# taz.de -- Verfassungskrise in Venezuela: Widerstand aus dem Parlament
       
       > Die Kongressabgeordneten widersetzen sich der verfassunggebenden
       > Versammlung. Die versucht, alle Macht in den eigenen Händen zu
       > konzentrieren.
       
 (IMG) Bild: Blick in den entmachteten Kongress
       
       Caracas rtr/dpa | In Venezuela spitzt sich der Konflikt zwischen dem von
       der Opposition beherrschten Parlament und der neuen Verfassungsversammlung
       zu. Die Mehrheit der 2015 gewählten Kongressabgeordneten weisen am Samstag
       ein Recht der Verfassungsversammlung zum Erlassen von Gesetzen zurück.
       „Dies ist ein Parlament im Widerstand gegen eine bewaffnete Militärdiktatur
       (…), die sich militärisch das genommen hat, was sie mit Wählerstimmen nicht
       erreichen konnte“, erklärte der stellvertretende Parlamentspräsident Freddy
       Guevara am Samstag während einer Sondersitzung des Kongresses.
       
       Das Parlament war zusammengetreten, nachdem sich die verfassunggebende
       Versammlung am Freitag selbst das Recht erteilt hatte, Gesetze zu erlassen.
       Die Kongressabgeordneten sehen darin einen Winkelzug von Präsident Nicolas
       Maduro, um das Parlament weiter zu entmachten. Auch mehrere
       südamerikanische Staaten kritisierten das Vorgehen der
       Verfassungsversammlung.
       
       In Gegenwart der Botschafter Deutschlands, Italiens, Chiles, Polen und
       Großbritanniens versicherte Guevara, das Parlament werde ungeachtet der
       Entscheidungen der Verfassungsversammlung weiter arbeiten. Die
       Kongressabgeordneten beschlossen Ermittlungen gegen die 545 Mitglieder der
       Verfassungsversammlung, denen sie Machtmissbrauch vorwerfen.
       
       Unterdessen ist die nach einem wochenlangen Machtkampf mit Präsident Maduro
       abgesetzte Generalstaatsanwältin Luisa Ortega nach Kolumbien geflohen.
       Ortega landete am Freitag gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Abgeordneten
       Germán Ferrer, in Bogotá. Sie war zunächst per Boot zur Karibikinsel Aruba
       gelangt und von dort in einem Privatflugzeug nach Kolumbien geflogen.
       Ortega wirft Maduro vor, Venezuela zu einer Diktatur umzubauen. Auf
       Betreiben des Staatschefs war sie abgesetzt worden, Geheimdienstagenten
       durchsuchten ihre Wohnung.
       
       Lange Zeit gehörte Ortega selbst zur Nomenklatur im sozialistischen
       Venezuela und trug die Regierungspolitik mit. Sie brach erst mit Maduro,
       als der Oberste Gerichtshof im März dem Parlament vorübergehend wichtige
       Kompetenzen entzog. Als der Präsident eine verfassunggebende Versammlung
       bilden und die Abgeordneten endgültig entmachten ließ, überwarf sie sich
       vollends mit der Regierung.
       
       Ortega wirft Maduro vor, das Erbe des verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez
       zu beschmutzen, der in Venezuela und über die Landesgrenzen hinaus noch
       immer von vielen Menschen verehrt wird. Maduro hingegen sieht in der
       rebellischen Staatsanwältin eine Verräterin. Die Verfassungsversammlung
       erklärte sie zur „Staatsfeindin Nummer eins“, fror ihre Konten ein und
       verbot ihr, das Land zu verlassen.
       
       Darüber hat sich Ortega nun hinweggesetzt. Sie könnte Maduro auch aus der
       Ferne noch gefährlich werden. In einer Grußbotschaft an eine Konferenz von
       Staatsanwälten in Mexiko warf sie dem Präsidenten vor, Schmiergeld des
       brasilianischen Konzerns Odebrecht angenommen zu haben.
       
       20 Aug 2017
       
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