# taz.de -- „Hochbunker“ wird Leuchtturm
       
       > Großprojekt Nach jahrelangen Querelen ist der Vierte Pavillon des
       > Saarlandmuseums fertig. Die Geschichte des Prestigebaus ähnelt jener der
       > Hamburger Elbphilharmonie
       
 (IMG) Bild: Nur die Beschriftung soll an die Debatten über den „Skandalbau“ erinnern: Museumsansicht
       
       von Jörg Fischer
       
       „Und wann gehst du nach Berlin, um den Bau des Großflughafens zu managen?“
       Das werde Saarlands Kulturminister Ulrich Commerçon jetzt scherzhaft
       gefragt, sagt seine Frau. Aus seiner Erleichterung über das Ende der
       Querelen um die Erweiterung der Modernen Galerie des Saarlandmuseums macht
       der SPD-Politiker keinen Hehl.
       
       Der Vierte Pavillon ist nach mehr als acht Jahren nach Grundsteinlegung
       jetzt endlich fertig, am 18. November soll er offiziell eröffnet werden.
       Als Commerçon vor fünf Jahren das Amt von seinen drei CDU-Vorgängern
       übernahm – und damit auch das „völlig verfahrene Bauprojekt“ –, herrschte
       Baustopp für den „Skandalbau“.
       
       Der Vierte Pavillon ist ein Beispiel dafür, wie die Kosten öffentlicher
       Großprojekte immer weiter steigen. „Offensichtlich wurden die Kostenangaben
       bewusst niedrig gehalten, um bei den Gremien und der Stiftung
       (Saarländischer Kulturbesitz) eine Freigabe für die Umsetzung der
       Neubaumaßnahme zu erreichen“, kritisierte schon 2011 der
       Landesrechnungshof.
       
       2009 hatte die damalige Kulturministerin und jetzige Ministerpräsidentin
       Annegret Kramp-Karrenbauer die Kosten auf 14,5 Millionen Euro beziffert,
       obwohl sie schon damals auf weit mehr als das doppelte geschätzt worden
       sein sollen. Im Vergleich zur Kostenexplosion beim BER-Flughafen oder bei
       der Hamburger Elbphilharmonie muten weniger als 40 Millionen Euro
       bescheiden an. Sie wiegen für das kleine und hochverschuldete Saarland aber
       nicht minder schwer.
       
       Das Hamburger Projekt verschlang über 800 Millionen Euro, für den Berliner
       Großflughafen wird der Steuerzahler nach letzten Schätzungen mit über 5,3
       Milliarden Euro zur Kasse gebeten. Die Affäre um den Museumsneubau ist der
       wohl größte Bauskandal im Saarland seit Kriegsende. Kramp-Karrenbauer
       räumte ein, in ihrer Zeit als Kulturministerin Fehler gemacht zu haben,
       weil sie die Kosten für das von ihrem Vorgänger Jürgen Schreier übernommene
       Projekt nicht genauer beziffert habe. Sie sah sich aber nicht zum Rücktritt
       genötigt. Zwei Landtaguntersuchungsausschüsse versuchten den politisch
       Verantwortlichen für das Desaster zu ermitteln – vergeblich. Auch der
       zweite Ausschuss konnte den in seinem im Februar vorgelegten
       Abschlussbericht nicht benennen.
       
       Dem langjährigen Museumsdirektor Ralph Melcher (2003 bis 2011) kostete das
       Projekt seinen Job und wohl auch eine glänzende Karriere. Es brachte ihm
       auch eine Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe wegen Vorteilannahme
       ein. Er hatte mehrfach fürstlich mit dem Projektentwickler Gerd Marx
       gespeist. Melcher selbst sieht sich indes als „Bauernopfer“. Er habe
       allenfalls naiv gehandelt.
       
       2012 stand der Museumsneubau gerade mal im Rohbau. Der unansehnliche
       Betonklotz, für den eine der wenigen Grünflächen im Herzen der Stadt
       geopfert worden war, wurde im Volksmund schon mal „Betonbunker“ getauft.
       Fast vier Jahre Baustopp folgten. Im April 2016 wurde die Neue Galerie
       insgesamt geschlossen, um weiterbauen zu können.
       
