# taz.de -- Kommentar Katalonien: Deutsche Erfüllungsgehilfen
       
       > Das Verhalten der spanischen Regierung und Justiz ähnelt einem
       > Staatsstreich. Rajoy versteckt sich dabei hinter den Richtern – und
       > Deutschland.
       
 (IMG) Bild: Sieht so Rebellion aus? Demonstration vom 25. März in Barcelona
       
       Ein europäischer Haftbefehl und ein damit verbundener Auslieferungsantrag –
       das sieht ganz nach Routine aus. Der fragliche Gefangene, der von Madrid
       [1][abgesetzte katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont], soll mit
       der von der konservativen spanischen Regierung von Mariano Rajoy
       untersagten Volksabstimmung über die Unabhängigkeit am 1. Oktober
       „Rebellion“ begangen haben. Dies ist ein schweres Delikt, das so mit
       „Hochverrat“ in ähnlicher Form auch im deutschen Strafrecht vorkommt.
       
       Doch was auf den ersten Blick so klar aussieht, ist es nicht. Denn ohne
       Gewalt liegt keine „Rebellion“ vor und damit auch kein „Hochverrat“, so
       wollen es das spanische und auch das deutsche Recht. Wir alle haben [2][die
       Bilder vom 1. Oktober] gesehen. Da ging es tatsächlich alles andere als
       friedlich zu. Nur: Die Gewalt ging von den spanischen Polizisten aus, die
       Madrid zu Tausenden nach Katalonien entsandt hatte. Über 900 Verletzte
       hinterließen sie, während das Wahlvolk, wenn überhaupt, gewaltfreien
       Widerstand leistete.
       
       Egal ob man die Loslösung Kataloniens von Spanien befürwortet oder nicht,
       das Recht friedlich dafür zu einzutreten kann niemandem genommen werden.
       Und Urnen aufzustellen – selbst gegen die Anweisungen durch die
       Zentralregierung und des Verfassungsgericht – ist ebenfalls kein
       Verbrechen, sondern ein Zeichen tief empfundenen Vertrauens in die
       Demokratie, um das angestrebte Ziel zu erreichen.
       
       Politiker und Aktivisten dafür in Untersuchungshaft zu nehmen, sie
       international jagen zu lassen, sie mit bis zu 38 Jahren Haft zu bedrohen,
       spricht dagegen nicht vom Glauben an die Demokratie, sondern vom Glauben an
       autoritäre Lösungen, von institutioneller Gewalt statt notwendigen
       politischen Dialogs.
       
       ## Was Spanien betreibt, ähnelt einem Staatsstreich
       
       Puigdemont ist der vom katalanischen Volk gewählte und bei den durch Rajoy
       angesetzten Neuwahlen bestätigte Regierungschef Kataloniens.
       [3][Ermittlungsrichter Pablo Llarena] ließ ihn nicht ins Land zurück, um
       vom katalanischen Parlament erneut ins Amt gewählt zu werden. Puigdemont
       machte den Weg für Jordi Sànchez frei. Der beliebte Aktivist sitzt seit
       Oktober in Untersuchungshaft. Llarena gewährte keinen Freigang, obwohl dies
       in der Vergangenheit sogar einem ins baskische Parlament gewählten,
       mutmaßlichen Mitglied der bewaffneten baskischen Separatisten gewährt
       wurde. Selbst die UNO kritisierte Spanien deswegen. Der dritte im Bund, der
       enge Vertraute Puigdemonts, Jordi Turull, wurde am Freitag von Richter
       Llarena hinter Gitter verfrachtet, bevor er sich dem zweiten Wahlgang im
       Parlament stellen konnte.
       
       Was die spanische Regierung und Justiz betreibt, ähnelt eher einem
       Staatsstreich als der vielbeschworenen „Verteidigung des Gesetzes“. Rajoy
       versteckt sich hinter den Richtern, anstatt ein politisches Problem mit
       Politik anzugehen. Er vertraut darauf, dass Deutschland ihn bei diesem
       autoritären Vorgehen unterstützt. Warum sonst hätten seine Geheimdienste
       abgewartet, bis Puigdemont Skandinavien verlässt, um die Polizei zu
       verständigen?
       
       In Europa, und dieser Tage ganz besonders in Katalonien, glauben die
       Menschen fest daran, dass die deutsche Justiz unabhängig ist und die
       Grundrechte verteidigt. Eine Auslieferung Puigdemonts wäre – nach den
       Panzern gegen die Kurden – ein zweiter, sehr dunkler Fleck an den ständig
       wechselnden, pastellfarbenen Kostümjacken unseres Landes.
       
       26 Mar 2018
       
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 (DIR) Reiner Wandler
       
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