# taz.de -- Brettspiel „Pandemic Legacy 2“: Gemeinsam gegen den Untergang
       
       > „Pandemic Legacy“ gilt unter Spielefans als das beste Spiel der Welt. Nun
       > erscheint die zweite Folge des Kooperationsspiels.
       
 (IMG) Bild: In „Pandemic Legacy 2“ droht die komplette Menschheit unterzugehen
       
       Es sind 71 Jahre vergangen, seit eine kleine Gruppe von Mediziner*innen,
       Forscher*innen, und Logistiker*innen die Welt vor einer katastrophalen
       Seuche bewahrten. Erfolgreich scheinen sie nicht gewesen zu sein, denn es
       ist 71 Jahre nach dem Zusammenbruch. Die globale Welt, wie wir sie kennen,
       existiert nicht mehr. Die Menschen leben auf schwimmenden Plattformen im
       Atlantik und in wenigen Städten an den Küsten. Ein Großteil der Weltkarte
       ist schwarz: Was dort passiert, ist (noch) unbekannt. Selbst dort sind die
       Reste der Menschheit nicht sicher, es mangelt an Vorräten und die Krankheit
       droht immer wieder auszubrechen.
       
       So beginnt das Brettspiel „Pandemic Legacy 2“, das am Mittwoch erscheint
       und [1][ab Donnerstag auf der Spielemesse in Essen ausgestellt wird].
       Wieder schlüpfen die Spieler*innen in Rollen verschiedener Berufsgruppen
       und versuchen gemeinsam, die Menschheit vor dem Untergang zu bewahren. Die
       Zufluchtsorte der Menschen müssen versorgt werden, Ausbrüche der Krankheit
       müssen verhindert werden. Und vielleicht gelingt es ja auch, die Welt
       wieder neu zu entdecken – die weltweite Zivilisation wiederherzustellen.
       Wenn das „Pandemic Legacy 2“ auch nur annähernd so gut sein will wie sein
       Vorgänger, hat es Großes vor: [2][„Pandemic Legacy“ gilt unter
       Brettspielfans als das beste Spiel der Welt.]
       
       „Pandemic“ entwickelte mit zwei wichtigen Neuerungen die Brettspielwelt
       weiter: Kooperation statt Wettkampf, es wird miteinander nicht
       gegeneinander gespielt. Bei der ersten Version von „Pandemic Legacy“ wurde
       dann das Erzählen einer Geschichte über mehrere Spielpartien eingeführt.
       Die Spieler*innen spielen gemeinsam gegen das Spiel, dass durch ein
       ausgefeiltes System von Ereigniskarten ihnen das Leben schwer macht. Was
       sie tun, wirkt sich nicht nur auf dieses Spiel aus, sondern auf alle
       weiteren. Jede Partie spielt in einem Monat des Jahres, jeden Monat kommen
       neue Spielfiguren und Regeln hinzu. Zugleich können die Spieler*innen
       einige erreichte Vorteile mit ins nächste Spiel mitnehmen, müssen damit
       aber auch Nachteile permanent machen.
       
       Mit den Entwicklungen sind „Pandemic“-Autor Matt Leacock und seine Spiele
       wohl so wichtig und bahnbrechend für die Welt der Brettspiele wie einst
       [3][Klaus Teuber mit „Die Siedler von Catan“]. Mit dem Erfolg von „Catan“
       wurden Standards gesetzt: KeinE Spieler*in durfte vorzeitig ausscheiden,
       wie bei Monopoly; das Spiel endete in einer begrenzten Zeit, anders als
       beispielsweise bei Risiko; das veränderbare Brett sorgte für immer neue
       Spielszenarien, anders als bei klassischen Spielen wie Schach; und bis zum
       Ende blieb offen, wer das Spiel gewinnen würde. All das hatte Teuber mit
       „Catan“ nicht erfunden, doch danach gab es kein Zurück mehr. Wo Teuber
       Standards setzte, popularisierte Leacock wichtige Innovationen.
       
       ## Die Entwicklung des Spiels
       
       Dabei hat der 44-Jährige weder Kooperationsspiele noch Legacy-Spiele
       erfunden. Er selbst sagt, dass ihn Reiner Knizias Kooperationsspiel „Der
       Herr der Ringe“ aus dem Jahr 2000 inspirierte, in dem Spieler*innen je
       einen Hobbit spielen und versuchen, den Ring von Sauron zu zerstören. „Als
       ich das mit Freund*innen spielte, bekamen wir Angst“, [4][sagte Leacock zum
       Guardian]. „Es gab Selbstopfer. Es gab alle mögliche Höhe- und Tiefpunkte.
       Am Ende fühlten sich alle gut, egal ob sie gewonnen oder verloren hatten.
       Ich wollte sehen, ob ich so etwas auch machen konnte.“
       
