# taz.de -- taz. thema : Planen ist das halbe Leben
       
       > Praktisch In Freiwilligendiensten kann man wertvolle Erfahrungen sammeln.
       > Viele junge Menschen gehen in den sozialen oder ökologischen Bereich.
       > Doch auch in Kultur, Politik und Sport gibt es Möglichkeiten
       
 (IMG) Bild: Krabbenfang im Nationalpark im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahrs
       
       Von Christine Berger
       
       Jule ist in Eile. Schnell noch den Veranstaltungsplan ausdrucken, dann ab
       zur Produktionssitzung. In der oberen Etage des Gemeindesaals St.
       Elisabeth in Berlin trifft sich einmal wöchentlich das Team vom Kultur Büro
       Elisabeth, um die Arbeit der kommenden Woche zu besprechen. Es geht um
       Stühle, Podeste, wann wo Licht und Ton benötigt wird, das Catering und
       vieles mehr.
       
       Der Gemeinde- und der Kirchensaal von St. Elisabeth werden fast täglich für
       Veranstaltungen gebucht, im Kultur Büro laufen die Fäden dafür zusammen,
       aber auch eigene Konzerte oder Empfänge werden hier geplant – eine
       logistische Herausforderung, der sich das sechsköpfige Team täglich immer
       wieder neu stellt. „Als ich beim ersten Produktionstreffen dabei war, hat
       mir der Kopf geraucht“, erzählt die 18-jährige Jule, die beim Kultur Büro
       ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) Kultur absolviert. Jetzt ist das Jahr
       fast um, und sie schreibt das Sitzungsprotokoll ohne groß nachzufragen.
       
       Als es um die Optimierung der Excel-Tabellen mit den Veranstaltungsterminen
       geht, wirft sie ein, dass das doch bitte in die Team- und nicht in die
       Produktionssitzung gehöre. Die anderen stimmen zu. „Ich habe hier eine
       Menge gelernt, Buchhaltung, Rechnungen schreiben, Verträge aufsetzen“,
       erklärt sie später, als sie wieder im Büro sitzt. Die Altbauetage in der
       Invalidenstraße ist gepflastert mit Veranstaltungsplakaten, Flyern und dem
       monatlichen Programmkalender. Worauf sie besonders stolz ist: Den
       Neujahrsempfang der Gemeinde am Weinberg, dessen Büro nebenan ist, hat sie
       von hier aus ganz allein gemanagt – Essen, Technik, Bestuhlung, Aufbau,
       Abrechnungen und Verträge. „Das Tolle ist, wenn du über zwei Monate auf
       etwas hinarbeitest und dann wird daraus etwas. Das ist ein
       Erfolgserlebnis“, beschreibt sie die Höhepunkte ihrer Arbeit im Kultur
       Büro.
       
       Für das Freiwillige Soziale Jahr im Kulturbereich hat sie sich eher aus der
       Not heraus entschieden. „Ich war beim Abitur erst 17 und habe mich noch zu
       jung gefühlt, um gleich zu studieren“, erinnert sie sich. Also hat sie sich
       bei der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Berlin e. V. für ein FSJ
       angemeldet. Der Träger hat ihr den Platz im Kultur Büro vermittelt. Ein
       Freiwilliges Jahr im sozialen oder ökologischen Bereich, wie es bis 2001
       nur möglich war, hätte sie nicht interessiert. Dort absolviert immer noch
       ein Großteil der Freiwilligen einen Dienst in einer von 35.000 Stellen.
       Jule ist deutschlandweit eine von 2.000 jungen Freiwilligen, die sich
       jenseits des Sozialen in Kultur, Politik oder Sport einen Platz gesucht
       haben, um ein Jahr lang im Rahmen des FSJ in einer gemeinnützigen
       Einrichtung zu assistieren und zu lernen.
       
       „Ein Vorteil ist, dass Freiwillige länger bleiben und nicht wie
       Praktikanten, kaum dass sie eingearbeitet sind, schon wieder gehen“,
       beschreibt Thekla Wolff, Jules Chefin, die Arbeitgeberseite. Jule ist
       bereits die dritte Freiwillige in der gemeinnützigen GmbH. Gesetzlich
       festgelegte Qualitätsstandards sorgen dafür, dass die jungen Erwachsenen
       nicht als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden, unter anderem sind sie
       sozialversichert, bekommen ein Taschengeld und besuchen mehrmals im Jahr
       Weiterbildungen. Dabei lernen sie auch andere Jugendliche aus ähnlichen
       Projekten kennen.
       
       Genau das hat Jule bewogen, nun doch an ihren ursprünglichen Plänen,
       Architektin zu werden, festzuhalten. „Ich habe bei einem FSJ-Seminar eine
       Studentin getroffen, die von ihrem Architekturstudium erzählt hat, und
       danach war mir klar, dass ich an ihre Fachhochschule gehen will“,
       beschreibt sie den Entscheidungsprozess. Die Arbeit im Kulturbereich
       empfindet sie durchaus als hilfreich im Hinblick auf ihre Zukunftspläne.
       „Hier ging es ja vor allem ums Planen und Projekte zum Abschluss bringen,
       und das ist ja auch die Hauptarbeit im Architekturbüro.“
       
       Weil sich auch immer mehr Ältere für einen Freiwilligendienst
       interessieren, etwa um Arbeitserfahrung und Referenzen zu sammeln, wurde
       2011 der Bundesfreiwilligendienst ins Leben gerufen, der auch Menschen
       jenseits der 27 Jahre die Gelegenheit gibt, sich gesellschaftlich zu
       engagieren. Insgesamt leisten bundesweit derzeit rund 100.000 Freiwillige
       einen Bundesfreiwilligendienst, ein FSJ oder ein FÖJ (Freiwilliges
       Ökologisches Jahr). Auch im Ausland kann man das FSJ absolvieren. Größter
       Anbieter der Freiwilligendienste ist derzeit das Deutsche Rote Kreuz, auf
       dem zweiten Platz folgt die evangelische Kirche.
       
       Jule wird dem Kultur Büro auch nach dem FSJ verbunden bleiben. Da ihre
       Nachfolgerin aus Krankheitsgründen erst später anfangen kann als geplant,
       hat sie schon zugesagt, ein paar Mal in der Woche in St. Elisabeth
       auszuhelfen.
       
       15 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christine Berger
       
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