# taz.de -- Kicken gegen Krieg und Terror
       
       > Fußball Am Wochenende trafen sich 24 Fußballmannschaften afghanischer
       > Flüchtlinge aus ganz Deutschland zum Turnier in Berlin. Welches Team am
       > Ende gewann, war gar nicht so wichtig. Denn gekickt wird vor allem gegen
       > die Angst vor Abschiebung
       
 (IMG) Bild: Spieler aus ganz Deutschland trafen sich am Wochenende beim Fußballturnier afghanischer Flüchtlinge in Berlin
       
       Von Mortaza Rahimi
       
       Der Schiedsrichter pfeift, und damit beginnt am Samstagvormittag in
       Reinickendorf nicht nur ein Fußballspiel, sondern das erste afghanische
       Fußballturnier in Berlin. 24 Mannschaften, alle bestehend aus Geflüchteten
       aus Afghanistan, kamen dafür aus ganz Deutschland nach Berlin.
       
       Das Motto des Turniers lautet: Sport für den Frieden. Denn die überwiegend
       jungen Fußballer, die hier zusammengekommen sind, sind vor Krieg und Terror
       nach Deutschland geflohen. Sie wollen mit ihrem sportlichen Engagement
       deshalb auch zeigen, dass sie gegen Krieg und Terror sind.
       
       Die Spiele finden auf dem Vereinsgelände des BFC Alemannia 1890 statt – aus
       Platzmangel je zwei Spiele parallel. Veranstalter des Turniers ist der neu
       gegründete Sportverein Stern, entstanden aus drei afghanischen
       Fußballmannschaften aus Berlin: Itehad-Berlin, Azadi und Yaaran. Aufgrund
       der Abschiebepolitik der Bundesregierung litten viele der mehreren Tausend
       in Berlin lebenden Afghanen sehr unter der ständigen Angst, abgeschoben zu
       werden, erklärt Soltan Akbari, einer der Organisatoren: „Das Turnier hilft
       ihnen, zumindest ein Wochenende lang diese Angst und Sorgen vergessen zu
       können.“
       
       Ahmad Jawad, der mit seiner Mannschaft aus Wolfsburg gekommen ist,
       bestätigt das. Fußball sei seine einzige Zuflucht vor der Angst, in das von
       Gewalt erschütterte Afghanistan zurückkehren zu müssen. Jawad lebt derzeit
       mit einer Aufenthaltsgestattung in Deutschland. Er wartet noch auf die
       Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flucht (Bamf) über seinen
       Asylantrag und damit seine Zukunft.
       
       ## Tor zum deutschen Fußball
       
       Manche der teilnehmenden Mannschaften bestehen bereits seit Jahren – wie
       Itehad-Berlin, die erste afghanische Mannschaft, die in der Berlinliga
       spielt. Itehad wurde vor vier Jahren ins Leben gerufen, Gründer und Trainer
       ist der 24-jährige Soltan Akbari.
       
       Er ist vor acht Jahren nach Deutschland gekommen und lebt seitdem in
       Berlin. Hier besucht er die Schule und arbeitet als Dolmetscher für das
       Berliner Flüchtlingsamt. Wenn er im nächsten Jahr sein Abitur bestanden
       hat, würde er sich gern bei der Polizei bewerben, sagt Akbari. Dann
       bräuchte er spätestens am Ende der Ausbildung die deutsche
       Staatsbürgerschaft. Bislang hat Akbari nur einen drei Jahre gültigen
       Aufenthaltstitel.
       
       Fußball sei „sein großes Hobby“, sagt Akbari. Seine ganze Freizeit steckt
       er in die Mannschaft. Das Turnier ist für ihn dabei mehr als eine
       Zusammenkunft afghanischer Spieler aus Deutschland: Akbari will mit dem
       Turnier auch Talente erkennen, denen er helfen will, in der deutschen
       Fußballwelt Fuß zu fassen.
       
       Itehad Berlin kickt beim BFC Alemannia 1890. Der Nordberliner Verein
       unterstützt die afghanische Mannschaft seit einem Jahr und stellt sein
       Spielfeld und Spielmaterial zur Verfügung. Und mittlerweile spielen auch
       einige ehemalige Itehad-Spieler bei deutschen Mannschaften mit: etwa der
       21-jährige Mehdi Rahimi (21), der seit einem Monat bei der zweiten
       Mannschaft des CS Gatow kickt.
       
       ## Unter den Taliban verboten
       
       In Afghanistan ist Fußball zwar populär, aber nicht sehr verbreitet. Unter
       der Herrschaft der Taliban war das Spiel verboten. Mittlerweile gibt es
       eine afghanische Fußballnationalmannschaft und auch eine Fußballliga. Die
       Roshan Afghan Premier League wurde 2012 gegründet. Seitdem spielen dort
       jedes Jahr acht Mannschaften aus acht verschiedenen Regionen Afghanistans
       gegeneinander. In der Weltrangliste des internationalen Fußballverbandes
       Fifa steht Afghanistan auf Platz 155 – von 206.
       
       Während das Heimatland der Spieler von gewaltsamen Konflikten zerrissen
       wird, die zum Teil auch religiöse und ethnische Ursprünge haben, spielen
       solche Unterschiede in den afghanischen Mannschaften in Deutschland keine
       Rolle.
       
       In den 24 Mannschaften des Turniers spielten Flüchtlinge aus allen
       ethnischen Gruppen Afghanistans gemeinsam. Über soziale Medien sind die
       Afghanen wie viele Geflüchtete gut untereinander vernetzt, so entstand auch
       der Kontakt der Fußballmannschaften. Turniere wie das in Berlin gab es
       zuvor bereits auch in anderen Bundesländern. „Sport kann auch Frieden
       bringen“, sagt Akbari.
       
       Neben dem Sport ist bei dem Turnier deshalb auch das Zusammensein wichtig.
       Ihr erstes Turnier in Berlin haben die afghanischen Fußballer selbst
       organisiert und finanziert, eine öffentliche Förderung dafür gab es nicht.
       Die Teilnahmegebühr von 50 Euro pro Mannschaft ist die einzige
       Finanzquelle.
       
       Die Gäste wohnen während des Turniers in privaten Wohnungen von in Berlin
       lebenden Spielern. Und am Rande der Spiele feiern die Sportler mit Tanz und
       Musik. Afghanische Trachten und Volkstänze tauchen das Spielfeld des
       Vereins Alemannia 1890 an diesem Wochenende in afghanische Stimmung.
       
       ## Frauen dürfen zuschauen
       
       Obwohl es in Afghanistan – wo Frauen, anders als etwa im Iran, auch den
       Spielen der Männer zusehen dürfen – mittlerweile eine weibliche
       Fußballnationalmannschaft gibt, waren die Turnierspiele in Berlin
       männlichen Spielern vorbehalten. Frauen gab es aber unter den rund 50
       ZuschauerInnen des Turniers.
       
       Am Ende des zweiten Turniertags am Sonntag siegte die Mannschaft des AFG
       Bremen. Auf dem zweiten Platz landete Persian Hamburg, Wahdat Dortmund
       wurde Dritter. Doch das war gar nicht so wichtig. Wichtiger war den
       Siegern, noch einmal gemeinsam ihr Anliegen zu formulieren: „Schluss mit
       Waffen, Terror, Krieg und dem Töten Unschuldiger!“, riefen die Gewinner
       gemeinsam zum Schluss des Turniers.
       
       8 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mortaza Rahimi
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA