# taz.de -- Tennis: US Open: Im Zickzack nach oben
       
       > An Serena Williams orientiert sich Naomi Osaka seit Beginn ihrer
       > Tenniskarriere. Nun trifft sie am Samstag im Finale der US Open auf ihr
       > Vorbild.
       
 (IMG) Bild: Am Samstagabend kann sie die US-Open gewinnen: Naomi Osaka
       
       Der Mann vom Sportkanal ESPN gab sein Bestes. Ein US-Open-Endspiel braucht
       für den kommerziellen Kabelsender ja unbedingt auch dramatische Zuspitzung
       und starke Worte der Rivalinnen, und so fragte Tom Rinaldi am
       Donnerstagabend die junge Naomi Osaka noch auf dem Centre Court, welche
       „Botschaft“ sie denn an ihre Finalgegnerin Serena Williams habe.
       
       Osaka kicherte etwas verlegen, dann nuschelte sie unvermutet ins Mikrofon:
       „Ich liebe dich.“ Und nach einem Moment Pause gab es noch eine Portion
       Harmonie obendrauf, nun in Richtung der 24.000 Fans in der größten
       Tennisarena der Welt: „Ich liebe euch alle.“
       
       Naomi Osaka also gegen Serena Williams: Es ist nicht einfach nur ein
       klassisches elektrisierendes Generationenduell, in dem die Königinnenkrone
       bei den US Open 2018 ausgehandelt wird – zwischen der 20-jährigen Japanerin
       und der 37-jährigen US-Ikone.
       
       Es ist auch ein Zweikampf, in dem Tennismutter Serena gegen eine Spielerin
       anzutreten hat, deren Karriere lebenslang nach dem Williams-Familienduell
       modelliert wurde. Und die als Kind, als Juniorin und nun auch als junge
       Profispielerin nichts mehr wollte, als einmal gegen die unverwüstliche
       Amerikanerin in einem Grand-Slam-Finale auf den Platz schreiten zu können.
       „Es war immer der Traum, diesen Moment zu erleben: ein Finale wie dieses in
       New York, auf der einen Seite Serena, auf der anderen Seite ich selbst“,
       sagt Osaka.
       
       Selbst noch auf den letzten Metern des langen Marsches zu diesem Rendezvous
       waren die Gedanken der Hochtalentierten ganz auf Williams fixiert. Wie sie
       13 von 13 Breakchancen beim 6:2, 6:4-Sieg gegen Madison Keys (USA) im
       Halbfinale habe abwehren können, wurde Osaka gefragt – und die Antwort kam
       prompt, als sei die Sache eigentlich keiner Frage wert: „Ich wollte
       unbedingt gegen Serena spielen.“
       
       Allerdings, gab Osaka auch zu Protokoll, und das durfte dann doch noch als
       kleine Warnung und Kampfansage an das große Idol verstanden werden: „Ich
       träumte immer von diesem Endspielmatch. Aber ich träumte nie, dass ich
       verliere.“
       
       ## Umzug von Japan in die USA
       
       Osakas Vater Leonard Francois, ein Amerikaner mit haitianischen Wurzeln,
       hatte vor gut anderthalb Jahrzehnten auch einen großen Traum. Seine beiden
       Töchter Mari und Naomi sollten einmal Karriere machen im Sport, auf der
       Tennistour – ganz wie die Williams-Schwestern, die damals schon weltweit in
       die Schlagzeilen gerückt waren.
       
       Die Familie beschloss daher den Umzug von Japan in die USA, in die Nähe
       der großen, renommierten Tennisakademien. Aber es hatte auch noch einen
       anderen Grund – in Japan nämlich litt man unter Diskriminierung, Ehefrau
       Tamaki galt wegen der Ehe mit einem dunkelhäutigen Ausländer sogar als
       Schande für ihre Angehörigen. „Hafu“ wurden die Kinder Naomi und Mari
       typisch abschätzig genannt, Halbjapaner.
       
       Die internationale Karriere gelingt dann nur Naomi, der jüngeren der beiden
       Schwestern. Sie hat das, was die Amerikaner das „Big Game“ nennen –
       mächtige Schläge, enorme Power. Eine Kraft, die ihr Punktgewinne aus jedem
       möglichen und unmöglichen Winkel des Platzes erlaubt. Schon früh wird sie
       mit Serena Williams verglichen, sie habe das Potenzial, einmal „ganz oben
       in der Rangliste zu stehen“, sagt die große Martina Navratilova bereits
       2016 über die Japanerin.
       
       ## „Ich will den Sieg, den Pokal“
       
       Aber die Last der Erwartungen ist oft noch zu mächtig für die eher
       schüchterne, oft auch naiv wirkende Athletin – die Leistungsbilanz verläuft
       im Zickzackkurs. Die Achterbahnfahrt hinterlässt auch bei Osaka Spuren, sie
       macht kein Geheimnis draus: „Ständig fragten mich die Leute, ob ich nicht
       noch mehr erreichen, noch eine Runde mehr gewinnen kann“, sagt sie in New
       York, als sie erstmals ein Grand-Slam-Halbfinale erreicht.
       
       Welche Talente in ihr stecken, hat Osaka schon einmal in dieser Saison
       bewiesen, eigentlich zum ersten Mal überhaupt in ihrer noch jungen
       Karriere. Beim Millionenspektakel in Indian Wells schaltete sie drei
       ehemalige Weltranglistenerste auf dem Weg zum Pokaltriumph aus. Kurz danach
       gewann sie auch das bisher erste und bisher einzige Match gegen ihr Idol
       Williams, allerdings befand sich das Comeback der Amerikanerin nach der
       Babypause da gerade noch im Anfangsstadium. „Jetzt ist es genauso wichtig
       wie im März, dass ich Serena nicht großes Vorbild betrachte, sondern als
       Gegnerin. Ich will den Sieg, den Pokal“, sagt die 20-jährige
       Finaldebütantin Osaka.
       
       8 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Allmeroth
       
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