# taz.de -- nordđŸŸthema: Schreiben ist machbar
       
       > Sie wollen ein Buch schreiben, wissen aber nicht, wie Sie anfangen
       > sollen? Keine Panik, Sie sind nicht allein. In Schreibkursen können
       > Interessierte lernen, wie das geht
       
 (IMG) Bild: Hatte bestimmt auch gelegentlich Schreibblockaden: Thomas Mann
       
       Von Hannes Vater
       
       „Die wichtigste Grundregel ist es, Schreibregeln erst einmal außer Acht zu
       lassen“, sagt Autorencoach Andreas Schuster von der Schreibwerkstatt
       „Schreiben und Leben“. Um Ideen zu entwickeln und ins Schreiben zu kommen,
       sei es wichtig, klassischen Mustern und Schreibtipps zunÀchst nicht zu viel
       Beachtung zu schenken. „Sonst droht hĂ€ufig eine Schreibblockade.“ Geht es
       allerdings an die Planung und Überarbeitung eines lĂ€ngeren Werkes, könne
       man getrost auf ein paar konventionelle Tipps zurĂŒckgreifen.
       
       Der Weg zur erfolgreichen Veröffentlichung kann in viele Richtungen gehen.
       Aufstrebende AutorInnen sollten sich laut Schuster ĂŒberlegen, was sie mit
       ihrem Buch erreichen wollen: das Beschreiten neuer literarischer Pfade?
       Hohe Verkaufszahlen? Oder die Weiterentwicklung als AutorIn? Alle drei
       Möglichkeiten zu vereinen, könnte der schönste Weg sein, allerdings auch
       der schwierigste.
       
       Kreativ- und LiteraturwerkstÀtten, Schreibschulen und -coachings wie
       „Schreiben und Leben“ gibt es allein im Raum Hamburg dutzendfach. Teils
       staatlich gefördert, teils als Privatunternehmen. Gelehrt wird vor Ort oder
       in Online-Seminaren. Manche Kurse dauern ein paar Tage, andere viele
       Monate. Ein Tipp, den viele Schreibschulen ihren Teilnehmern mit auf den
       Weg geben, ist das Etablieren einer Schreibroutine. Wie beim tÀglichen
       ZĂ€hneputzen sollten aufstrebende AutorInnen regelmĂ€ĂŸig versuchen, bestimmte
       Zeilen- oder Seitenzahlen zu erreichen. „Auf dieser Basis lassen sich dann
       wunderbar Ideen entwickeln und lĂ€ngere Projekte in Angriff nehmen“, sagt
       Schuster.
       
       Themenideen finden sich im tÀglichen Leben: in GesprÀchen, durch
       beeindruckende Orte, Personen oder GegenstÀnde. Beim Sammeln der Ideen
       sollte zunÀchst ganz unkritisch vorgegangen werden. Zu Beginn verarbeitet
       man am besten die Einfachsten und notiert sich die Komplizierten fĂŒr
       spÀter. Hat man ein paar EinfÀlle gesammelt, lÀsst man sie eine Weile ruhen
       und selektiert spÀter: Schlechte Ideen sind die, die einen selbst nicht
       wirklich interessieren. Gute Ideen lassen einen nicht mehr los und wollen
       ausformuliert werden. Ziel ist es, ein paar sehr gute Ideen zu finden. Sehr
       gut bedeutet, dass der Geistesblitz immer mehr Gestalt annimmt und stÀndig
       neue EinfÀlle die Geschichte noch spannender machen.
       
       ## Freiheit im Kopf schaffen
       
       Hat man ein paar ĂŒberzeugende VorschlĂ€ge gesammelt, kann man ein bisschen
       mit ihnen jonglieren. Wie könnte die Geschichte ablaufen? Welche Charaktere
       sind wichtig und als Hauptfigur geeignet? Was passiert in der ersten Szene?
       
       LĂ€sst die Gestaltungskraft auf sich warten, kann man ein paar
       KreativitÀtstechniken anwenden, um sie zu steigern. Eine gute Möglichkeit
       ist die ABC-Methode: Dabei hÀlt der Schreiber sich paradoxerweise an
       strenge Strukturen, um dem Kopf etwas Freiheit zu verschaffen. Die strenge
       Struktur ist das Alphabet. Die einzelnen Buchstaben sind die
       Anfangsbuchstaben eines neuen Satzes oder einer Idee. Geschrieben wird
       möglichst von A bis Z. Mithilfe der Buchstaben soll unterbewusste
       Inspiration geweckt und zu Papier gebracht werden. Ein verlÀsslicher Trick
       gegen Schreibblockaden. Ähnlich funktioniert es mit visuellen Reizen. Ein
       Fundus vielfĂ€ltiger Bilder ist dabei hilfreich – aus dem Internet,
       Magazinen, der Zeitung oder eigener Fotos. Nach dem Zufallsprinzip sucht
       man ein Bild aus und zwingt sich, aus dem Gesehenen eine Antwort auf die
       aktuelle Fragestellung der Geschichte zu entwickeln. Sieht man also ein
       Bild von einem angeleinten Hund vor einem Supermarkt, könnte er die Antwort
       auf große Fragen der Freiheit und menschengemachten Ordnung liefern.
       
       Anette Huesmann, Autorin und Dozentin fĂŒr kreatives Schreiben favorisiert
       die „Kopfstandmethode“. Dabei wird nicht der Schreibende auf den Kopf
       gestellt, sondern dessen Fragestellung. Geht es also beispielsweise darum,
       Spannung aufzubauen oder aufrecht zu erhalten, könnte man fragen: „Was wĂ€re
       an dieser Stelle das Langweiligste, das passieren könnte?“ BeschĂ€ftigt man
       sich also mit dem Gegenteil von dem, was man schreiben will, kommt man
       schneller auf frische Ideen.
       
