# taz.de -- Libanon wieder ohne Regierung: Saad Hariri wirft das Handtuch
       
       > Der Hintergrund der jüngsten politischen Krise in Beirut ist der Streit
       > zwischen Iran und Saudi-Arabien um die regionale Vormacht.
       
 (IMG) Bild: Gute Freunde: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (r.) und der libanesische Politiker Saad Hariri am 30. Oktober in Riad
       
       Die Nachricht kam aus heiterem Himmel – möglicherweise sogar im wörtlichen
       Sinne. Unterwegs nach Saudi-Arabien, wo er vergangene Woche bereits
       Kronprinz Mohammed bin Salman getroffen hatte, gab Libanons Regierungschef
       Saad Hariri am Samstag dem Kabinett in Beirut seinen Rücktritt bekannt.
       Nach seiner Ankunft in der saudischen Hauptstadt Riad wetterte er in einer
       Fernsehansprache gegen den Iran und die schiitische Hisbollah-Miliz.
       
       „Das Böse, das der Iran in der Region verbreitet, wird nach hinten
       losgehen“, sagte Hariri laut der Nachrichtenagentur Associated Press und
       fügte hinzu, dass sein Leben bedroht sei. In den Libanon wird er jetzt
       nicht zurückkehren.
       
       Hariri erinnerte an seinen Vater, der im Jahr 2005 bei einem Anschlag
       getötet wurde. Dafür müssen sich mehrere Vertreter der Hisbollah vor dem
       Libanon-Tribunal im niederländischen Den Haag verantworten. Der Anschlag
       auf Rafik Hariri, bei dem 22 weitere Menschen starben, destabilisierte den
       Libanon und führte zum Abzug der syrischen Truppen aus dem Land.
       
       Saudische Regierungsvertreter stellten sich am Wochenende hinter Hariri und
       sagten, die persönliche Sicherheit des libanesischen Ministerpräsidenten
       sei potentiell gefährdet.
       
       ## Die Spaltung des Landes konnte Hariri nicht verhindern
       
       Das iranische Außenministerium wies Saad Hariris Vorwurf zurück, der Iran
       habe im Libanon einen „Staat im Staat“ geschaffen. „Die Wiederholung der
       unbegründeten Anschuldigungen“ gegen den Iran zeige, dass Hariris Rücktritt
       „Teil eines neuen Szenarios ist, um Spannungen im Libanon und in der Region
       zu schüren,“ sagte Außenamtssprecher Bahran Ghassemi in Teheran.
       
       Saad Hariri war seit Ende 2016 – nach einem Machtvakuum von 29 Monaten –
       Ministerpräsident einer Regierung der Nationalen Einheit. Die Spaltung des
       Landes konnte er jedoch nicht überwinden. Dem politischen Lager Hariris
       steht das der Hisbollah gegenüber.
       
       Bei seiner Amtsübernahme hatte Hariri versprochen, er werde das Land vor
       den negativen Folge der „syrischen Krise“ schützen. Im Libanon mit seinen
       über sechs Million Einwohnern leben mehr als eine Million Flüchtlinge aus
       Syrien. Wiederholt kam es zu Anschlägen und bewaffneten
       Auseinandersetzungen, vor allem in den Gebieten nahe der Grenze zu Syrien.
       Doch nun, so scheint es, hat ihn eben jene Krise eingeholt.
       
       Hisbollah ist mit dem Iran verbündet und unterstützt wie dieser den
       syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, während Hariri über sehr gute
       Beziehungen zu Saudi-Arabien verfügt. Beide Staaten rivalisieren in der
       Region um die Vormachtstellung.
       
