# taz.de -- Kommentar Polizeieinsatz in Hamburg: An der Katastrophe vorbeigeschrammt
       
       > Haben Senat und Polizeiführung bei ihrem Vorgehen in Hamburg Tote in Kauf
       > genommen? Es ist Zeit für einen Untersuchungsausschuss.
       
 (IMG) Bild: Schiefgegangene Polizeitaktik? Eine Einheit zieht sich im Schanzenviertel zurück
       
       In Hamburg ist es spätestens seit Donnerstag Zeit für einen
       Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz beim G20-Gipfel. Ein Interview,
       das der SEK-Kommandoführer Sven Mewes gegeben hat, muss alle Alarmglocken
       läuten lassen: Mewes war bei der Einheit, die ein eingerüstetes Haus räumen
       ließ. Man habe damit rechnen müssen, „auf mit Schusswaffen bewaffnete
       Straftäter zu treffen“, sagt er. Das SEK sei deshalb „extrem robust auf
       Eigensicherung“ bedacht gewesen, der „Schusswaffengebrauch freigegeben“.
       
       Haben Hamburger Senat und die Polizeiführung bei ihrem Vorgehen [1][in der
       Schanze bewusst – und unnötig – Tote in Kauf genommen]? Ist Hamburg knapp
       an einer Katastrophe wie in Genua vorbeigeschrammt? Das Haus, auf dessen
       Dach Demonstranten standen und die Polizei bewarfen, steht im Mittelpunkt
       der Rechtfertigungen der Polizei, warum sie am Freitag so spät eingegriffen
       hat. Obwohl sie vom Hausbesitzer den Schlüssel erhalten hatte, blieb es
       ungesichert. Auch in wichtigen Straßenzügen des Viertels befand sich vorab
       keine Polizei.
       
       Nachdem die Polizei die Situation erst unterschätzte, rückte dann ein mit
       Sturmgewehren bewaffnetes SEK vor. Ähnliche Situationen, etwa bei der
       Räumung besetzter Häuser in Berlin 1990, wurden früher von gewöhnlichen
       Polizeieinheiten geklärt. Bisher gibt es keinen Beleg dafür, dass in
       Hamburg mit einem Schusswaffengebrauch von Demonstrantenseite zu rechnen
       war.
       
       Seit Tagen ergehen sich führende SPDler in einer Bürgerkriegsrhetorik, die
       jedes Maß verloren hat. Kanzlerkandidat Schulz sprach von „Mordbrennern“,
       Sigmar Gabriel von „Terroristen“ in der Schanze. Damit sollen der
       missratene Einsatz der Polizei legitimiert und die eigenen Wahlchancen im
       September erhalten werden. Gegen „Mordbrenner“ und „Terroristen“ aber sind
       alle Mittel erlaubt, auch Schusswaffen. Wer wie Schulz und Gabriel die
       Grenzen zwischen gewalttätigen Demonstranten und Terroristen verwischt,
       nimmt Tote in Kauf. Spätestens beim nächsten Einsatz.
       
       Vor etwas mehr als 50 Jahren starb Benno Ohnesorg bei einer Demonstration
       in Berlin. Seinem Tod voraus ging eine staatliche Feinderklärung an die
       außerparlamentarische Linke. Schulz und Gabriel bewegen sich in einer
       gefährlichen Tradition. Sie sollten ebenso abrüsten wie die Hamburger
       Steinewerfer.
       
       14 Jul 2017
       
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 (DIR) Martin Reeh
       
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