# taz.de -- nordđŸŸthema: Einhörner gehen immer
       
       > Wer ein Notfallgehirn, eine aufziehbare Oma oder den
       > Kim-Jong-Un-Radiergummi sucht, ist hier richtig: bei „Lindli“, Hamburgs
       > „Laden fĂŒr Geschenke und Scherzartikel“
       
 (IMG) Bild: Ein Mann, kugelbehangen wie ein Weihnachtsbaum: „Lindli“-Chef Michael Lohmann
       
       Von Anna Gröhn
       
       Kleine grelle LÀmpchen erhellen den langen Raum, von der Decke hÀngen
       Mobiles mit silbernen Steinen und bunte Christbaumkugeln. Ein kleines
       MĂ€dchen steht an einem der vielen Holzregale, in der Hand ein pinkfarbenes
       KĂ€stchen, das zwei Glupschaugen zieren. „Was ist das denn?“, fragt sie ihre
       Mutter mit großen Augen. „Das sind Wackelaugen“, antwortet die. „Und was
       kann man mit denen machen?“ Die Mutter zuckt mit den Schultern.
       
       Bei „Lindli“ gibt es alles, was die Welt nicht braucht. So lautet der
       Slogan des Ladens in Hamburg-Ottensen. Denn hier gibt es Antworten auf die
       Frage: Was schenkt man jemandem, der schon alles hat? Ein Notfallgehirn aus
       Schokolade zum Beispiel. Oder eine aufblasbare Gitarre. Wahlweise auch ein
       Diktator-Radiergummi: Kim Jong Un in Miniaturform und knallrot. „Mit dem
       kann man alles wegradieren, was einem nicht gefĂ€llt“, sagt Inhaber Michael
       Lohmann und lacht. Seit den 1990er-Jahren verkauft der 55-JĂ€hrige hier
       kuriose Geschenk- und Scherzartikel.
       
       UrsprĂŒnglich gehörte Lindli seiner guten Freundin Linda, der Namensgeberin
       des Ladens, die immer noch regelmĂ€ĂŸig aushilft. Anfangs gab es vor allem
       Dekoration zu kaufen, Kerzen oder Bilderrahmen. Das war 1991. Lohmann
       studierte Soziologie, nebenbei arbeitete er hier; acht Jahre spÀter
       ĂŒbernahm er den Laden. Seitdem ist er tĂ€glich hier. „Manchmal bin ich
       natĂŒrlich nicht hier, da mache ich BĂŒrosachen und so was“, sagt er.
       
       Mittlerweile gibt es bei Lindli vor allem Spaßartikel zu kaufen. Das habe
       sich mit den Jahren so entwickelt. „Ich habe eine tiefe Begeisterung fĂŒr
       spielerische Sachen, und die fĂ€llt hier natĂŒrlich auf fruchtbaren Boden“,
       sagt Michael Lohmann. Jeden der rund 800 Artikel im Sortiment habe er
       selbst ausgesucht und ausprobiert. Oft bestelle er einfach lustige Sachen,
       die er in Katalogen oder auf Internetseiten finde. „Ich kaufe die aus
       Neugierde. Das ist sehr spannend fĂŒr mich“, sagt er. „Manchmal ist es
       nĂ€mlich nicht so, wie ich es mir vorstelle.“
       
       Die Ware kommt meist aus China
       
       Oft kÀmen aber auch HÀndler vorbei und stellten ihre Produkte vor.
       Besonders originelle nehme er dann ins Sortiment auf. Die meisten HĂ€ndler
       hĂ€tten ihren Sitz in Deutschland, auch einige Produkte wĂŒrden hier
       hergestellt. Vorwiegend sei die Ware jedoch in China produziert. Was in den
       Laden komme, entscheide aber nicht zuletzt die Kundschaft. Michael Lohmann
       redet viel mit seinen Kunden. So erfÀhrt er, was aktuell gefragt ist.
       
