# taz.de -- Frauenverbot in Irans Fußballstadien: Kampf mit Bart
       
       > Vor der Fußball-WM in Russland verstärken Frauenrechtlerinnen im Iran
       > ihren Einsatz, um Spiele der Männer im Stadion sehen zu können.
       
 (IMG) Bild: Iranerinnen kämpfen immer stärker für ihre Rechte – auch im Fußballstadion
       
       Vor einigen Tagen erregte ein Foto in den sozialen iranischen Netzwerken
       große Aufmerksamkeit. Fünf junge Frauen waren darauf zu sehen, die in
       Teherans Azadi-Stadion mit aufgeklebten Bärten auf der Tribüne saßen. Sie
       schauten sich die Partie des Heimteams Persepolis gegen Sepidrood an.
       
       Azadi heißt zu Deutsch Freiheit. Freiheit ist in diesem Stadion allerdings
       nur für Männer vorgesehen. Denn Iran ist das einzige Teilnehmerland der
       kommenden Fußball-WM, in dem Frauen keine Fußballspiele mit Männern im
       Stadion sehen dürfen. Beim Frauenfußball sind überhaupt keine Zuschauer
       erlaubt, und alle Spielerinnen müssen ein Kopftuch tragen.
       
       Kurz nach der „Islamischen Revolution“ im Jahr 1979 wurde Frauen der
       Zutritt zu vielen Sportveranstaltungen mit absurden Begründungen untersagt.
       Diese dürften nicht der vulgären Stimmung im Stadion ausgesetzt werden. Und
       ohnehin sei das Risiko für Belästigungen an solchen Orten viel zu hoch. Die
       vermeintliche Lösung für Männergewalt: Frauen aussperren. Schon seit vielen
       Jahren protestieren weibliche Fans im fußballbegeisterten Iran gegen diese
       Praxis. Jetzt wollen sie die steigende Aufmerksamkeit für den iranischen
       Fußball durch die Teilnahme an der WM nutzen, um das Verbot endlich zu
       kippen.
       
       „Iranische Frauen sollten die gleichen Rechte wie Männer haben, zum Fußball
       zu gehen“, fordert die iranische Journalistin Niloofar Hamedi im Gespräch
       mit der taz. Die 26-jährige Frauenrechtsaktivistin interessiert sich auch
       für den Sport. Im März begleitete sie 35 Frauen auf dem Weg zum Teheraner
       Lokalderby ins Azadi-Stadion. Diese wollten sich dem Verbot widersetzen,
       wurden jedoch vor dem Stadioneingang von der Polizei festgehalten und erst
       nach dem Spiel wieder freigelassen.
       
       ## Schon vor fünf Jahren sollte der Bann gekippt werden
       
       Keine Probleme beim Einlass hatte der anwesende Fifa-Präsident Gianni
       Infantino. Hamedi konfrontierte den Fußballfunktionär vor dem Stadion.
       „Fußballschauen ist unser Recht! Wir brauchen eine Garantie, dass das
       Verbot abgeschafft wird“, rief sie ihm zu. Infantino reagierte nicht und
       äußerte sich dort nicht öffentlich zu der Praxis.
       
       Eine Diskussion dazu sei allerdings einer der Hauptgründe für seinen Besuch
       gewesen, erklärt ein Fifa-Pressesprecher der taz. „Im Austausch mit dem
       iranischen Präsidenten Hassan Rohani haben wir eine klare Zusage bekommen,
       dass es in naher Zukunft Fortschritte bezüglich des Banns gibt.“ Dies hatte
       Rohani allerdings schon Infantinos Vorgänger Sepp Blatter versprochen – vor
       fünf Jahren.
       
       Bereits seit über 13 Jahren existiert die Initiative „Open Stadiums“, die
       sich im Iran gegen das Verbot einsetzt. „Auch unter Rohani ist nichts
       Positives beim Thema Frauenrechte passiert“, sagt eine Sprecherin der
       Initiative. Sie möchte anonym bleiben, da sie negative Konsequenzen
       befürchtet. Der einflussreiche Klerus hat sich sogar gegen eine eigene
       Tribüne für Frauen ausgesprochen.
       
       „Gerade die jungen Leute sind von der Politik sehr enttäuscht.“ Seit der
       Gründung hätte es immerhin innerhalb der Gesellschaft eine positive
       Entwicklung gegeben. „Die meisten finden, dass Stadien für alle offen sein
       sollten, und sind genervt davon, dass sie ihre Freundinnen und Familien
       nicht mitnehmen können“, meint die Aktivistin.
       
       ## „Frauen müssen als Frauen erkennbar ins Stadion dürfen“
       
       Nur mit angeklebten Bärten und als Männer verkleidet haben weibliche
       Fußballfans eine kleine Chance, sich ins Stadion zu schmuggeln. In der
       vorletzten Woche gelang dies fünf Frauen, die in sozialen Medien geposteten
       Fotos gingen um die Welt. „Das darf aber nicht die Lösung sein, Frauen
       müssen auch als Frauen erkennbar ins Stadion dürfen“, sagt die
       Sportjournalistin Hamedi.
       
       Auch die „Open-Stadiums“-Sprecherin ist skeptisch: „Es ist gut, dass diese
       Bilder Aufmerksamkeit für unser Anliegen erregen. Aber wir wollen nicht
       unsere Identität verstecken, um Spaß zu haben.“ Nach dem Iran-Besuch des
       Fifa-Präsidenten soll der Austausch mit den Behörden jetzt „auf höchstem
       Level“ fortgeführt werden, verspricht der Verbandssprecher. „Open Stadiums“
       ist das zu unkonkret. „Wir denken nicht, dass ohne ein Ultimatum der Fifa
       wirklich etwas passieren wird.“
       
       Erst im letzten Jahr hatte der Fifa-Rat neue Leitprinzipien für
       Menschenrechtsfragen beschlossen. Darin heißt es, dass die Fifa „mit
       wirksamen Kontroll- und Vollzugsmechanismen jede Form von Diskriminierung“
       bekämpfe, „besonders auf geschlechtsspezifische Ungleichbehandlungen“ achte
       und „die Gleichstellung von Frau und Mann“ fördere. Einige Aktivistinnen
       von „Open Stadiums“ planen jetzt einen Besuch zur Weltmeisterschaft in
       Russland, um das iranische Team anzufeuern. „Das wird zwar eine sehr teure
       Reise. Aber die WM ist der beste Zeitpunkt, um uns Aufmerksamkeit zu
       verschaffen.“
       
       7 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederik Schindler
       
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