# taz.de -- Niemand steigt Simon aufs Dach
       
       > Die von Kneipen befürchtete pauschale Sperrstunde in der
       > Simon-Dach-Straße kommt vorerst nicht. Vielmehr soll gezielt gegen Lärm
       > vorgegangen werden
       
 (IMG) Bild: War ein Versuch: Pantomime werben für Ruhe in der Simon-Dach-Straße
       
       von Martin Horn
       
       Vier Stunden schon diskutieren die Mitglieder der
       Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg; bei vielen
       macht sich Müdigkeit in den Gesichtern breit. Schokoriegel sollen dafür
       sorgen, dass sie auch beim letzten Punkt auf der Tagesordnung noch so wach
       sind, wie jene, um die es geht: die Menschen auf der Simon-Dach-Straße.
       Während die einen dort bis spät in die Nacht feiern wollen, sehen sich
       viele Anwohner nach Ruhe. Seit Jahren schon läuft die Diskussion über den
       Lärm auf einer der beliebtesten Partymeilen Berlins; sie ist auch ein
       Spagat zwischen Spießigkeit und Anwohnerrechten.
       
       An diesem Mittwochabend steht ein Antrag der SPD zur Abstimmung: Danach
       soll es eine Allgemeinverfügung geben, die ausnahmslos allen Bars und Cafes
       vorschreibt, um 23 Uhr werktags und um 24 Uhr am Wochenende den Außenschank
       einzustellen. Oder würden die Verordneten der Beschlussempfehlung des
       Wirtschaftsausschuss unterstützen, den Antrag abzulehnen?
       
       Noch vor einigen Wochen deutete viel auf eine mögliche Mehrheit für den
       umstrittenen Antrag hin. Neben der SPD hatte auch die Linke ihn
       unterstützt. Bereits ab Anfang Mai sollte er gelten.
       
       Doch es geht nur gute 15 Minuten, dann ist klar: Gastronomen und Besucher
       der Friedrichshainer Partymeile können aufatmen. Die kollektive Sperrstunde
       wird vorerst nicht kommen, der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
       
       „In den vielen Gesprächen seit unserem ursprünglichem Antrag sind wir zum
       Schluss gekommen, dass dies nur ein Mittel sein kann“, sagt Oliver Nöll,
       Fraktionsvorsitzender der Linken in der BVV am Donnerstagmorgen. „Und zudem
       das untauglichste, wenn die Kontrolle nicht flächendeckend sichergestellt
       werden kann.“ Gemeinsam mit den Grünen haben die Linken nun einen
       Maßnahmenkatalog eingebracht, der gezieltes Vorgehen bei Lärmkonflikten
       fordert.
       
       Darunter fällt beispielsweise das Entziehen der Sondernutzungsfläche für
       Tische und Stühle, sollte es zu regelmäßigen und wiederholten Verstößen von
       Bars und Cafes kommen.
       
       Somit würde man nicht alle Gastronomen für das Fehlverhalten einiger
       weniger bestrafen. Das macht Sinn: Eine Untersuchung des Ausschusses für
       Wirtschaft und Ordnungsamt hat ergeben, dass die Hälfte der Lärmbeschwerden
       auf nur vier Einrichtungen zurückzuführen ist – bei 155 gastronomischen
       Betrieben im untersuchten Gebiet. Eine weitere Eingrenzung ergab, dass von
       den insgesamt 39 vorliegenden Lärmbeschwerden im Zusammenhang mit
       Schankvorgärten 29 auf nur acht gastronomische Einrichtungen zurückgehen.
       Es wurde somit eine Konzentration auf einige wenige Betriebe festgestellt.
       
       „Zu einem guten Miteinander im Kiez zwischen BewohnerInnen, BesucherInnen
       und GastronomInnen gehört es, dass sich alle an die verabredeten
       Spielregeln halten“, sagt deswegen der grüne Fraktionssprecher Julian
       Schwarze. Und fügt hinzu: „Wer das auf Kosten der anderen versucht zu
       ignorieren, soll sich entsprechend verantworten müssen. Dies soll
       individuell passieren, statt mit dem Gießkannen-Prinzip alle zu
       sanktionieren, nur weil einige sich nicht fair verhalten“. Der
       entsprechende Maßnahmenkatalog soll nun in den Ausschüssen beraten werden.
       
       Mal sehen, ob die BVV wieder durch Kreativität glänzen will: Vor drei
       Jahren versuchte man, durch Pantomime den Partygästen im Kiez die
       Dringlichkeit einer Lärmreduzierung nahe zu bringen. Bekanntermaßen ohne
       Erfolg.
       
       23 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Horn
       
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