       Eine Àltere Frau geht zur Kasse und legt eine Maultrommel auf die Theke.
       „Schön, dass man dieses traditionelle Instrument noch bekommt“, sagt sie
       und lĂ€chelt. „Die kenne ich noch aus meiner Kindheit“, entgegnet Lohmann.
       Dann wickelt er die Maultrommel sorgfÀltig in Packpapier. WÀhrenddessen
       schaut sich die Dame weiter im Laden um, in einem der hinteren Regale
       entdeckt sie den „Anti-Stress-Trump“: „Wenn du Stress hast, box mich“ steht
       auf dem marineblauen Anzug des US-PrĂ€sidenten aus PlĂŒsch. Mit einer flotten
       Handbewegung folgt die Dame der Anweisung. Prompt stĂ¶ĂŸt der PlĂŒsch-Trump
       einen schrillen Schrei aus.
       
       Scherzartikel mit StaatsoberhÀuptern kÀmen besonders gut an, erzÀhlt
       Lohmann. „Das Tyrannen-Quartett zum Beispiel verkaufe ich schon seit
       gefĂŒhlt zehn Jahren, und das lĂ€uft nach wie vor.“ Genauso wie die
       aufziehbaren Omas, mit denen man Rollator-Rennen spielen kann. „Das ist
       zwar ein bisschen makaber, die sind aber sehr beliebt.“
       
       Dann zeigt Lohmann auf eine Duschhaube mit einem bunten Horn vorne drauf
       und sagt: „Einhörner gehen auch immer.“ Anderes – wie die kleinen
       RoboterkĂ€fer – komme weniger gut an. „Dabei sind die gar nicht so
       schlecht“, sagt er. Eine Zeitlang habe er die viel verkauft, das Interesse
       der Kunden habe vor rund drei Jahren aber abrupt nachgelassen. „Da habe ich
       gedacht, ich befeuere das jetzt wieder ein bisschen“, sagt Michael Lohmann.
       Vor Kurzem hat er eine ganze Charge RoboterkÀfer bestellt.
       
       Lohmann selbst hat eine Vorliebe fĂŒr die sogenannten „Labertiere“, die
       alles wiederholen, was man spricht. „Das finde ich ganz schön lustig“, sagt
       er und lacht. Flugs gackert ihm eines der „Labertiere“ – Modell Schaf –
       nach. Das ist natĂŒrlich nicht jedermanns Humor. „Es gibt Leute, die kommen
       hier rein und drehen sich gleich wieder um“, erzĂ€hlt Michael Lohmann. „Aber
       meistens sind die Leute ganz nett und gut drauf.“ Viele hielten sich lange
       im Laden auf, manchmal bis zu einer Stunde „Die verlieren sich hier
       richtig.“ Andere wiederum seien von der großen Auswahl abgeschreckt.
       
       Anfangs ein Stadtteilladen
       
       FrĂŒher sei kaum jemand nach Altona oder Ottensen gekommen, und Lindli war
       eher ein Stadtteilladen. Nun kÀmen immer mehr Touristen und Leute aus
       anderen Vierteln. „Altona und Ottensen sind jetzt beliebt geworden“, sagt
       Michael Lohmann. Zunehmend eröffneten neue GeschĂ€fte wie der „Mein
       SchnĂ€ppchen Markt“ gegenĂŒber oder der Ein-Euro-Shop nebenan. Da muss
       Lohmann mithalten. „Ich versuche momentan, das Spieleangebot zu erweitern“,
       sagt er. Insgesamt allerdings verkauften sich seine Scherzartikel weniger
       gut als vor fĂŒnf Jahren, „man kann nur mutmaßen, woran das liegt“. In
       Zukunft möchte Lohmann seine Artikel auch in einem Online-Shop anbieten.
       
       Vor dem PostkartenstÀnder steht jetzt ein Mann, Mitte 40, Schnurrbart und
       Brille. Er nimmt eine Postkarte nach der anderen in die Hand. Beim Lesen
       stĂ¶ĂŸt er jedes Mal ein Grunzen aus. „Hier wird viel gelacht“, sagt Michael
       Lohmann. „Das ist der kostenlose Lachladen“, fĂŒgt Linda hinzu. Dann greift
       sie zu einem weißen Handspiegel, der jeden auslacht, der hineinblickt.
       Flugs dröhnt grölendes GelÀchter durch den Raum.
       
       „Lindli“, Bahrenfelder Straße 129, Hamburg; www.lindli.de
       
       9 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Gröhn
       
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