# taz.de -- Protest für den Hambacher Wald: Der ganz persönliche Kohleausstieg
       
       > Die geplante Abholzung des Hambacher Walds kostet den Energiekonzern RWE
       > Kunden. Die wechseln im großen Stil zu Ökostrom-Anbietern.
       
 (IMG) Bild: So schön kann Ökostrom sein: Ein Windrad bei Sonnenuntergang
       
       Plötzlich schnellt die Nachfrage nach Ökostrom in die Höhe. Die
       [1][Auseinandersetzung um den Hambacher Wald] hat offenbar viele
       Stromkunden motiviert, sich einen neuen Anbieter zu suchen. „Viermal mehr
       Kunden als normalerweise üblich“ wechselten aktuell zu Greenpeace Energy,
       teilte der Ökostromer kürzlich mit. Besonders seit Beginn der Räumung der
       Baumhäuser sei die Nachfrage nach sauberem Strom spürbar angestiegen.
       
       Der Großteil der Neukunden sei zuvor bei den mit dem Essener Energiekonzern
       RWE verbundenen Versorgern Innogy, Eprimo und Rheinenergie sowie bei deren
       konventionellen Wettbewerbern Eon und Vattenfall unter Vertrag gewesen,
       analysierte die Hamburger Energiegenossenschaft.
       
       Der Zusammenhang mit dem umstrittenen Braunkohleabbau liegt damit auf der
       Hand. Die Kunden vollzögen mit dem Anbieterwechsel „ihren persönlichen
       Kohleausstieg“, sagt Nils Müller, Vorstand bei Greenpeace Energy. Also als
       Protest gegen den RWE-Konzern, der durch seine Pläne, im Hambacher Wald
       durch Abholzungen Fakten zu schaffen, [2][die in Berlin tagende
       Kohlekommission] unterminiere.
       
       Unterdessen beobachten auch die anderen Ökostrom-Anbieter steigende
       Neukundenzahlen. „Vor allem bei den Online-Verträgen ging es zuletzt
       deutlich nach oben“, sagt ein Sprecher von Naturstrom. Dass die Entwicklung
       den Vorgängen am umkämpften Tagebau Hambach geschuldet sei, zeige die
       Auswertung der Postleitzahlen: „Ein Drittel der Neukunden kommt aus einem
       Umkreis von 50 Kilometer um den Hambacher Forst.“
       
       ## Mehr als doppelt wo viele Ökostrom-Wechsler
       
       Auch bei den Elektrizitätswerken Schönau sind es vor allem Kunden von
       RWE-Gesellschaften, die sich neu anmelden. „Der Anteil der Neukunden von
       diesen Lieferanten liegt aktuell bei 13,5 Prozent, durchschnittlich liegt
       er sonst bei 5 Prozent“, sagt Geschäftsführer Sebastian Sladek. Die Wechsel
       finden vor allem über das Internet statt: „Als wesentliche Stimulatoren
       sehen wir die sogenannten Social Media, aber auch und zunehmend die
       Online-Berichterstattung der Presse.“
       
       So ergibt sich überall das gleiche Bild: „Wir haben hohe Zugriffszahlen
       online, da passiert gerade viel“, sagt ein Unternehmenssprecher von
       Lichtblick. Beim Münchener Ökoenergieversorger Polarstern sagt
       Geschäftsführer Florian Henle: „Die Anzahl der Ökostrom-Wechsler hat sich
       bei uns allein in der letzten Woche mehr als verdoppelt.“
       
       Von der „größten Wechselwelle zu Ökostrom seit Fukushima“ ist gar bei den
       Bürgerwerken die Rede, einem Zusammenschluss von mehr als 85
       Bürgerenergiegenossenschaften aus ganz Deutschland. Aktuell gingen fünfmal
       so viele Menschen wie sonst zu einem neuen Anbieter, heißt es am Firmensitz
       in Heidelberg. „Mit der geplanten Waldrodung sägt RWE buchstäblich am
       eigenen Ast“, sagt Bürgerwerke-Vorstand Kai Hock.
       
       Welche Macht aufgebrachte Kunden haben, hatte im Jahr 1995 der
       Energiekonzern Shell erleben müssen. Als er die ausgediente Ölplattform
       Brent Spar im Meer versenken wollte, brachen nach einer Greenpeace-Aktion
       die Umsätze an den Shell-Tankstellen so drastisch ein, dass der Konzern
       einlenkte. Nicht auszuschließen, dass nun der Hambacher Wald für RWE zur
       Brent-Spar-Erfahrung wird.
       
       1 Oct 2018
       
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