# taz.de -- Neuer Präsident in Kolumbien: Eine politische Wundertüte
       
       > Iván Duque ist jung, hat politisch nur wenig Erfahrung und wird als
       > „kolumbianischer Macron“ gefeiert. Ein klares Programm fehlt ihm bislang.
       
 (IMG) Bild: Iván Duque, konservativer Kandidat, jubelt über seinen Sieg: Er erhielt 53,95 Prozent der Stimmen
       
       Wien taz | Kolumbien hat gewählt, und es hat sich für eine konservative
       Zukunft entschieden. Iván Duque vom rechten Centro Democrático konnte sich
       am Sonntag in der Stichwahl klar mit 54 Prozent der Stimmen gegen den
       Mitte-Links-Kandidaten Gustavo Petro von Colombia Humana mit knapp 42
       Prozent durchsetzen. Nur vier Prozent entschieden sich für die am
       Stimmzettel vorgesehene neutrale Option der weißen Stimme.
       
       Petro, der eine ökologische Modernisierung des Landes, den Kampf gegen
       Korruption und das verkrustete klientelistische System und vor allem eine
       konsequente Umsetzung der Friedensverträge mit der marxistischen
       FARC-Guerilla versprochen hatte, konnte zwar gegenüber dem ersten Wahlgang
       am 27. Mai mehr Stimmen dazugewinnen, doch gelang es ihm nicht, eine
       Trendwende einzuleiten.
       
       Mit Iván Duque, der kurz vor der Vereidigung Anfang August seinen 42.
       Geburtstag feiern wird, bekommt Kolumbien nicht nur den jüngsten
       Präsidenten seiner Geschichte, sondern auch eine politische Wundertüte.
       Seine politische Erfahrung beschränkt sich auf vier Jahre im Senat, wo er
       sich als wortgewaltiger Redner und treuer Erfüllungsgehilfe von
       Ex-Präsident Álvaro Uribe für die Kandidatur empfahl. Uribe hatte den
       gelernten Juristen in Washington entdeckt, wo er bei der
       Interamerikanischen Entwicklungsbank die Abteilung für Kultur, Kreativität
       und Solidarität leitete.
       
       Duque verstand es, sein junges Alter, das von politischen Gegnern als Manko
       aufs Korn genommen wurde, zu seinem Vorteil zu nutzen. Obwohl die
       traditionelle politische Klasse hinter ihm steht, gelang es ihm, sich als
       unverbrauchter und erfrischender Newcomer zu inszenieren. Das Time Magazine
       half dabei, indem es ihn als „kolumbianischen Macron“ feierte.
       
       ## Was Duque wirklich vorhat, ist unklar
       
       Entscheidend für den klaren Wahlsieg dürfte aber gewesen sein, dass es der
       geballten Propaganda der Rechten gelungen war, Gustavo Petro als
       gefährlichen Linken zu verteufeln. Die Angst vor einem ehemaligen
       Guerillero, der das Land sicherlich in den Sozialismus nach venezolanischem
       Vorbild führen würde, verschreckte viele Menschen. Castrochavismo heißt der
       Phantasiebegriff, der seit Jahren in allen Wahlen Lateinamerikas
       erfolgreich gegen linke Kandidaten eingesetzt wird.
       
       Petro war die letzten drei Wochen hauptsächlich damit beschäftigt, zu
       versichern, dass er weder beabsichtige, die Unternehmer zu enteignen, noch
       eine Verfassunggebene Nationalversammlung einzuberufen. Diese Angst vor
       Petro hat wohl auch verhindert, dass die ausgeschiedenen Zentrumskandidaten
       eine klare Wahlempfehlung abgaben.
       
       Was Iván Duque wirklich vorhat, ist auch nach seiner Ansprache am Wahlabend
       nicht klar. Er versprach, ein Präsident für alle Kolumbianer zu sein, Hass
       und Rache seien ihm fremd. Auch wolle er den Friedensvertrag nicht „in
       Stücke reißen“, wie er früher gelobt hatte, sondern dafür sorgen, dass die
       einfachen Guerilleros, die längst die Waffen niedergelegt haben, sich in
       die Gesellschaft intergrieren könnten.
       
       Als wollte er sich die Plattform von Petro zu eigen machen, sagte er
       Korruption und Klientelismus den Kampf an und versprach die Flüsse und
       Naturräume des Landes zu schützen. Er will das Steuersystem vereinfachen
       und auch der kleinen und mittleren Produktion eine Chance geben. Diese
       Sektoren haben unter der Politik des abtretenden Präsidenten Juan Manuel
       Santos besonders gelitten.
       
       Duque vergaß aber auch nicht, seinem Mentor Álvaro Uribe zu danken, ohne
       den er seinen Kindheitstraum der Präsidentschaft nie hätte verwirklichen
       können. Und so fragen sich Beobachter und Kommentatoren in Kolumbien, ob
       Duque seine vollmundigen Versprechen einer integrativen Versöhungspolitik
       wirklich umzusetzen versucht oder sich doch als Werkzeug der rachsüchtigen
       Pläne von Uribe missbrauchen lässt.
       
       18 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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