# taz.de -- die dritte meinung: Der Westen hat die Grundlage für den Angriff auf Afrin mit gelegt, sagt Elias Perabo
       
       Panzer aus deutscher Herstellung, gefahren vom türkischen Militär, rollten
       gestern durch das Zentrum von Afrin. Doch der Westen und Deutschland tragen
       nicht nur deshalb massive Mitschuld an dem Angriffskrieg der Türkei. Selbst
       die schlimmsten Kriegsverbrechen in Syrien wurden während der letzten
       sieben Jahren geduldet. Diese absolute Straffreiheit hat erst die Grundlage
       für den türkischen Krieg geschaffen. Dass Ankara ohne jede Konsequenz auf
       internationales Recht pfeifen kann, wäre auch losgelöst von den
       Veränderungen in der Türkei kaum denkbar gewesen.
       
       Doch der UN-Sicherheitsrat und die EU haben es zugelassen, dass in Syrien
       einzig das Recht des Stärkeren herrscht und internationale Konventionen
       nichts gelten. Seit sieben Jahren sieht der Westen dabei zu, wie jedes nur
       erdenkliche, aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs erwachsene UN-Abkommen
       zur Einhegung des Krieges oder zum Schutz von Zivilisten gebrochen wird.
       Belagerungen, Chemiewaffen, systematischer Bombenterror gegen zivile
       Infrastruktur wie Krankenhäuser, Massenmord in den Gefängnissen,
       Vertreibungen, geächtete Brand-, Fass-, Streubomben.
       
       Alles das blieb ohne Konsequenzen, denn Russland hielt dem Assad-Regime den
       Rücken frei, blockierte den Weltsicherheitsrat mit seinen Vetos. Das
       gegenüber der Zivilbevölkerung verstörende rücksichtslose Vorgehen des
       Westens gegen den „Islamischen Staat“ wiederum ließ dessen Kritik am
       syrischen Staatsterror hohl und opportunistisch wirken. So wurden all die
       mühsam errungenen internationalen Verträge ausgehöhlt und sinnentleert.
       
       Mittlerweile bleibt nur noch eines übrig: Retten, was noch zu retten ist.
       Dazu müsste Europa allerdings endlich und massiv das kurdische Projekt im
       Nordosten Syriens unterstützen und alles daran setzen, Kriegsverbrechen zu
       ahnden – ob in Afrin, Ghouta oder Rakka. Es liefert lieber Waffen und
       verstärkt seine Mitschuld an der weiteren Aushöhlung der internationalen
       Ordnung – mit potenziell gravierenden Folgen für uns alle.
       
       20 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elias Perabo
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA