > getestet, damit weniger Lkws fahren. Das klingt leider besser als es ist.
       
 (IMG) Bild: Nicht mehr als eine Insel-Lösung: Die Logistiktram beim Ersteinsatz in Frankfurt
       
       Die Idee hat was: Die Pakete kommen per Tram, nicht mit dem Lieferwagen in
       die Innenstadt. Die Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main testet den
       Einsatz einer „Logistiktram“. Sie soll dazu beitragen, dass weniger
       Paket-Transporter in der überfüllten Stadt herumfahren.
       
       Frankfurt ist eine Stadt mit hoher Diesel-Belastung, der Fahrverbote
       drohen. Auch deshalb haben KommunalpolitikerInnen einen Vorschlag aus ihrem
       „Ideenwettbewerb Klimaschutz“ vom vergangenen Jahr aufgegriffen. Der sieht
       vor, Straßenbahnen mit „Mikrodepots“ zu beladen, in denen viele Kisten mit
       Paketen stecken.
       
       Diese Depots werden an bestimmten Haltestellen ausgeladen. Mit einer
       speziellen Hydraulik können NutzerInnen die Kisten in den Fahrradanhänger
       eines Lasten-E-Bikes laden und die Pakete ausliefern. Die Straßenbahnen
       müssen nicht umgebaut werden, die Sache lässt sich mit wenig Aufwand
       realisieren. Zu den Projektpartnern der Stadt gehört der Paketdienst
       Hermes.
       
       Am vergangenen Montag fand die erste Probefahrt der Logistiktram vom
       Betriebshof im Gutleutviertel zur Messe statt. Im Herbst soll die
       Probephase beginnen. Der Abteilungsleiter Stadtentwicklung der Stadt
       Frankfurt, Ansgar Roese, freut sich auf eine „nahezu emissionsfreie
       Citylogistik“.
       
       Ganz taufrisch ist die Idee nicht, den Nahverkehr zum Pakettransporteur zu
       machen. In Moskau dient die legendäre U-Bahn auch dem Transport von
       Paketen. Die französische Stadt Saint-Étienne nutzt – ausrangierte –
       Straßenbahnwagen, um Lieferungen an Firmen und Privatleute von außerhalb
       gelegenen Lagerhallen in die Innenstadt zu transportieren. Utrecht in den
       Niederlanden hat Paketboote, die auf den Kanälen der Stadt fahren.
       
       ## Insel-Lösung
       
       Tatsächlich wird es auch in Deutschland höchste Zeit, Lösungen für die
       verstopften Innenstädte zu finden. Der Onlinehandel boomt, mehr als drei
       Milliarden Pakete werden in Deutschland im Jahr verschickt, Tendenz rasch
       steigend. Die allermeisten werden mit dem Lieferwagen zu KundInnen
       gebracht, selten mit E-Lastern. Die Lieferwagen verstopfen Straßen,
       verpesten die Luft und sind für FußgängerInnen und FahrradfahrerInnen eine
       ständige Angst- und Gefahrenquelle.
       
       Waren von der Straße auf die Schiene zu bringen, ist richtig. Das gilt aber
       vor allem für die Transporte, die sonst über Autobahnen und Landstraßen
       gehen. Nicht für Pakete. Der öffentliche Nahverkehr ist in den allermeisten
       Städten ein Desaster. Er wird sicher nicht besser, wenn er Paketlieferungen
       übernimmt. In den Stoßzeiten sind Bahnen und Busse überfüllt, in den
       Randzeiten die Wartezeiten lang. Auch wenn die Logistiktram in der
       Pilotphase nur in verkehrsarmen Zeiten eingesetzt werden soll – sollte sie
       in den Normalbetrieb übergehen, wird sie öfter fahren, sonst macht das
       Projekt keinen Sinn. Bei der Bahn haben Güterzüge oft Vorfahrt vor
       Personenzügen, die auch deshalb erhebliche Verspätungen haben. Keine gute
       Vorstellung für den öffentlichen Nahverkehr. Auf dessen Schienen können
       nicht beliebig mehr Bahnen fahren.
       
       Das Wichtigste, um die Verkehrsprobleme der Städte anzugehen, ist aber
       gerade die Verbesserung des Nahverkehrs – denn nur wenn das geschieht,
       steigen AutofahrerInnen um auf Bus oder Bahn. Gleichzeitig wäre die
       Logistiktram nicht mehr als eine Insel-Lösung. Denn es ist
       unwahrscheinlich, dass die Kapazitäten für alle Anbieter reichen und alle
       mitmachen würden. Es würden also nur einige, aber nicht alle
       Paketlieferwagen eingespart.
       
       Gefragt ist eine grundsätzliche Lösung. Dafür zu sorgen, dass weniger oder
       am besten gar keine Lieferfahrzeuge in den Innenstädten unterwegs sind, ist
       überfällig. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, etwa drastische Parkverbote
       auf Straßen, eine Art Stadt-Maut für Lieferfahrzeuge oder die Pflicht für
       Paketdienste, außerhalb der Innenstädte auf speziellen Plätzen zu parken
       und die Waren mit dem Fahrrad zum Kunden zu bringen.
       
       Das könnten Kommunen schnell umsetzen. Aber es würde den wirtschaftlichen
       Interessen der Lieferdienste entgegenstehen. Deshalb gibt es leider keine
       politischen Mehrheiten für diese Entlastung der Innenstädte.
       
       19 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
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