# taz.de -- „Sexarbeit ist wirklich Arbeit“
       
       > 2007 nahm Lady Velvet Steel erstmals eine Peitsche für Geld in der Hand.
       > Heute verrät sie Subtilitäten ihrer Arbeit als Domina
       
       Interview João da Mata
       
       taz am wochenende: Frau Freymadl, welche Fähigkeiten brauchen Sie bei Ihrer
       Arbeit als Domina? 
       
       Fabienne Freymadl:Als Domina muss ich in kürzester Zeit einen Sinn für die
       Menschen entwickeln und mich dabei auf meine Intuition verlassen. Empathie-
       und Kommunikationfähigkeit sind also ein inhärenter Teil meiner Arbeit.
       Außerdem muss ich etwas von Psychologie, Sexualität und Gesprächsführung
       verstehen, um einen Raum zu schaffen, in dem sich Menschen mir öffnen
       können. Auch die Dinge, die Leute nicht sagen wollen, muss ich spüren
       können. Und man muss sich auch in Anatomie und Hygiene weiterbilden.
       
       Was lernen Sie dadurch über unsere Gesellschaft? 
       
       Ich lerne viel über ihr Bild der Sexualität. Das scheint mir ein sehr
       trauriges zu sein. Mir begegnen oft Menschen, die sich mir gegenüber das
       erste Mal öffnen – obwohl sie teilweise in langjährigen Beziehungen sind.
       Sie verraten mir, dass sie seit ihrer Kindheit eine Neigung haben, die sie
       sich nie getraut haben auszuleben. Viele sind seit zehn oder zwanzig Jahren
       verheiratet und können sich ihrem Partner gegenüber nicht öffnen, da sie
       denken, dass das zu schlimmen Gesprächen führen könnte. Oft beginnt nach
       Abschluss eines Lebensabschnittes eine Art sexuelle Renaissance: Sie fangen
       an, sich mit einem anderen Teil ihrer Sexualität auseinanderzusetzen und
       kommen dann zu mir.
       
       Wie hängen Arbeit und Befriedigung bei Ihnen miteinander zusammen? 
       
       Genuss und Befriedigung haben viel mit meiner Arbeit zu tun. Das ist für
       mich nicht nur Geld. Natürlich ist es schön, Geld dafür zu bekommen – und
       das auch nicht zu knapp. Aber ich hatte schon andere Jobs, die gut bezahlt
       wurden und bei denen jeder Tag die Hölle war. Es ist für mich ein Genuss,
       nach einer anstrengenden dreistündigen Session von der Person, für die ich
       das inszeniert habe, zu hören: „Wow, das war unglaublich!“ Aus der sehr
       intimen Arbeit, die ich leiste, kann ich viel mitnehmen.
       
       Am 1. Juni 2017 tritt das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Wie sehen
       Sie diese Neuerung? 
       
       Ich sehe das Gesetz nicht als Schutz, sondern als etwas sehr Schlechtes für
       die Branche. Es schafft in erster Linie eine Zweiklassengesellschaft der
       Sexarbeit. Da haben wir auf der einen Seite die, die sich registrieren
       lassen können und auch müssen. Und auf der anderen die, die das aus
       diversen Gründen nicht können oder dürfen. Sie müssen dann trotzdem illegal
       arbeiten und sind vielen Formen der Gewalt ausgesetzt.
       
       Wie wollen Sie am liebsten arbeiten? 
       
       Sexarbeit ist tatsächlich Arbeit. Auch wenn wir mit Intimität, Erotik und
       Genuss arbeiten, steckt dahinter unglaublich viel Wissen, Fähigkeit und
       Aufwand. Ich wünsche mir, dass diese Seite der Sexarbeit mehr anerkannt
       wird. Es gibt nichts Erniedrigenderes, als wenn ein Kunde sagt: „Warum soll
       ich denn dafür bezahlen? Du hattest doch auch Spaß.“ Ja, ich habe Spaß,
       aber ich habe auch einen Dienst geleistet. Außerdem sollten wir den Begriff
       „Arbeit“ von „Überleben“ loslösen. Ich glaube nicht an diese calvinistische
       Einstellung, dass Arbeit Lebenssinn und Lebenszweck ist. Ora et labora?
       Damit stimme ich nicht überein. Arbeit ist auch etwas, das der Mensch zur
       Sinnstiftung braucht.
       
       Fabienne Freymadl wird als Lady Velvet Steel auf dem taz lab Auskunft zu
       Ihren persönlichen und politischen Sexfragen geben.
       
       20 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Joao da Mata
       
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