# taz.de -- Reiche Dunkelheit
       
       > Zwischen dem Diesseitigen und dem Jenseitigen: „Ugetsu monogatari“ von
       > Kenji Mizoguchi im Arsenal
       
       Von Peter Nau
       
       So wie ein Bewunderer Tolstois einmal ausrief: „Noch einmal ‚Krieg und
       Frieden‘ zum ersten Mal lesen!“, so möchte man diejenigen beglückwünschen,
       die erstmals in den Genuss dieses kontemplativen, zwischen dem Diesseitigen
       und dem Jenseitigen angesiedelten Films von Kenji Mizoguchi kommen. Die
       Handlung von „Ugetsu monogatari“ (Erzählungen unter dem Regenmond, 1953)
       geht auf einen Autor zurück, der von 1734 bis 1809 lebte und der
       „japanische Mérimée“ genannt wird. Unvergesslich bleibt mir die Szene, in
       der die vor der brandschatzenden Soldateska fliehende kleine Gruppe von
       Dorfbewohnern am Biwasee angelangt, wo dann die Barke mit ihnen langsam in
       den Nebeln der Nacht entschwindet.
       
       Das Glück für die Flüchtlinge? Es wäre die Ruhe. Aber sie eben ist nicht
       möglich, da die beiden Männer ihre erdhaft-verwurzelten Ehefrauen bei dem
       Jagen und Fliehen aus den Augen und damit quasi den Boden unter den Füßen
       verlieren. Kaum der kriegerischen Gefahr entronnen, macht der eine von
       ihnen, ein Töpferkünstler, aus der harten und grausamen Welt den Schritt
       hinüber in ein leider nur allzu flüchtiges Paradies der Liebe: Seine
       „Prinzessin“ erweist sich als Phantom, als Geist eines gestorbenen
       Mädchens.
       
       Es gehört zu der reichen Dunkelheit des Wesens von Mizoguchi, für den die
       Dinge dieser Welt kein wahres Sein haben, dass er hier in die erotische
       Verzauberung, in den Liebesbann auch die Erlösungssehnsucht schon eingebaut
       hat: diese Sehnsucht, die auf langsame Rückkehr in ein ruhiges Leben, auf
       die gewohnte tägliche Arbeit gerichtet ist.
       
       Dem entsprach sein Bestreben, die Welt des Irrealen aus lauter
       hyperrealistischen Einzelheiten erstehen zu lassen. Zum Leidwesen der
       Produzenten und Mitarbeiter, die er manches Mal mit seiner geradezu
       Stroheim’schen Detailbesessenheit zur Verzweiflung brachte. Gleichwohl
       empfangen diese Details ihre Leuchtkraft nur vermöge des Ganzen.
       
       „Ugetsu Monogatari“, im Rahmen der Magical History Tour am 8. Mai, 19.30
       Uhr, im Arsenal
       
       5 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Nau
       
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