# taz.de -- nordđŸŸthema: Kaffeetafel am Grab
       
       > Lockt nicht nur Trauergesellschaften: Das Café Fritz liegt mitten auf
       > Hamburgs grĂ¶ĂŸtem Friedhof im Stadtteil Ohlsdorf
       
 (IMG) Bild: PrÀsentiert Kuchen vom Feinsten: Abeallaziz Jaadi
       
       Von Philipp Schulte
       
       Der Wind beißt die Backen, die Ohren werden taub. Das Thermometer zeigt
       minus sechs Grad. Winter in Hamburg. Auf dem Ohlsdorfer Friedhof stehen im
       Februar die GrĂ€ber im Schnee. Doch die Sonne scheint, der grĂ¶ĂŸte
       Parkfriedhof der Welt lÀdt zum Spaziergang ein.
       
       Danach einen Kaffee oder Tee trinken, irgendwas Warmes. Das Café Fritz
       bietet sich an, es liegt auf dem FriedhofsgelÀnde. Aber trinken und lachen
       auf einem Friedhof? Kein Problem, wenn es nach dem Inhaber des Cafés,
       Michael RĂ€nsch, geht. Er und seine Frau Nicola wollen den Menschen
       AtmosphÀre verkaufen: SpaziergÀngern, die einfach so vorbeikommen, und
       natĂŒrlich den TrauergĂ€sten.
       
       Letztere seien in der Mehrzahl, sagt RĂ€nsch. Seine Stube sei spezialisiert
       auf AbschiedsempfÀnge. Vom Leichenschmaus will der 55-JÀhrige nichts
       wissen, die Bezeichnung sei unpassend. Der studierte Volkswirt und gelernte
       Koch setzt darauf, dass sein Ambiente den Leuten bessere Laune beschert.
       Wenn die GÀste vom Grab in sein Café kÀmen, seien sie zunÀchst noch
       traurig, sagt er. „Aber nach drei bis vier Minuten Ă€ndert sich das. Sie
       sitzen dann an langen Tafeln und essen Fingerfood oder etwas Deftiges. „Wir
       wollen es den Leuten so gestalten, wie der Verstorbene es am liebsten
       gewollt hĂ€tte.“
       
       Sein CafĂ© mit hohen Decken und einer großen Fensterwand sieht einladend
       aus. Auch im Winter fÀllt viel Licht herein. Und dem Besucher fÀllt als
       Erstes die Kuchenvitrine auf.
       
       Ein Konditormeister, zwei Gesellen und zwei Lehrlinge arbeiten hier. „Wir
       lieben SĂŒĂŸes“, heißt es auf der Homepage. Wenn man traurig ist, ist das gar
       nicht so schlecht. Das CafĂ© ist ungefĂ€hr so groß wie zwei TennisplĂ€tze und
       kann durch TrennwÀnde in vier RÀume mit insgesamt 185 Sitz- und 300
       StehplÀtzen geteilt werden. Auch in der angrenzenden Empfangshalle und den
       drei Feierhallen können EmpfÀnge stattfinden.
       
       An diesem Tag liegen violette Tischdecken auf den Holztischen. Orchideen
       stehen darauf. In einer Ecke sitzen die GĂ€ste auf StĂŒhlen und auf
       Ledersofas. „Wir richten aber auch alles weiß her und besorgen runde
       Tische, wenn die Leute es möchten“, sagt Michael RĂ€nsch.
       
       Als Koch setzt er auf Etageren. Von diesen können sich die GÀste kleinere
       Speisen herunternehmen. Dabei kommen die GÀste ins GesprÀch, wenn sie beim
       „ParkfrĂŒhstĂŒck“ nach KĂ€se und Butter greifen.
       
       Neben dem Brunch bietet das Café Fritz auch einen Mittagstisch an. Zwanzig
       Mitarbeiter kĂŒmmern sich um das Wohl der GĂ€ste. Dass seine Leute motiviert
       sind, findet RĂ€nsch wichtig. „Ich verbringe 30 bis 40 Prozent meiner Zeit
       mit Mitarbeitermotivation“, sagt er. Der Gastronom betreibt auch das
       Literaturhaus-Café an der Alster.
       
       Dieses besitzt er lÀnger als das Café Fritz, benannt nach dem Architekten
       Fritz Schumacher, der in den 1930er-Jahren das Ohlsdorfer Forum gleich
       nebenan entwarf. Das Friedhofs-Café, 2011 eröffnet, war ein Pilotprojekt.
       Nun ist es etabliert und – neben Berlin – das einzige Friedhofs-CafĂ© in
       Deutschland.
       
       Dabei geht es zum einen um regionale Nachhaltigkeit mit hausgemachten
       Torten und Kuchen. Zum anderen um die Frage, ob Feiern auf einem Friedhof
       funktionieren kann. Das Konzept besteht darin, alles an einem Ort zu haben:
       GrÀber, Krematorium, Leichenhallen und Gastronomie.
       
       An diesem Nachmittag ist das Café gut besucht. Im hinteren Raum sitzt eine
       Trauergesellschaft, im vorderen Bereich speisen und trinken einzelne GĂ€ste.
       Drei Lehrerinnen sind aus der Grund- und Stadtteilschule Flachsland
       Zukunftsschule Ohlsdorf gekommen. „Ich bin immer daran vorbeigefahren und
       wollte jetzt mal hin“, sagt Katherina Rojek. „Von außen wirkt das GebĂ€ude
       nicht modern, von innen aber schon.“ Auch ihre Kollegin Bianka Steffens
       findet das CafĂ© gemĂŒtlich.
       
       Dass das Fritz auf einem Friedhof liegt, stört die drei nicht. „Wenn man
       das nicht weiß, sieht man es auch nicht“, sagt Julia Gomez. Außerdem: Ihre
       Schule ist in einem ehemaligen Krematorium untergekommen.
       
       17 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Schulte
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA