# taz.de -- Kolumne Jung und dumm: Werde zum Schöpfer deines Lebens
       
       > Stündlich schwillen andere Teile meines Gesichts an, teils gar solche,
       > von denen ich nicht mal mehr weiß. Pollen? Oder Grundremmingen?
       
 (IMG) Bild: Österreichisches „Hähnchentheater“
       
       Gundremmingen sagen sie mir. Oft, immer öfter sagen sie mir Gundremmingen,
       sagen es, sagen: Gundremmingen. Gundremmingen sagen sie und schauen mich
       an. Ja, was soll denn das? Ein ganz ausgezeichneter Frauenname sei das
       doch, antworte ich. In dem Sprechen, also dem ihren, nimmt Gundremmingen
       eine wichtige Stellung ein.
       
       Neulich, als ich nachts im Bett lag, hörte ich Musik, eine schrille,
       starke, hohe Stimme, die sang, wie aus einem Neue-Deutsche-Welle-Hit. Der
       Refrain ging so: „Jetzt wird wieder eingeordnet – eingeordnet – eingeordnet
       / jetzt wird wieder eingeordnet – eingeordnet – eingeordnet / eingeordnet,
       ja, wird jetzt!“ Das fand ich hübsch.
       
       Als ich aufwachte, schmeckte ich förmlich den Pollen, der mich quält.
       Stündlich schwillt ein anderer Teil meines Gesichts an, teils gar solche,
       von denen ich nicht mal mehr weiß. Ob ich einmal zum kosmogenetischen
       Heilen nach Hannover fahren soll oder lieber nach Nürnberg, das ist eine
       schwierige Frage. Genüsslich mit Farbe spielen, mehr will ich doch nicht.
       
       Zu Weihnachten wünsche ich mir eine Extreme-Cut-out-Jeans. Das ist,
       informiert der Branchendienst [1][www.jetzt.de], eine „Jeans, die mehr Loch
       ist als Hose“. Ich fühle mich diesem Objekt verbunden. Wir würden uns
       gewiss gut verstehen. Leider ist es ausverkauft.
       
       ## Es hat keinen Sinn
       
       Und verstehen tue ich ja ohnehin kaum noch was. Vielmehr sitze ich da, bis
       zum Zerreißen gespannt, und höre auch was, das sich so anhört wie etwas,
       aber kann es nicht zuordnen. Wenn ich gar nichts hören würde, dann wäre es
       einfach. Dann wäre da halt nichts und ich bräuchte auch nicht so zu
       keuchen. Zack, weggefressen, eingefahren, abgespart. Hinfort. Aber da ist
       etwas. Ich höre das doch. Die Akustik ist schlecht und Frau Antje bringt
       Käse aus Holland. Es hat keinen Sinn.
       
       Weiterhin habe ich Angst, zu vertrocknen oder zu explodieren. Mein Körper
       ist Wind und Wetter ausgesetzt und unterliegt dem Einfluss der Gezeiten.
       Wenn ich den Backofen anschalte, sehe ich das Zimmer in Flammen.
       
       In Österreich heißt Backofen „Backrohr“. Das klingt nach einem zwanzig
       Meter langen, heißen Stollen, in dem eine endlose Kette von Broten
       (wahlweise Gebäck) von kleinen Ofenmännchen bei höllischen Temperaturen in
       stundenlanger Schweißarbeit niet- und nagelfest verplombt wird. In
       Österreich ist ohnehin vieles anders. Ein Phänomen, das dort, des viel
       unmittelbareren Verhältnisses zur Realität wegen, das in den Filmen Ulrich
       Seidls studiert werden kann, anders als hier wohl kaum denkbar wäre, nenne
       ich das „Hähnchentheater“.
       
       ## Das ist nur der Anfang
       
       Man sieht in diesem Land Heizapparate aufgestellt, vor denen Brathähnchen
       auf metallenen Stangen Performance-Theater aufführen, sich drehen und
       drehen. Wie Synchronschwimmen, nur sind die Protagonisten tot. Verblüffend!
       
       Noch nie habe ich jemanden eins davon kaufen sehen, geschweige denn essen.
       Und das ist nur der Anfang.
       
       9 May 2018
       
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