# taz.de -- Die Wahrheit: Über Eselsbrücken musst du gehen
       
       > In der Duden-Redaktion herrschen Zustände wie bei VW in der Abgasaffäre.
       > Bei Merkreimen werden permanent Grenzwerte des Sinns überschritten.
       
 (IMG) Bild: Der Bußgeldausstoß in Wolfsburg übertrifft jegliche Grenzwerte
       
       Zum Geburtstag bekam ich die neue Auflage der „Eselsbrücken“-Sammlung
       geschenkt, ein schmales Bändchen, das im Duden-Verlag erscheint. Ich sammle
       seit dreißig Jahren leidenschaftlich Eselsbrücken, habe sogar schon
       ausgestellt, sodass in meiner Privatsammlung eigentlich kaum etwas fehlt.
       Die einzigen neuen zu Computern und Social-Media-Themen wie „ApfelS – kein
       Stress“ oder „Hete, keine Kinder? Verhüte bei Tinder! Homo, nur rein da?
       Prima, nutz Grindr!“ habe ich selbst erfunden.
       
       Neugierig begann ich zu blättern. Doch mir standen alsbald die vor Schreck
       steingrau gewordenen Haare zu Berge: Anscheinend herrschen in der
       Duden-Redaktion Zustände wie bei der VW-Abgasaffäre! Illegal werden
       unzulässige Eselsbrücken in das Büchlein hineingeschmuggelt, und
       nachgeprüft wird rein gar nichts. Dabei werden die Grenzwerte für sinnvolle
       Eselsbrücken permanent überschritten.
       
       Eine der wichtigsten Regeln für Eselsbrücken ist bekanntlich, dass der
       Merksatz sich reimen sollte, wobei ein emotional-bedrohlicher Aspekt,
       ähnlich wie bei einem Haiku, durchaus eine Rolle spielen darf: „Trenne nie
       st, denn es tut ihm weh“ oder „333 – bei Issos Keilerei“. Weiterhin muss
       die Eselsbrücke gut merkbar sein, weil sie entweder ein interessantes Bild
       erzählt („Welcher Seemann liegt bei Nanni im Bett?“) oder eine bekannte
       Situation schildert („Geh du alter Esel Heu fressen“).
       
       Verwirrend oder gar desorientierend sollten sie keinesfalls sein, so wie
       folgender angeblich von Naturwissenschaftlern genutzter Reim: „Der Kahn,
       der fuhr im Mondenschein dreieckig um das Erbsenbein. Vieleck groß und
       Vieleck klein, der Kopf, der muss am Haken sein.“ Hä?! Ist das eine von zu
       viel LSD-Konsum geprägte Version von „Dunkel war’s, der Mond schien helle“?
       Welcher Mensch hat denn Erbsenbeine – eine Bohnenstange? Oder angelt ein
       Kannibale hier seinen Lunch?! Im Ganzen klingt diese angeblich für das
       Merken der acht Handwurzelknochen genutzte Eselsbrücke schon sehr nach
       einem Zauberspruch der Hexe Schrumpeldei beziehungsweise ihrer Tochter
       Schrumpelmei. Ich bin doch nicht von gestern, liebe Duden-Redaktion.
       
       Genauso wenig überzeugt mich die angeblich die an
       Mount-Rushmore-Präsidentenköpfe gemahnende Frage „Wat jeht, Rosalie?“ Oder
       hießen die vier Staatenführer vielleicht Watshington, Jehterson, Rosavelt
       und Liencoln? Unmöglich. Und so was will die nächste Pisa-Misere
       verhindern!
       
       „Megusahonicopa“ ist meines Erachtens auch kein Merkwort für die
       mittelamerikanischen Staaten von Nord nach Süd, sondern klingt nach einer
       Jakob-Wassermann-Novelle. Schließlich gibt es dort garantiert Gold. Und bei
       „12 – 9 – 1 / gegründet war die Schweiz“ kommt mir fast das Fondue hoch.
       Mag sein, dass im Jahre 1291 ein „Bundesbrief“ die Grundlage für die
       Eidgenossenschaft setzte. Aber die westfälische Schauspielerin Esther
       Schweins, Jahrgang 1970, hatte hoffentlich nichts damit zu tun.
       
       1 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
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