       Jetzt scheinen die Querelen fast vergessen. „Die zeitgenössische Kunst
       kommt auf ideale Weise zur Geltung und Entfaltung“, freut sich Melchers
       Nachfolger als Museumsdirektor, Roland Mönig. Für Mönig haben die
       Bauverzögerungen und Umplanungen auch ihr Gutes. Denn alles sei jetzt noch
       viel durchdachter und zeitgemäßer geworden.
       
       Die drei unter Denkmalschutz stehenden Pavillons ducken sich versteckt in
       die Saaraue. Die von dem saarländischen Architekten Hanns Schönecker
       konzipierten Waschbetonbauten stammen aus den 60er und 70er Jahren. Damals
       galt ein noch ganz anderes Museumskonzept, das längst nicht mehr den
       Ansprüchen vieler Besucher an eine moderne Präsentation der immer größer
       gewordenen Kunstwerke und Installationen genügte. Acht bis zu 25 Meter hohe
       Räume bieten jetzt 1.500 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche, über
       einen „spiralförmigen Parcours“ über vier Geschosse soll den Besuchern
       zeitgenössische Kunst großzügig präsentiert werden. Und im Erdgeschoss
       wurden von Tageslicht durchflutete Werkstätten für die Restauratoren
       geschaffen.
       
       Das hat natürlich seinen Preis. Im Gegensatz zu den tiefer gelegenen alten
       Pavillons prägt das neue Gebäude die Sicht von der Innenstadt. Die
       kritischen Stimmen sind indes verstummt. Ein Ziel der Umplanung – die
       Verschränkung mit dem Stadtraum – scheint geglückt. Der Konzeptkünstler
       Michael Riedel hat die Verschalung mit dem Vorplatz als ein einheitliches
       4.000-Quadratmeter-Kunstwerk geschaffen. Die Fassade aus
       Beton-/Zementplatten verschmilzt sozusagen zu einem Campus mit der
       benachbarten Hochschule für Musik und soll zu einem Ort der Begegnung
       werden.
       
       Auch wenn die hell- und dunkelgrauen Platten etwas monoton wirken:
       Aufgelockert wird das Ganze durch schwarze Schrift – Auszüge aus einer der
       zahlreichen Landtagsdebatten über den „Skandalbau“. Die Beschriftung wurde
       mit einem Zwei-Komponenten-Polyurethan-Lack in fünf Schichten aufgetragen.
       Hohe UV-, Wetter-, Wasser- und Temperaturbeständigkeit sowie
       Trittfestigkeit ist versprochen.
       
       Die Beschriftung dürfte das Einzige sein, was noch an die Querelen der
       Vergangenheit erinnert. Kulturminister Commerçon ist auch stolz darauf,
       dass die zuletzt genannten Baukosten von 39 Millionen Euro all inclusive
       auf jeden Fall eingehalten werden. Vielleicht werden es sogar eine Million
       Euro weniger, die vorsichtshalber für „Risiken“ eingeplant wurden, aber
       jetzt vielleicht gar nicht gebraucht werden.
       
       Zur Wiedereröffnung der Modernen Galerie mit ihrem Vierten Pavillon sollen
       erst mal Werke aus dem eigenen Bestand geholt sowie Werke von Michael
       Riedel und Installationen der Amerikanerin Pea White gezeigt werden. Mit
       größeren Ausstellungen müssen sich die Besucher noch bis nächstes Jahr
       gedulden. Losgehen soll es im März mit einer Ausstellung grafischer
       Arbeiten von Malern der „Brücke“, Höhepunkt soll im September eine Schau
       zum deutschen Impressionisten Max Slevogt werden.
       
       Seine Bilder sollen in Beziehung zu Meisterwerken der französischen Malerei
       des 19. Jahrhunderts gesetzt werden. Dann sind auch Leihgaben anderer
       Museen mit Bildern von Delacroix, Manet, Renoir und Cézanne an der Saar zu
       sehen.
       
       Commerçon will zwar den Vertrag mit Direktor Mönig verlängern. Er habe
       Mönig aber ins Gewissen geredet. Das Programm müsse „ambitionierter“, Mönig
       „mutiger“ werden, betont der Kultusminister. Nicht zuletzt bietet sich mit
       dem großzügigen Vierten Pavillon die Chance, das Saarland-Museum in der
       deutschen Museumslandschaft auch wegen seines Programms wieder mehr ins
       Gespräch zu bringen und mehr Kunstliebhaber ins Saarland zu locken.
       
       23 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Fischer
       
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