# taz.de -- Kommentar Opposition in der Türkei: Gerechtigkeit lässt sich nicht aufhalten
       
       > Marschierende Regierungskritiker wollen Staatschef Erdoğan herausfordern.
       > Mit Erfolg: Wer noch nicht mitläuft, redet zumindest darüber.
       
 (IMG) Bild: Der Protestzug auf dem Weg nach Istanbul
       
       Der [1][Marsch für Gerechtigkeit] in der Türkei entwickelt sich immer mehr
       zu einer echten Herausforderung für Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Seit
       der Marsch am 15. Juni vom Vorsitzenden der CHP Kemal Kilicdaroğlu begonnen
       wurde, hat er sich zu einer regelrechten Welle entwickelt, die jetzt wie
       ein politischer Tsunami durch das Land schwappt. Jeder Mann und jede Frau
       im Land redet darüber. Selbst die regierungsnahen Medien müssen darüber
       berichten, wenn auch nur denunziatorisch.
       
       Kilicdaroğlu ist es mit seinen Vorgaben – keine Parteipolitik und völlige
       Konzentration auf die Kernforderung nach Gerechtigkeit – gelungen, alle
       Menschen anzusprechen, die unter der Repression, den willkürlichen
       Festnahmen und Entlassungen seit der Verhängung des Ausnahmezustandes am
       20. Juli letzten Jahres leiden. Und das sind Millionen, wenn man über die
       unmittelbar Betroffenen hinaus auch deren Familien, Freunde und Bekannte
       dazu zählt. Viele von ihnen marschieren nun mit und es werden jeden Tag
       mehr.
       
       Während die Regierung anfangs noch über den Marsch spottete, gerät sie
       langsam in Panik. Erneut wird nun versucht, alle Kritiker zu Terroristen zu
       stempeln, doch niemand lässt sich mehr davon beeindrucken. Allerdings
       wächst mit der Schärfe der Rhetorik der Regierung auch die Gefahr eines
       gewaltsamen Angriffes auf den Marsch.
       
       Doch für alle die dabei sind, ist der Marsch für Gerechtigkeit längst zu
       einem Kristallisationspunkt geworden, in dem ihre Wut und Verzweiflung
       aufgenommen wird und sich in neue Hoffnung umwandelt. An diesem Wochenende
       werden die Marschierer in Istanbul ankommen und ihre Erwartungen bei einer
       Massenkundgebung lautstark artikulieren.
       
       Die Hoffnung ist, dass das Momentum des Marsches umgewandelt werden kann in
       weitere Aktionen gegen die drohende Diktatur im Land – und irgendwann
       wieder Gerechtigkeit und eine unabhängige Justiz zur Grundlage des
       Zusammenlebens werden.
       
       6 Jul 2017
       
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