# taz.de -- Bürgerbeteiligung in Bremen: Wer mitreden will, muss schweigen
       
       > Wie gut ist es um die Mitbestimmung in Bremen bestellt? Die Meinung von
       > Senats und Beteiligungs-Netzwerk gehen da auseinander.
       
 (IMG) Bild: Wird oft als Form der Bürgerbeteiligung verstanden: der Bürgerentscheid
       
       BREMEN taz | Viereinhalb Jahre ist es her, da hat die Bürgerschaft mehr
       Bürgerbeteiligung beschlossen. Doch den geforderten „Entwicklungsplan“ gibt
       es bis heute nicht. Das Netzwerk Bürgerbeteiligung kritisiert das scharf.
       Seinen Vertretern geht es darum, Bürgerbeteiligung endlich in der
       politischen Kultur Bremens zu etablieren.
       
       Auf der ersten Beteiligungskonferenz, die das Netzwerk im Februar
       veranstaltet hatte, haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus
       Verwaltung, Beiräten, Parteien und Initiativen noch einmal ein Konzept für
       eine erweiterte Bürgerbeteiligung formuliert und Forderungen aufgestellt.
       „Bisher ist überhaupt nichts umgesetzt“, sagt Hans-Christoph Hoppensack vom
       Netzwerk. Der Prozess hin zu mehr Beteiligung sei sehr schwierig und oft
       frustrierend.
       
       In Sachen Bürgerbeteiligung, müsse Bremen sich nicht verstecken, heißt es
       dagegen aus der Senatskanzlei. Der Senat sieht die Forderungen des
       Netzwerks bereits als umgesetzt. Man habe sich auf ein Leitbild
       verständigt, auf Kriterien, nach denen über eine Bürgerbeteiligung
       entschieden wird und auf eine Form der Projektplanung, die auch Kosten für
       eine Beteiligung mit einbeziehe.
       
       Hoppensack vom Beteiligungsnetzwerk ist skeptisch: Die Vorhaben, die im
       Internet einsehbar sind und an denen der Senat nach eigenen Angaben weiter
       arbeite, seien zwar erfreulich. Doch bisher stünden sie nur auf dem Papier.
       
       2013 hatte es auf einen Antrag von SPD und Grünen einen Beschluss für den
       „Entwicklungsplan Bürgerbeteiligung“ gegeben. Darin steht, dass dieser Plan
       bis Anfang 2015 stehen soll. Doch daraus wurde nichts. Hoppensack, der
       ehemalige Bremer Staatsrat, sagt er, habe noch nie erlebt, dass ein
       Beschluss vom Senat derartig ignoriert worden sei.
       
       Mitte vergangener Woche trafen sich die Beteiligungssprecher der Fraktionen
       von SPD und Grünen, um zu klären, ob der Senat eine zentrale
       Koordinierungsstelle für Bürgerbeteiligung einrichtet.
       
       Zu den Ergebnissen des Treffens will sich Martin Prange aus der
       Senatskanzlei nicht äußern, denn über die sei noch nicht abgestimmt worden.
       
       „Es muss eine zentrale Stelle und personelle Stärkung geben“, sagt Ralph
       Saxe von den Grünen. „Alles nur in die Ressorts reinzuschieben, das
       funktioniert nicht.“ Es habe viel zu lange gedauert, aber immerhin habe man
       sich jetzt auf ein Leitbild geeinigt. „Es ist viel Positives im Bereich
       Beteiligung passiert“, betont Saxe. So sei etwa die Beteiligung am
       Verkehrsentwicklungsplan gut gelaufen. Doch nicht in allen Bereichen läuft
       die Mitbestimmung schon so gut an: Ressorts wie Gesundheit oder Inneres
       hätten noch gar keine Beteiligungsprojekte gemeldet.
       
       „Es ist gut, dass es das Netzwerk Bürgerbeteiligung gibt“, sagt Martin
       Prange. Doch die Forderungen seien unverbindlich und offen. So
       konkretisiere das Netzwerk nicht, bei welchen konkreten Projekten es an
       Beteiligung fehle. Es sei wichtig, zu unterscheiden, wann sie gut sei und
       wann nicht.
       
       ## Opposition kritisiert Halbherzigkeit
       
       Gegenüber der taz verweist Hoppensack vom Netzwerk auf die Umgestaltung des
       Domshofes und den geplanten Wohnungsbau auf der Rennbahn. Hier hätte es
       frühzeitig eine Bürgerbeteiligung geben müssen. In Bremen rege sich bei
       solchen Projekten häufig Widerstand, weil keine Beteiligung vorgesehen sei.
       
       Auch die Opposition kritisiert die Halbherzigkeit des Bremer Senats. Die
       Fraktionsvorsitzende der Linken, Kristina Vogt, kann den Unmut der
       Beteiligungsbefürworter verstehen. „Bürgerbeteiligung scheint für den
       rot-grünen Senat nur ein Schlagwort in Sonntagsreden zu sein.“ Unter
       Bürgerbeteiligung verstehe der Senat häufig „nur Bürgerinformation über die
       eigenen Maßnahmen, verpackt in Konferenzen, auf denen Hochglanzbroschüren
       verteilt“ würden. Vogt geht noch einen Schritt weiter: Ihrer Meinung nach
       müsse Bremen auch über Instrumente wie einen Bürgerhaushalt nachdenken.
       
       Der Senat will seinen Bericht Mitte Juni im nächsten Ausschuss
       Bürgerbeteiligung vorstellen. Ob die Forderungen des Netzwerkes und der
       Beteiligungskonferenz dann tatsächlich umgesetzt werden, bleibt abzuwarten.
       
       22 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Milena Pieper
       
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