# taz.de -- Professoren-Streik in Großbritannien: Stillstand an den Unis
       
       > Lehrende an Hochschulen und Unis streiken landesweit gegen eine geplante
       > Rentenreform. Manche Studierende sehen das aber kritisch.
       
 (IMG) Bild: Streik statt Seminar an der University of London
       
       London taz | Gut eingehüllt gegen die Kältefront stehen sie vor den
       Eingängen ihrer Universitäten. Sie schauen etwas ungläubig drein, es mag
       nicht das sein, was man von ihnen als Akademikern gewohnt ist, und doch
       erscheint hier und da ein triumphierendes Lächeln, wenn es einem gelingt,
       irgendjemandem eines der knallgelben Flugblätter in die Hand zu drücken.
       „Verteidigt unsere Bildung, rettet unsere Renten“, steht da drauf. Bunte
       Gewerkschaftsbanner wehen, aus manchen Ecken dröhnt HipHop oder Salsa,
       jemand bringt Tee zum Aufwärmen.
       
       Der Grund des fünftägigen Streiks an derzeit 61 Universitäten
       Großbritanniens – bald sollen es sogar 64 sein – ist eine geplante Reform
       des universitären Rentensystems. Bisher war eine garantierte spätere Rente
       integraler Bestandteil des Arbeitsvertrags; in Zukunft werden die
       eingezahlten Beiträge an der Börse eingesetzt – bei britischen
       Betriebsrenten ist das schon lange gängige Praxis. Dies, so die
       Akademikergewerkschaft UCU (University and College Union), könnte zu
       Nettoverlusten von bis zu 10.000 Pfund (11.200 Euro) im Jahr pro Person
       führen. Der Universitätsverband UUK rechnet aber mit Gewinnen und nennt als
       Grund für die Reform ein angebliches Defizit von 6,9 Milliarden Euro in
       seiner Rentenkasse.
       
       All das sei überhaupt nicht nötig, behauptet Geografiedozent James Kneale,
       der im neonfarbenen Gewerkschaftskittel vor seiner Fakultät am University
       College London steht. „Zur Rechtfertigung der Maßnahmen hat die UUK den
       schlimmsten denkbaren Fall vorausgesetzt, nämlich den Kollaps aller Unis.“
       In Wirklichkeit gebe es kein Loch in der Rentenkasse.
       
       Doch nun beginnt deswegen der größte Streik in der akademischen Geschichte
       Großbritanniens. In den meisten Unis fallen Vorlesungen, Seminare und
       Forschungsprojekte aus. Am 28. Februar wollen die Streikenden vor dem
       Parlament protestieren. Kommt keine Einigung zustande, könnte es sogar bis
       zu 14 Tage Lehrausfall geben.
       
       Derweil beklagen in Onlinepetitionen 80.000 Studierende den streikbedingten
       Verlust von Unterrichtsstunden, für die sie hohe Studiengebühren bezahlt
       haben, und fordern Geld zurück. An der Universität Manchester verlangen sie
       300 Pfund (340 Euro) Entschädigung.
       
       ## Kritik an Kommerzialisierung
       
       „Wir, die Studenten, sind Opfer des Streiks“, behauptet Antoni Krowicki,
       Chinesischstudent an der renommierten Londoner „School od Oriental and
       African Studies“ (SOAS). „Ich unterstütze die Ziele des Streiks, aber wenn
       ich nicht in die Bibliothek kann, dann werde ich für etwas bestraft, mit
       dem ich wenig zu tun habe.“
       
       Dozenten und Studierende kritisieren die zunehmende Kommerzialisierung
       akademischer Institutionen. „Ich bin seit 23 Jahren Akademiker“, erklärt
       Dozent Kneale. „Unser Gehalt hat sich lange nicht erhöht, wir müssen mehr
       und länger arbeiten, mit einer höheren Studentenzahl auskommen, während die
       Universitäten selber gut verdienen. Dass ich einmal eine gute Rente
       bekomme, war immer ein Grund, all dies in Kauf zu nehmen.“
       
       Für Kritik sorgen bei den Dozenten auch Affären wie die um die Rektorin der
       Universität von Bath, Christina Slade, die beim Eintritt in die Rente im
       vergangenen Jahr zusätzlich zu ihrem Jahresgehalt von 250.000 Pfund ein
       Abschiedsgeld von 429.000 Pfund kassierte, plus 200.000 Pfund für andere
       Dienstleistungen, insgesamt also umgerechnet über 1 Million Euro. Solche
       Direktoren tragen als Mitglieder des Universitätsverbands UUK die
       Verantwortung für die geplante Rentenreform.
       
       22 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn
       
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