# taz.de -- Niedersachsen wartet lieber ab
       
       > Die niedersächsischen Grünen wollen den Paragrafen 219a abschaffen. Die
       > Landesregierung zögert
       
       Von Andrea Scharpen
       
       Den Grünen geht es nicht schnell genug. In einem Antrag forderten sie die
       niedersächsische Landesregierung schon im Dezember dazu auf, sich im
       Bundesrat für die Abschaffung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch
       einzusetzen. Dieser stellt es unter Strafe, wenn GynäkologInnen für
       Schwangerschaftsabbrüche werben – oder auch nur ungefragt darüber
       informieren.
       
       „Der Paragraf stigmatisiert Ärztinnen und Ärzte“, sagt die grüne
       Landtagsabgeordnete Imke Byl – und er erschwere es Frauen, geeignete
       SpezialistInnen zu finden, die Schwangerschaftsabbrüche durchführten. Der
       Paragraf gehöre deshalb schnellstmöglich abgeschafft.
       
       Die Debatte über den Gesetzesteil, der noch aus der Nazizeit stammt, ist
       hochgekocht, weil die Ärztin Kristina Hänel vom Amtsgericht Gießen zu einer
       Strafe von 6.000 Euro verurteilt wurde. Der Grund dafür ist, dass sie auf
       der Webseite ihrer Praxis Schwangerschaftsabbrüche anbietet. Radikale
       AbtreibungsgegnerInnen hatten die Ärztin angezeigt. Hänel will sich weiter
       juristisch dagegen wehren.
       
       Mehrere Bundesländer, darunter auch Hamburg und Bremen, forderten im
       Bundesrat eine Abschaffung des Paragrafen 219a. Niedersachsen will jedoch
       zunächst das Gerichtsverfahren Hänels abwarten.
       
       Es müsse zudem noch geklärt werden, wie das Tatbestandsmerkmal des
       „Anbietens“ von Informationen juristisch auszulegen sei. „Eine solche
       Klärung soll zunächst abgewartet werden, bevor über ein weiteres Vorgehen
       entschieden wird“, sagt ein Sprecher des Justizministeriums.
       
       Die Grüne Byl ärgert es, dass die Landesregierung erst einmal abwarten
       möchte. Mittlerweile laufen mindestens drei weitere Ermittlungsverfahren
       gegen ÄrztInnen, die sich auf der Titelseite der taz mit Hänel
       solidarisiert und erklärt hatten, dass sie Schwangerschaftsabbrüche machen.
       Solange die Gesetzeslage bestehe, könnten weitere Anzeigen gestellt werden,
       sagt Byl. Es gebe Hinweise darauf, dass sich Abtreibungsgegner den
       Paragrafen gezielt zunutze machten.
       
       „Die Kriminalisierung der Ärztinnen und Ärzte muss beendet werden“, fordert
       auch die FDP-Fraktion mit einem Antrag. „Sie müssen ihrer
       Aufklärungspflicht gegenüber den betroffenen Frauen ungehindert nachkommen
       können.“
       
       Ein Schwangerschaftsabbruch sei für die Frauen mit Gewissenskonflikten
       verbunden, schreiben die Grünen. Umso wichtiger sei es, dass sie schnell
       und unbürokratisch ÄrztInnen fänden, die den Eingriff vornehmen. Die
       Fraktion hat eine schriftliche Anfrage dazu gestellt. Sie will wissen,
       gegen wie viele ÄrztInnen in Niedersachsen seit 2005 ermittelt wurde, die
       angeblich für Schwangerschaftsabbrüche geworben haben – und wie viele davon
       verurteilt wurden.
       
       22 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrea Scharpen
       
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