# taz.de -- Reaktion auf Angriff der Türkei in Syrien: Der UN-Sicherheitsrat ist uneins
       
       > Das Gremium hat es nicht geschafft, eine gemeinsame Erklärung zu der
       > Offensive abzugeben. Gab es vor der Invasion Absprachen?
       
 (IMG) Bild: Während sich die UN in New York nicht einigen können, wird in Syrien scharf geschossen
       
       Genf taz | Der UN-Sicherheitsrat in New York hat am Montagabend über die
       militärische [1][Invasion] der Türkei gegen Kurdenmilizen im Nachbarland
       Syrien beraten. Auf eine gemeinsame Erklärung konnten sich die
       TeilnehmerInnen nicht einigen. Die Kämpfe um die Stadt Afrin dauerten auch
       in der Nacht an. VertreterInnen deutscher Oppositionsparteien kritisieren
       die türkische Militäroperation als „völkerrechtswidrig“ und fordern von
       Bundeskanzlerin Angela Merkel Aufklärung über den Einsatz deutscher Panzer
       durch die türkischen Invasionstruppen.
       
       Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan zeigte sich von jeglicher
       Kritik unbeeindruckt und erklärte, die Militäroperation werde bis zum
       Erreichen ihres erklärten Ziels, der Schaffung einer 30 Kilometer breiten
       „Sicherheitszone“ südlich der syrisch-türkischen Grenze fortgesetzt. „Afrin
       wird abgeschlossen. Es gibt keinen Schritt zurück aus Afrin“, sagte er in
       Ankara.
       
       Der Sicherheitsrat konnte sich bei seinen von Frankreich beantragten
       Beratungen nicht auf eine Resolution und noch nicht einmal auf eine
       gemeinsame Erklärung zu der türkischen Militäroperation einigen.
       SitzungsteilnehmerInnen äußersten gegenüber der taz, dass von den fünf
       ständigen, vetoberechtigten Ratsmitgliedern lediglich Frankreich für eine
       gemeinsame Erklärung plädierte, dafür aber keine Unterstützung von
       Russland, China und Großbritannien erhielt. Die UN-Botschafterin der USA,
       Nikki Haley nahm überhaupt nicht an der Sitzung teil.
       
       Die Militäraktion sei „natürlich Teil der Diskussion gewesen“, erklärte der
       französische UN-Botschafter François Delattre im Anschluss an die
       Beratungen. „Der Ruf nach Zurückhaltung wurde, glaube ich, in der
       Diskussion weitgehend geteilt.“
       
       Bereits vor der türkischen Militäroperation war geplant gewesen, dass der
       UN-Sicherheitsrat einen Bericht des UN-Nothilfekoordinators Mark Lowcock
       über die humanitäre Lage in Syrien anhören würde. Auf Antrag Frankreichs
       wurden die türkische Invasion in Afrin und die Offensive syrischer
       Regierungstruppen in Idlib sowie in Ost-Ghouta nahe der Hauptstadt Damaskus
       zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt.
       
       Delattre verwies auf die „tragische humanitäre Situation, verursacht durch
       die Operationen des syrischen Regimes und seiner Verbündeten“ vor allem in
       Idlib und Ost-Ghouta. Die Lage in Afrin sei nur ein Aspekt „der Situation
       in Syrien“. „Oberste Priorität“ müsse weiterhin der Kampf gegen den
       Terrorismus und vor allem gegen den IS haben.
       
       Die Vorfälle im Sicherheitsrat erweckten bei Beobachtern den Verdacht, dass
       es vor Beginn der türkischen Militäroperation zumindest zwischen den
       Regierungen in Ankara und Moskau eine Absprache gab, an der möglicherweise
       auch Washington beteiligt war: Russland signalisiert der Türkei freie Hand
       für die Militäroperation gegen die syrischen Kurdenmilizen. Im Gegenzug
       billigt Ankara die von Russland unterstützte Offensive der syrischen
       Regierungstruppen gegen die bislang von Ankara unterstützten islamistischen
       Rebellen in der Provinz Idlib.
       
       ## Kritik von der Opposition
       
       Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff äußerte indirekt den Verdacht,
       dass auch die Bundesregierung Ankara im Vorfeld grünes Licht für die
       Militäroperation signalisiert habe, zumindest für den Einsatz [2][deutscher
       Panzer]. Gegenüber der Heilbronner Stimme erklärte der Vizefraktionschef
       der FDP: „Ich stelle mir die Frage, ob sich der türkische Außenminister
       Çavuşoğlu bei seinem Besuch in Goslar bei Außenminister Sigmar Gabriel eine
       Art Stillhaltezusage abgeholt hat.“ Lambsdorff betonte, die „Invasion der
       Türkei“ sei „völkerrechtlich durch nichts legitimiert“. Es gebe „kein
       Mandat der Vereinten Nationen und es handele sich auch nicht um
       Selbstverteidigung. Alle Staaten sollten die Türkei zur Beendigung der
       Aktion aufrufen und sie auffordern, stattdessen an einer politischen Lösung
       mitzuarbeiten.
       
       Die Linke pochte auf eine Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela
       Merkel (CDU) in der kommenden Woche. Angesichts des Einmarschs türkischer
       Streitkräfte in die kurdische Region Afrin müsse Merkel ihre Türkei-Politik
       erklären, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte der
       Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
       
       Auch die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger übte scharfe Kritik
       am mutmaßlichen Einsatz von deutschen Panzern. „Der sofortige Stopp aller
       Rüstungsexporte in die Türkei ist längst überfällig. Das gilt auch für die
       von der türkischen Regierung geforderte Aufrüstung der Leopard-2-Panzer“,
       sagte Brugger der Heilbronner Stimme. Die Politik von Kanzlerin Merkel und
       Außenminister Sigmar Gabriel gegenüber Präsident Erdoğan sei „desaströs
       gescheitert“.
       
       23 Jan 2018
       
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