# taz.de -- Journalisten freigelassen
       
       > Im türkischen Verfahren gegen die kurdische Zeitung „Özgür Gündem“ sind
       > zwei Angeklagte freigekommen – der Prozess geht jedoch weiter
       
       Von Dilek Şen
       
       Im Prozess gegen die Mitarbeiter der kurdischen Tageszeitung Özgür Gündem
       sind zwei Angeklagte am Dienstag in Istanbul freigelassen worden. İnan
       Kızılkaya und Kemal Sancılı können nun nach 440 beziehungsweise 301 Tagen
       das Gefängnis verlassen – freigesprochen sind sie aber nicht, das Verfahren
       läuft noch. Damit sind alle der insgesamt neun Angeklagten in diesem
       Prozess auf freiem Fuß. Auch das Verfahren gegen die älteste Zeitung der
       Türkei, Cumhuriyet, ging am Dienstag im selben Justizpalast in Çağlayan,
       Istanbul, weiter.
       
       Die Zeitung Özgür Gündem hat Erfahrung mit Repression: 1994 wurde sie zum
       ersten Mal geschlossen, bis 2011 erschien sie immer wieder unter anderen
       Namen. Nach dem versuchten Putsch im Juli 2016 wurden neun
       Redaktionsmitglieder, Manager und Autoren verhaftet. Auch die prominenten
       Schriftstellerinnen Aslı Erdoğan und Necmiye Alpay sind in diesem Prozess
       angeklagt.
       
       Der Vorwurf an die Redaktion von Özgür Gündemlautet: „Bedrohung der Einheit
       des Staates und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation.“ In seiner
       Verteidigung sagte İnan Kızılkaya: „Das Schlimmste ist nicht meine
       Inhaftierung, sondern dass meine Zeitung geschlossen wurde.“ Rechtsanwalt
       Özcan Kılıç erklärte nach der Freilassung: „Mein Mandant wurde wegen seiner
       journalistischen Arbeit verhaftet, nicht, weil er irgendwelche Verbindungen
       zu terroristischen Organisationen hätte. Es geht um Pressefreiheit.“
       
       Der mittlerweile vierte Verhandlungstag im Prozess gegen die Mitarbeiter
       von Cumhuriyet brachte bis Redaktionsschluss am Nachmittag kein Ergebnis.
       Vor Gericht standen der Journalist Ahmet Şık, Chefredakteur Murat Sabuncu,
       Vorstand Akın Atalay und Buchhalter Emre İper. Der Staatsanwalt forderte
       die Fortsetzung ihrer Haft. Insgesamt 17 Mitarbeitern der Zeitung wird
       vorgeworfen, „Straftaten im Namen einer Terrororganisation und gegen die
       verfassungsrechtliche Grundordnung“ begangen zu haben.
       
       Ahmet Şık sagte vor Gericht: „Sie suchen in unseren Artikeln nach einer
       Terrororganisation. Die Organisation befindet sich in diesem Gebäude, in
       der Gestalt von Richtern und Staatsanwälten.“ Cumhuriyet-Chefredakteur
       Murat Sabuncu fragte: „Sollen wir unseren Beruf von den Staatsanwälten
       lernen?“ Seine Rede beendete er in Anlehnung an Sokrates’Verteidigung: „Es
       ist Zeit, sich zu trennen. Ich gehe in meine Zelle nach Silivri und ihr
       geht eure Leben weiterführen. Was davon besser ist, wird die Geschichte
       zeigen.“
       
       1 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dilek Şen
       
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