# taz.de -- Das Gefühl völliger Anwesenheit
       
       > Die Gefangenen sind die Seele dieses Films: Die Shakespeare-Adaption
       > „Cäsar muss sterben“ von Paolo und Vittorio Taviani, läuft am Samstag im
       > Arsenal
       
       Von Peter Nau
       
       Shakespeares Drama „Julius Cäsar“ ist wie eine abgeschlossene Welt, die
       sich in ihrer eigenen Sphäre bewegt. Nachdem der Applaus eines zahlreichen,
       tief bewegten Publikums nach der Aufführung verstummt ist, gehen die
       Darsteller scheinbar ziellos durch Gänge und kahle Räume, bis sie vor ihrer
       Zellentür landen, durch die sie, als gehörte das noch zu ihrer Rolle, den
       auf- und zuschließenden Wächter ignorierend, gemessenen Schrittes
       eintreten.
       
       Sie sind in Sicherheit, Hochsicherheit, womöglich sind sie Mafiosi. In
       einem römischen Gefängnis sitzen die Männer ein, verurteilt zu langen
       Haftstrafen, bis zu „lebenslänglich“. Wir lernen diese Gefangenen kaum
       kennen, die hier als altrömische Notabeln innerhalb einer vom Volk
       abgehobenen Machtsphäre mit Zunge und Schwert ihre Interessen verfolgen.
       Für die Verlierer gibt es am Ende keinen Ausweg und kein Entrinnen.
       
       ## Ein zur Welt geöffnetes Fenster
       
       Dabei haben wir, während das Drama läuft, das Gefühl völliger Anwesenheit
       bei dem Geschehen; etwas von der Gewalt wird spürbar, mit der sich dieser
       ästhetische Mikrokosmos in das vom Gefängnis gebildete Universum
       eingeschoben hat, von dem er so grundsätzlich verschieden ist. Wie von dem
       Filmtheoretiker André Bazin herbeigesehnt, ist aus dem Theaterraum ein zur
       Welt geöffnetes Fenster geworden. Aber diese Welt, zu der hin der Raum sich
       öffnet, ist ihrerseits eine geschlossene, wie das große Kunstwerk, in dem
       „die wahre Einsamkeit liegt“ (Nietzsche). An beiden Welten haben die
       Gefangenen teil, sie sind die Seele dieses Films. Ihr stiller, ertragender
       Mut bleibt ein Teil des Geheimnisses, das sie umgibt.
       
       Um ihre Rollen im Stück und im Film zu spielen, tauchen sie auf aus ihren
       Zellen, und sie verschwinden wieder, nach vollbrachtem Tun, in ihnen.
       Inmitten ihrer Zwangswelt schlägt dieser aufwühlende Film eine offene Seite
       auf, in deren Offenheit alles anders ist als sonst.
       
       Paolo und Vittorio Taviani: „Cesare deve morire“ (2012); 31. März, 19.30
       Uhr, Arsenal
       
       29 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Nau
       
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