       Es dauerte noch sieben Jahre, [5][bevor die erste Version von „Pandemic“
       auf den Markt kam]. Leacock, der damals noch als Softwareentwickler
       arbeitete, entwickelte das Spiel drei Jahre lang, bevor er es an einen
       Verlag gab. Im Spiel versuchen zwei bis vier Spieler*innen gemeinsam vier
       verschiedene Krankheiten auszurotten, während diese an zahlreichen
       verschiedenen Orten der Welt ausbricht. Die Spieler*innen wählen selbst
       ihre Spielstärke, aber das Spiel passt sich auch mit mehreren ausgefeilten
       Mechaniken der Spieler*innenzahl an. Leacock, der vor allem
       Kooperationsspiele entwickelt hat, [6][vergleicht das gerne mit
       Programmieren]: „Man muss sich einen Gegner ausdenken, der den
       Spieler*innen gerecht wird, aber man hat nur Karten und Pappe. Ich mag
       diese Herausforderung, eine künstliche Intelligenz zu entwickeln, die nur
       aus Papier besteht.“
       
       ## Das Spielprinzip
       
       Das Spielprinzip hat Leacock dann weiterentwickelt, in „Die verbotene
       Insel“ müssen Spieler*innen Schätze von einer Insel bergen, bevor sie im
       Wasser versinkt; in „Die vergessene Stadt“ müssen sie aus einer Wüste
       entkommen, bevor sie vom Wüstensand begraben werden. Krankheitsausbrüche,
       steigender Wasserspiegel, zunehmender Wüstensand sind jeweils die
       „künstliche Intelligenz“, von der Leacock spricht. Die Feinde sind nicht an
       sich Böse, sondern Naturgewalten, die eine Gefahr für Menschen darstellen,
       und dennoch ist der Sieg gegen sie befriedigend. Die Held*innen von
       Leacocks Spielen sind auch oft aus untypischen Berufsgruppen: Sanitäter,
       Krisenmanager, Archäologen, Taucher.
       
       Um gegen das Spiel anzukommen, müssen Spieler*innen anders miteinander
       umgehen als in anderen Brettspielen, in denen sie in Konkurrenz zueinander
       stehen. Das bedeutet: viel miteinander sprechen, Aufgaben nach Stärken der
       einzelnen Figuren aufzuteilen, zu koordinieren, zu versuchen, die
       Fähigkeiten der Figuren miteinander zu kombinieren.
       
       Oft bedeutet das aber auch: dass viel gerechnet werden muss, um zu schauen,
       welche Züge am erfolgreichsten sein werden, und manchmal dominieren
       besonders gute Einzelspieler*innen das gesamte Spiel, weisen alle anderen
       an, spielen im Prinzip allein. Und dennoch: Wenn am Ende das Spiel in
       letzter Sekunde gewonnen wird, ist das Gefühl der Erleichterung
       allgegenwärtig.
       
       ## Die zentrale Neuheit
       
       Die zentrale Neuheit bei den Legacy-Versionen ist, dass das Spiel nicht
       nach einer Partie endet, dass einige Spielstände in die nächste Partie
       mitgenommen werden können und meistens neue Regeln – und damit auch neues
       Material – ins Spiel kommen. Zugleich entwickelt sich zwischen den zwölf
       Monaten die Geschichte des Spielszenarios weiter. Anders als herkömmliche
       Brettspiele hat „Pandemic Legacy“ nicht nur einen kleinen Erzählbogen in
       jeder Partie, sondern auch einen großen für das gesamte Spiel. Und s[7][o
       gibt es auch hier das Phänomen „Spoiler“] aus der Roman-, Film- und
       Fernsehwelt: Spannende Wendungen können nicht besprochen werden.
       
       Vielleicht so viel: Was sich im Spiel verändert, fühlt sich permanent an.
       Die Eigenschaften von Spielfiguren werden aufgeklebt, auf dem Brett werden
       Veränderungen mit Aufklebern festgehalten, und Karten, die nicht mehr
       gebraucht werden, werden zerrissen. Einmal ausgespielt, kann man es nicht
       noch mal spielen. Genial an „Pandemic Legacy“ ist aber, dass das Spiel es
       nun auch schafft, sich der Spielstärke der Spieler*innengruppe anzupassen.
       Nach jeder Partie wird es schwerer oder leichter, je nachdem, ob die
       Spieler*innen gewonnen haben oder die Partie wiederholen müssen.
       
       Und das ist es vielleicht, was Leacocks Erbe für die Brettspielwelt sein
       wird: Die Entwicklung von dynamischen Programmen aus Papier, die
       unaufdringlich und elegant sind und es zugleich schaffen, große Emotionen
       in einer Spielrunde auszulösen.
       
       26 Oct 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!1697736/
 (DIR) [2] https://arstechnica.com/gaming/2016/03/pandemic-legacy-is-the-best-board-game-ever-but-is-it-fun/
 (DIR) [3] /!5047260/
 (DIR) [4] https://www.theguardian.com/technology/2016/sep/25/board-games-back-tabletop-gaming-boom-pandemic-flash-point
 (DIR) [5] /!5288892/
 (DIR) [6] https://www.youtube.com/watch?v=3ImtNBKiz3s
 (DIR) [7] /!5365231
       
       ## AUTOREN
       
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