# taz.de -- Algen im Hafenbecken von Friedrichskoog: Pension Algenblick
       
       > 2015 schloss das Land den Hafen in Friedrichskoog. Nun wachsen Algen im
       > Becken – wie erwartet. Der grüne Tümpel vertreibe Urlaubsgäste,
       > befürchten die Bewohner.
       
 (IMG) Bild: Zieht im großen Stil Algen an: Der Hafen von Friedrichskoog
       
       NEUMÜNSTER taz | Grüne Brühe schwappt in dem Betonbecken, das früher der
       Hafen von Friedrichskoog war. Sogar in der kühlen Jahreszeit sind die Algen
       zu sehen, im Sommer blüht ein ganzer Teppich – kein schöner Anblick.
       
       Das sei bei der Schließung des Hafens zu erwarten gewesen, heißt es in
       Friedrichskoog. Ein örtlicher Physiker wirft den Fachleuten im Ministerium
       vor, sie hätten mit falschen Prognosen gearbeitet. Das Umweltministerium
       wiegelt ab: An der Algenblüte sei die Landwirtschaft Schuld, und immerhin
       stinke das Becken nicht.
       
       „Physikalisch ist die Qualität in Ordnung, aber für Urlauber ist die Optik
       entscheidend“, sagt Roland Geiger, Bürgermeister des Örtchens an der
       Nordseeküste im äußersten Süden Schleswig-Holsteins. „Also kämpfen wir für
       eine Lösung, die das Wasser auch sauber aussehen lässt.“ Früher lebte das
       Dorf von seinem Hafen: Es gab eine Werft, mehrere Krabbenkutter fuhren von
       hier auf See. Die maritime Stimmung zog TouristInnen an.
       
       Alles vorbei, seit das Land im Juli 2015 gegen die Proteste der
       FriedrichskoogerInnen den Betrieb stilllegte und den Zugang zur Nordsee
       sperrte. Es werde einen Ausgleich geben, hieß es damals, unter anderem eine
       Seehundsstation soll Gäste anziehen. Aber wer macht Urlaub an einem
       Algen-Tümpel? Der Physiker Elmar Blatt lebt seit einigen Jahren im Örtchen
       und sagt: „Ich bin unter anderem wegen des Hafens hingezogen.“Für ihn gibt
       es eine plausible Lösung: Das Becken muss wieder Zufluss von Salzwasser
       bekommen.
       
       Zurzeit pumpt ein Schöpfwerk Wasser, das aus mehreren Sielen in den Hafen
       fließt, in Richtung Nordsee ab, ein Rückfluss fehlt aber. Blatt schlägt ein
       Schott vor, durch das Schmutz und Algen ausgespült werden. Das Land hatte
       vor der Schließung argumentiert, es werde eine „Versüßung“ eintreten, das
       Becken wandele sich also zu einem Süßwasserteich, in dem sich Tiere und
       Pflanzen ansiedeln.
       
       Ein entsprechendes Papier des Umweltministeriums von 2014 spielte auch bei
       den Gerichtsverfahren eine Rolle, die die Gemeinde gegen das Land führte,
       um die Schließung zu verhindern. Die Verfahren endeten zugunsten des
       Landes.
       
       „Die damalige Prognose war Kaffeesatzleserei“, sagt Physiker Blatt. Es sei
       schwer zu glauben, dass die Fachleute sich so irren konnten. Stattdessen
       erzähle das Gutachten die „Mär von der Aussüßung“, gegen dieses „Phantom“
       hätte die Gemeinde in ihren Prozessen gekämpft. Tatsächlich bestätigt das
       Ministerium auf Anfrage, die Aussüßung sei zwar „nicht in dem erwarteten
       Umfang eingetreten“, doch sei die Hauptsorge der Gemeinde, dass es zu
       „Geruchbelästigungen“ kommen könnte, nicht eingetreten – nun sei die als
       „optische Beeinträchtigung empfundenen Verfärbung“ in den Vordergrund
       gerückt.
       
       Das Land wird den Deich nicht erneut durch ein Siel zu öffnen, denn damit
       wären die Probleme wieder da, wegen derer der Hafen geschlossen wurde: Die
       alte Fahrrinne würde versanden und müsste ausgebaggert werden, zudem
       bestehe Gefahr für den Deich, heißt es in Antworten des Ministeriums.
       
       ## Gesucht: Eine Lösung für die Zukunft
       
       Für Bürgermeister Geiger ist inzwischen die Frage nach alten Gutachten
       nicht mehr wichtig, er will eine Lösung für die Zukunft finden. Denkbar
       wäre es, Sauerstoff ins Becken zu blasen – ähnlich wie durch die Fontäne
       auf der Hamburger Binnenalster. Aber auch hier ist das Land zögerlich. Es
       würden „unter Beteiligung der Gemeinde Maßnahmen entwickeln, mit denen der
       Nährstoffeintrag aus dem überwiegend landwirtschaftlich genutzten
       Einzugsgebiet verringert werden kann“. Auch wenn das Wasser
       Süßwasserqualität bekommen, habe dies „keinen Einfluss auf das
       Algenwachstum“.
       
       Dass das Becken eines Tages ein Süßwasser-Teich wird, sei undenkbar, sagte
       Bürgermeister Geiger: „Hier in der Gegend ist das Grundwasser salzig.“
       Tatsächlich gebe es sogar Vorteile eines gewissen Salz-Anteils: „Das hält
       die Mücken fern.“ Aber mit dem Algenbecken in der Ortsmitte will sich die
       Gemeinde nicht abfinden: „Wir kämpfen weiter“, ist die Ansage.
       
       23 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schleswig-Holstein
       
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