# taz.de -- Mieter kämpft gegen Immobilienriesen: „Ich musste das in die Hand nehmen“
       
       > Der Kreuzberger Mieter Florian Hille streitet sich vor Gericht mit der
       > Deutschen Wohnen – mit hohem Risiko. Am Freitag wird vor dem Amtsgericht
       > weiter verhandelt.
       
 (IMG) Bild: Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen steht schon lange in der Kritik
       
       taz: Herr Hille, wie viele andere Menschen aus der Kreuzberger
       Otto-Suhr-Siedlung haben auch Sie vor zwei Jahren eine
       Modernisierungsankündigung bekommen. Was hätten die Maßnahmen für Ihre
       Miete bedeutet? 
       
       Florian Hille: Meine Miete wäre von knapp 300 auf 450 Euro kalt gestiegen.
       Ich bin Jurist im Refendariat, da verdient man in Berlin rund 1.000 Euro
       netto – die Mieterhöhung wäre für mich also wirklich ein Problem.
       
       War das der Grund, warum Sie sich entschieden haben, juristisch gegen die
       Modernisierung vorzugehen? 
       
       Nein, oder zumindest nicht nur. Um der Mieterhöhung zu entgehen, konnte ich
       mit meinem Gehalt einen Härtefallantrag stellen, das ist der übliche Weg.
       Mir ging es um etwas anderes: Ich war überzeugt, dass eine ganze Reihe der
       angekündigten Maßnahmen nicht nur nicht sinnvoll, sondern sogar schädlich
       sind.
       
       Inwiefern? 
       
       Zum Beispiel habe ich auf Nachfrage hin erfahren, dass die Dämmung mit
       Styroporplatten gemacht werden soll, die mit einem sehr umweltschädlichen
       und gesundheitsgefährdenden Flammschutzmittel versehen sind. Das wollte ich
       nicht. Dann sind die neuen Fenster, die eingebaut werden, viel zu klein,
       die Wohnung wird dadurch dunkler. Und wegen der eingebauten Lüfter sind sie
       nicht richtig dicht – wenn es in der Nähe brennt, kann ich den Rauch nicht
       aus der Wohnung halten.
       
       Sie haben sich also für einen ungewöhnlichen Weg entschieden und nicht der
       Mieterhöhung, sondern der Modernisierung selbst widersprochen. Was ist
       dann passiert? 
       
       Die Deutsche Wohnen hat mich verklagt, und es kam zum Streit vor Gericht.
       Dort muss ich begründen, warum ich die Maßnahmen ablehne, während die
       Deutsche Wohnen mithilfe eines externen Gutachtens nachweisen will, warum
       die Maßnahmen gerechtfertigt sind.
       
       Haben Sie in dem Verfahren anwaltlichen Beistand? 
       
       Nein, zuerst habe ich mich selbst verteidigt. Mittlerweile hat sich
       allerdings ein Anwalt gemeldet, der gerne übernehmen will, und dafür war
       ich schon dankbar, denn das erspart mir einiges an Arbeit.
       
       Dass die Modernisierungsmaßnahmen der Deutschen Wohnen umstritten sind, ist
       bekannt. Warum geht kaum jemand diesen Weg und wehrt sich juristisch? 
       
       Das Problem sind vor allem die Kosten: Verliere ich, muss ich nicht nur die
       Prozesskosten tragen, sondern auch die des Gutachtens, das die Deutsche
       Wohnen in Auftrag gegeben hat – insgesamt sind das rund 5.000 Euro. Das
       schreckt ab, während solche Summe für die Deutsche Wohnen kein Problem
       sind.
       
       Ist es denn wahrscheinlich, dass Sie den Prozess verlieren? 
       
       Nein. Selbst das Gutachten der Deutsche Wohnen zeigt, dass ich etwa in der
       Fensterfrage höchstwahrscheinlich recht bekommen werde. Allerdings ist es
       so, dass der Modernisierungskatalog sehr, sehr viele Punkte umfasst; in
       allen recht zu bekommen ist quasi unmöglich. Das heißt, ich werde dann
       anteilig zahlen müssen: Wenn ich zu 40 Prozent verliere, muss ich auch 40
       Prozent der Kosten tragen.
       
       War Ihnen dieses Risiko von Anfang an bewusst? 
       
       Ja. Ich wusste, dass das ein kompliziertes Verfahren wird. Wir aus der
       Otto-Suhr-Siedlung waren gerade zu Beginn ja ziemlich alleingelassen,
       selbst der Mieterverein und die Mietergemeinschaft wollten sich nicht so
       richtig einklinken, weil ihnen das zu kompliziert war.
       
       Warum haben Sie sich trotz der Risiken dafür entschieden? 
       
       Hier in der Siedlung leben sehr viele alte Menschen und sehr viele, die die
       nur auf Deutsch geschriebenen Modernisierungsankündigungen gar nicht
       verstehen können. Das heißt, wenn das Vorgehen der Deutschen Wohnen nicht
       juristisch überprüft wird, können die teilweise einfach machen, was sie
       wollen. Es gibt hier in der Siedlung offenbar keinen anderen Juristen, der
       sich der Sache annehmen wollte. Also musste ich sie selbst in die Hand
       nehmen.
       
       Wenn Sie zumindest teilweise recht bekommen, profitieren die anderen
       Mieter? 
       
       Ja, es gibt dann eine Rechtsprechung, auf die man sich beziehen kann, was
       die Erfolgschancen für künftige juristische Auseinandersetzungen deutlich
       erhöht.
       
       Aber auf den Kosten bleiben Sie sitzen? 
       
       Hoffentlich nicht. Aus der Mieterinitiative Otto-Suhr-Siedlung kam die
       Idee, ein Crowdfunding für die Prozesskosten zu starten – es wäre natürlich
       toll, wenn da etwas zusammenkommt.
       
       25 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
       
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