       ## Ein möglicher Ablass des Rücktritts
       
       Einen Hinweis auf einen möglichen Anlass des Rücktritts gab am Sonntag der
       maronitische Abgeordnete Antoine Zahra gegenüber der Zeitung Annahar. Er
       verwies auf Teheran und sagte, der eigentliche Anlass für den Rücktritt sei
       eine Erklärung des iranischen Beraters für Internationale Politik, Ali
       Akbar Velayati, gewesen. Dieser habe behauptet, „der
       syrisch-libanesisch-irakische Sieg gegen die Terroristen ist ein Sieg für
       die Achse des Widerstands“. Letzteres ist eine Formulierung, die auch
       Hisbollah verwendet. Die Einbeziehung des Libanon in die „iranische Achse“
       ohne Absprache mit der Regierung sei ein schweres Vergehen.
       
       Angesichts dieser Konfliktlinien meldeten sich am Wochenende auch besorgte
       Stimmen zu Wort. So nannte der Politikwissenschaftler Hilal Chaschan von
       der Amerikanischen Universität Beirut gegenüber der Nachrichtenagentur afp
       Hariris Rücktritt eine „gefährliche Entscheidung, deren Folgen schwerer
       sein werden, als es der Libanon verkraften kann. Unter Verweise auf die
       militärische Vorrangstellung der Hisbollah im Libanon fügte Chaschan
       hinzu, „Hariri hat einen kalten Krieg gestartet, der zum Bürgerkrieg
       eskalieren könnte.“
       
       5 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Seel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Libanon
 (DIR) Saad Hariri
 (DIR) Hisbollah
 (DIR) Saad Hariri
 (DIR) Libanon
 (DIR) Saudi-Arabien
 (DIR) Saudi-Arabien
 (DIR) Saudi-Arabien
 (DIR) Goethe-Institut
 (DIR) Libanon
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Regierungskrise im Libanon: Erste Zeichen der Entspannung
       
       Vor einer Woche trat Ex-Ministerpräsident Saad Hariri zurück. Nun hält er
       sich die Option offen, auf seinen Posten zurückzukehren.
       
 (DIR) Rivalität zwischen Saudi-Arabien und Iran: Neue Front im Libanon
       
       Libanons Premier Hariri ist verschwunden. Steckt Saudi-Arabiens Konflikt
       mit dem Iran dahinter? Der Skandal hat enormes Eskalationspotenzial.
       
 (DIR) Reaktionen auf saudische Festnahmen: Trump begrüßt Vorgehen
       
       Nach der Festnahmewelle in Saudi-Arabien hat sich US-Präsident Donald Trump
       demonstrativ hinter das Königshaus gestellt.
       
 (DIR) Kommentar Machtkampf in Saudi-Arabien: Gefährliches Spiel
       
       Rüstet sich der Kronprinz gegen den Erzrivalen Iran? Die Flucht des
       libanesischen Ministerpräsidenten Hariri nach Saudi-Arabien spricht dafür.
       
 (DIR) Machtkampf in der Familie Saud: Der Prinz, der die Regeln bricht
       
       Er ist jung, draufgängerisch – und lässt einflussreiche Politiker
       verhaften. Die Folgen für Kronprinz Mohammed bin Salman dürften dramatisch
       sein.
       
 (DIR) Goethe-Institut im Libanon: Staub, ein Flüchtlingslager, eine Feier
       
       Zur Wiedereröffnung des Goethe-Instituts Beirut machte der Berliner
       Pop-Art-Künstler Jim Avignon einen Graffiti-Workshop im Camp Yehya in der
       Bekaa-Ebene.
       
 (DIR) Kommentar Libanons neue Regierung: Patentrezept auf dem Prüfstand
       
       Ministerpräsident Saad Hariris Ziele sind hohe: Er will den Libanon
       stabilisieren. Doch das politische System scheint nicht dafür geschaffen.
       
 (DIR) Sondertribunal Libanon: Hariri-Mord sorgt für neue Spannungen
       
       Der Chefankläger des Hariri-Tribunals übergibt seine Anklageschrift. Alle
       nehmen an, dass Hisbollah für die Tat veranwtortlich gemacht wird. In
       Beirut brodelt die Gerüchteküche.