# taz.de -- die nachricht: Türkei: Steudtner soll Terroristen unterstützt haben
       
       > Laut Anwälten legt die Staatsanwaltschaft keinerlei Beweise oder
       > Anhaltspunkte für kriminelle Aktivitäten des inhaftierten deutschen
       > Menschenrechtsaktivisten vor
       
       Das Neue 
       
       Sonntagabend berichteten deutsche und türkische Medien erstmals über die
       Anklageschrift, die dem seit 5. Juli vergangenen Jahres in der Türkei
       inhaftierten Berliner Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner und 11
       weiteren Aktivisten vorwirft, „Unterstützer einer bewaffneten
       Terrororganisation“ zu sein.
       
       Steudtner, dem mit festgenommenen schwedischen Staatsbürger Ali Ghravi und
       den meisten anderen angeklagten türkischen Aktivisten wird vorgeworfen,
       Unterstützer der PKK, der Gülen-Bewegung und der linksextremen DHKP-C zu
       sein. Der Amnesty-International-Mitarbeiter Taner Kilic soll sogar Mitglied
       dieser Organisationen sein. Dementsprechend unterscheiden sich die
       möglichen Haftstrafen: von 7,5 Jahren bis zu 15 Jahren.
       
       Der Kontext 
       
       Mit Steudtner und Ghravi wurden vor drei Monaten auf der Insel Büyükada
       acht weitere Menschenrechtler inhaftiert, darunter die Leiterin von Amnesty
       International Türkei, İdil Eser, und ihre Kollegen Veli Acu und Taner
       Kılıç. Drei der Aktivisten wurden freigelassen, sind aber weiterhin
       angeklagt.
       
       Steudtner hielt sich wegen eines Seminars zu IT-Sicherheit auf der Insel
       nahe Istanbul auf, als er festgenommen wurde. Grund war die Aussage eines
       „anonymen Zeugen“. Dieser entpuppte sich später als der Dolmetscher Ahmet
       Tunç, der das Seminar begleitet hatte.
       
       Am 9. Juli berichtete Tunç, dass Steudtner während des Seminars erläutert
       habe, wie man „seine Daten sichert, verschlüsselt und seine Daten und
       Datenträger vor den Zugriffen der Polizei sichert“. Steudtner habe sich
       besorgt gezeigt, seine Daten könnten türkischen Sicherheitskräften in die
       Hände fallen, wird der Dolmetscher in der Anklageschrift zitiert. Der
       Staatsanwalt, der diese verfasst hat, ist Can Tuncay, der auch für die
       Anklageschrift gegen die Publizisten Mehmet und Ahmet Altan verantwortlich
       ist.
       
       Die Teilnehmer*innen des Büyükada-Seminars, so die Anklage, hätten sich so
       verhalten, wie es „den Geheimhaltungsregeln der Terrororganisationen“
       entspreche. Steudtners Anwältin Deniz Bayram glaubt jedoch, dass Steudtner
       mit diesen Vorwürfen nur deshalb konfrontiert werde, „weil er ein führender
       Experte auf dem Gebiet der Datensicherung ist“. Auf Anfrage der taz
       erklärt Bayram: „Es gibt in der Anklageschrift keinerlei konkreten
       Begründungen für den Vorwurf, eine Terrororganisation zu unterstützen“.
       Dort finden sich lediglich so abstruse Vorwürfe wie: „Zur Veranstaltung
       wurde nicht über die sozialen Medien geladen.“
       
       Die Reaktionen 
       
       Nach der Verkündung der Anklage erklärte Außenminister Sigmar Gabriel:
       „Die Forderung nach bis zu 15 Jahren Haft ist für uns vollkommen
       unverständlich und nicht akzeptabel.“ Natürlich habe die Bundesregierung
       umgehend die türkische Regierung kontaktiert. Der Vorsitzende der Grünen,
       Cem Özdemir, zeigte sich ebenfalls entsetzt. Die Vorwürfe an Steudtner
       seien „an Absurdität kaum zu übertreffen“, sagte er der Bild. Ein weiterer
       Anwalt Steudtners, Alp Tekin Ocak, sagte der taz, dass „die Inhaftierung
       Steudtners nur als Rechtsverletzung gesehen werden und die unrechtmäßige
       Haft nur mit einer sofortigen Freilassung beendet werden könne“.
       
       Die Konsequenz 
       
       Steudtner hat laut seinen Anwältin immer wieder Probleme in seiner
       Untersuchungshaft, da der ihm zur Seite gestellte Dolmetscher schlechte
       Arbeit mache. Auch bei den ärztlichen Untersuchungen komme es immer wieder
       zur Verständigungsschwierigkeiten. Hinzu komme, dass er mit den Anwälten
       nicht vertraulich sprechen könne, da die Gespräche aufgezeichnet würden.
       Zudem gebe es keinen regelmäßigen Kontakt mit seiner Familie.
       
       Seine seelische Verfassung sei gut, so die Anwälte weiter. Er habe im
       Gefängnis am Berlin-Marathon teilgenommen, indem er im Innenhof einer Zelle
       1.500 Runden gelaufen sei. Über die Anklageschrift hat er bisher noch nicht
       mit seinen Anwälten sprechen können, da seine wöchentliche Sprechzeit immer
       nur donnerstags für rund eine Stunde ist. Sein Anwältin Deniz Bayram
       rechnet mit einer baldigen Bekanntgabe des Termins für die Verhandlung.
       
       Ali Celikkan
       
       10 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ali Celikkan
       
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