# taz.de -- heute in hamburg: „Das ist Erpressung“
       
       Interview Tobias Scharnagl
       
       taz: Herr Witzorrek, wird das Ihr letzter Sommer im Schrebergarten? 
       
       Michael Witzorrek: Nein. Ich setze darauf, dass wir die Politiker mit
       Vernunft davon überzeugen können, am 16. Mai gegen den Vertrag mit der
       Beiersdorf AG zu stimmen. Die Kleingartenanlage Lokstedt gibt es seit mehr
       als 100 Jahren. Und jetzt kommt Beiersdorf und will der Stadt klammheimlich
       unsere 12 Hektar abkaufen – eine Grünfläche, so groß wie 17 Fußballfelder.
       Darum haben wir die Initiative „Lebenswertes Lokstedt“ gegründet.
       
       Kleingärtner gegen Dax-Giganten – das könnte schwierig werden, oder? 
       
       Ja, außerdem klingt es nach der ewig gleichen
       David-gegen-Goliath-Geschichte. Dabei ist klar: Beiersdorf strebt nach
       Gewinn und nicht nach Altruismus. Wenn hinter dem Konzern Heuschrecken wie
       Black-Rock (weltgrößter Vermögensverwalter mit Sitz in New York City, Anm.
       d. Red.) stehen, wird es nicht leichter für uns. Aber es geht um mehr!
       
       Und zwar? 
       
       Lebensqualität! Eine grüne Lunge mitten in der Stadt. 250 Gärten. Ein Stück
       Natur, wo Rentner sich auf einer schattigen Parkbank ausruhen können,
       sichere Wege, wo Kinder Radfahren lernen und sehen, dass Bohnen nicht im
       Supermarkt wachsen. Ein Lebensraum für Tiere. Es gibt hier eine Eiche, die
       ist einhundert Jahre alt. Wer diesen Baum fällt, müsste fünf neue pflanzen
       um seine Naturkraft zu ersetzen. Die Anlage ist klima- und systemrelevant
       für Mensch, Tier und Baum. Es gibt Gründe, warum Beiersdorf ausgerechnet
       jetzt an die Flächen will.
       
       Welche Gründe? 
       
       Die Firmenkasse ist voll, der Senat wirtschaftshörig und über der Industrie
       schwebt das Damoklesschwert der Volksinitiative des Nabus „Hamburgs Grün
       erhalten“ – es muss also schnell gehen.
       
       Eine steile These. 
       
       Politiker sagen mir hinter vorgehaltener Hand: Wenn wir Beiersdorf die
       Fläche nicht geben, dann sind sie weg. Das ist Erpressung! Der alte Trick
       der Industrie, der uns glauben machen soll, dass Arbeitsplätze nur zu
       halten sind, wenn man sich gegen Lebensqualität und Umweltschutz
       entscheidet. Wir gehen da nicht mit!
       
       Kritiker ihrer Initiative sagen, dass neue Wohnungen wichtiger sind als
       alte Gärten. 
       
       Diese Menschen verlieren das große Ganze aus dem Blick. Wer will denn noch
       in einer Stadt wohnen, deren grüne Flächen alle versiegelt sind?
       
       Diskussion mit Beiersdorf-Vertreter und Linken-Politikerin: 19 Uhr,
       Grundschule Döhrnstr. 42
       
       24 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Scharnagl
       
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