       Tipps wie „Zeige es nicht, sondern erzĂ€hle es“ sind – je nach bevorzugter
       ErzĂ€hlform – Klassiker der Literaturtipps: Der Charakter und die Handlung
       einer literarischen Figur wird dabei nicht einfach beschrieben. Sein
       verbales und nonverbales Handeln enthĂŒllt stattdessen sein Wesen. Die
       LeserInnen sollen selbst erleben, was passiert. Andreas Schuster sieht kein
       Problem darin, durch ErzĂ€hlungen eine Geschichte zĂŒgig voranzubringen:
       „Doch gerade szenische Passagen werden erst durch Sprachbilder, Handlungen
       und Ereignisse, die der Leser interpretieren kann, fesselnd und lebendig.“
       Nicht alles zu sagen, schon gar nicht doppelt und dreifach, ist die beste
       Versicherung gegen Langeweile.
       
       ## Die eigene Stimme finden
       
       Um aus der großen Masse an Veröffentlichungen herauszustechen, sollte man
       auf bewĂ€hrte Prinzipien zurĂŒckgreifen, das allerdings auf möglichst ganz
       neue Art und Weise. Was leichter klingt als es ist. Erna Fanger, Dozentin
       fĂŒr kreatives und literarisches Schreiben und Leiterin der Schreibschule
       „Schreibfertig“, rĂ€t ihren SchĂŒlern, eine eigene Stimme zu finden, „geprĂ€gt
       von AuthentizitĂ€t und Eigensinn“. Im Ansatz verfĂŒge jeder ĂŒber so eine
       Stimme, die sich mit der Zeit entfalten will. Der optimale Schreibstil ist
       natĂŒrlich auch genreabhĂ€ngig. Kriminalromane brauchen eine andere Sprache
       als Liebesgeschichten. Was aber noch wichtiger sei, ist der innere Antrieb:
       „Ein bestimmtes Anliegen, das uns bewegt, fĂŒr das wir brennen und das wir
       mitteilen wollen.“
       
       Christa Hilscher, 67, spielt seit ihrer Jugend gern mit Wörtern, schreibt
       TrĂ€ume auf, Kummer und Ängste. Durchs Schreiben verliere sie die Schwere.
       Um sich zu disziplinieren und besser schreiben zu lernen, wandte sie sich
       an „Schreibfertig“. Sie schließt sich dem zweijĂ€hrigen Fernkurs an. Fast
       tÀglich sitzt sie an ihrem Schreibtisch, auch wenn mal nichts dabei
       rauskommt. Zwischenzeitlich habe ihr der Kurs das Lesen verdorben. In
       BĂŒchern suchte sie gezielt nach dem, was langweilt, was die Spannung
       aufrechterhĂ€lt. Das ging vorĂŒber.
       
       Durch das Feedback von Fanger und ihrem Team lernt sie, worauf sie im
       Schreib- und Leseprozess achten muss. Bei sich und bei anderen. „Dabei
       merke ich öfter, was ich zur Seite legen sollte“, sagt Hilscher. FrĂŒher hat
       sie viele Gedichte ĂŒber Liebe und Weltschmerz geschrieben. Heute
       beschĂ€ftigt sie die Biografie ihrer Mutter. „Zwischendurch sehe ich aus dem
       Fenster und hoffe, etwas Leichtes, Lustiges, Fröhliches fliegt vorbei, was
       gern in Worte gefasst wĂ€re.“ Empfehlen könne sie die Schule jedem, der gern
       schreibt. Besonders das konstruktive Feedback habe ihr geholfen. „Es waren
       volle, aufregende Monate.“
       
       ## Welcher Verlag passt zum Werk?
       
       Was macht man, wenn ein Buch fertig ist und man es veröffentlichen will?
       ZunÀchst sollte man nach einem Verlag oder einer Literaturagentur suchen,
       die programmatisch zum Inhalt des neuen Buches passt. Große Verlage
       vereinen oft viele Genres, wÀhrend kleine Verlage deutlich spezialisierter
       sind. Über ihre Websites lĂ€sst sich herausfinden, was Autoren vorlegen
       sollten und was nicht: „Die hier ĂŒblichen Textsorten, ExposĂ©, Textprobe und
       das Anschreiben, mĂŒssen die entsprechenden Kriterien erfĂŒllen und gelten
       als Visitenkarte“, sagt Fanger. Auch das Selfpublishing, also eine
       Veröffentlichung im Selbstverlag, ist nach Schuster eine schöne Methode:
       „Mit ein wenig Lust auf Selbstvermarktung bieten sich auch auf anderem Weg
       Chancen, eine Leserschaft zu finden. Der Vorteil: Hier werden Sie aktiv und
       sind nicht darauf angewiesen, entdeckt zu werden.“
       
       Das Wichtigste, wenn man ein Buch schreiben will, ist der Anfang. Wenn die
       Lust zu Schreiben da ist, sollte noch heute damit begonnen werden. Schuster
       sieht den grĂ¶ĂŸten Fehler beim Schreiben darin, es nicht zu tun: „Mit dem
       Schreiben ist es Àhnlich wie beim Lernen eines Musikinstruments: TÀgliche
       Übung macht den Meister!“
       
       1 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Vater
       
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