# taz.de -- G20-Protestcamps: Schlafen bleibt politisch
       
       > Die Stadt Hamburg geht weiter gegen Protestcamps vor. Dafür öffnen andere
       > ihre Tore. Und die Polizei räumt die Straße mit Wasserwerfern.
       
 (IMG) Bild: Am Dienstagabend kam es zu Körperkontakt zwischen Polizei und Demonstrant*innen
       
       Keine Camps, nirgends. Die Stadt Hamburg will weiter verhindern, dass
       G20-DemonstrantInnen organisiert auf öffentlichen Flächen übernachten.
       Nichts unternehmen kann der Senat allerdings dagegen, dass Kirchen oder
       Privateigentümer*innen ihre Flächen zum Übernachten anbieten.
       
       Mittlerweile haben zwei Kirchen ihre Gärten für Protestcamper*innen
       geöffnet. Die Genossenschaft der ehemals besetzten Hafenstraßenhäuser auf
       St. Pauli lud ebenfalls Camper*innen auf eine Grünfläche ein, und viele
       Zentren und Privatpersonen stellten symbolisch Zelte in den öffentlichen
       Raum. „Kleinere, dezentrale Camps auf privaten oder kirchlichen
       Grundstücken sind völlig unproblematisch“, sagte Innensenator Andy Grote am
       Mittwoch. Was anderes bleibt ihm auch kaum übrig.
       
       Wo die Stadt aber Möglichkeiten sieht, die Übernachtungsmöglichkeiten für
       Auswärtige einzuschränken, versucht sie diese auch zu nutzen. So haben
       mehrere öffentliche Kulturzentren im Stadtteil Altona in den vergangenen
       Tagen Anrufe vom Bezirksamt bekommen. Die Ansage: Es ist ihnen untersagt,
       ihre Räume für Übernachtungen von Protestler*innen zur Verfügung zu
       stellen.
       
       Das Kulturzentrum „Kölibri“, die „Motte“ und das „Haus Drei“ bekamen
       entsprechende Anweisungen. Eine explizite Drohung wurde in keinem der drei
       Fälle ausgesprochen – allerdings bekommen sie alle finanzielle Förderungen
       von der Kulturbehörde, die wiederum vom Bezirksamt verwaltet werden. Somit
       sind sie abhängig. Natürlich sei das Geld der Machthebel, den der Bezirk
       gegenüber den Kultureinrichtungen habe, sagte ein Mitarbeiter einer der
       Einrichtungen.
       
       ## Kritik am Verbot
       
       Das Bezirksamt bestätigte die Anweisung und berief sich auf den
       Brandschutz, der in den Räumen nicht gewährleistet sei, wenn dort Leute
       übernachteten.
       
       Im Gegensatz dazu steht allerdings das Engagement, das die gleichen
       Klulturinstitutionen, die nun keine Protestierenden unterbringen dürfen,
       an den Tag legten, als 2015 Tausende Flüchtlinge die Stadt erreichten. Das
       Kölibri öffnete seine Türen damals ebenso für die Ankommenden wie das
       Schauspielhaus und auch Clubs wie das Docks auf der Reeperbahn. Damals war
       der Brandschutz offenbar kein Problem.
       
       Norbert Hackbusch, der kulturpolitische Sprecher der Hamburger
       Linksfraktion, nennt das Vorgehen des Bezirksamts gegenüber den
       Kultureinrichtungen eine Frechheit. „Den gleichen Institutionen, die damals
       für ihre Flexibilität gefeiert wurden, weil sie kurzfristig Flüchtlinge
       untergebracht haben, wird jetzt gedroht“, kritisierte er. „Damit beschädigt
       man das Engagement, das die Zivilgesellschaft damals so stark gemacht hat.“
       
       Auch der Dachverband der Hamburger Kulturzentren sieht das Verbot kritisch:
       „Obwohl keine Drohung ausgesprochen wurde, macht man sich als Einrichtung
       natürlich Sorgen über die Konsequenzen, wenn man sich über diese Anweisung
       hinwegsetzt“, sagt Geschäftsführerin Corinne Eichner. Grundsätzlich dürfe
       aber kein Einfluss genommen werden, wie die Kulturzentren ihre Räume
       nutzen.
       
       Von verschiedenen Seiten werde immer wieder versucht, die Autonomie der
       Stadtteilkulturzentren einzugreifen. Deshalb hat der Verein ein Gutachten
       beim Verwaltungsrechtler Holger Schwemer in Auftrag gegeben. Das Ergebnis:
       Die Kulturzentren sind, was die Verteilung ihrer Räume betrifft, nicht von
       öffentlichen Hand abhängig.
       
       ## Teilsieg
       
       „Das Gutachten hat jedoch keine Aussage darüber gemacht, was passiert, wenn
       sich eine Einrichtung für Übernachtungen öffnet“, sagt Eichner.
       Möglicherweise gebe es da Haftungsprobleme.
       
       Nicht alle Kultureinrichtungen lassen sich allerdings was vom Bezirksamt
       vorschreiben. In der Nacht zum Mittwoch entschied das Deutsche
       Schauspielhaus spontan, etwa 300 Demonstrant*innen einen Schlafplatz zur
       Verfügung zu stellen. Nachdem auf Twitter fälschlicherweise behauptet
       worden war, es gäbe Schlafplätze für 1.500 Demonstrant*innen, hatte das
       Hamburger Theater dies zunächst dementiert. Als sich dann aber ein paar
       hundert Demonstrant*innen vor dem Theater um Schlafplätze baten, entschied
       der kaufmännische Leiter Peter F. Raddatz kurzerhand, sie hineinzulassen.
       
       Dabei setzte er sich sogar gegen die Polizei durch, die versuchte, die
       Demonstrant*innen am Hereinkommen zu hindern. „Ich habe ihnen verständlich
       gemacht, dass wir im Schauspielhaus das Hausrecht haben“, sagte Raddatz dem
       NDR. „Für uns war das ein Akt der Menschlichkeit.“
       
       Ob das Theater auch in den kommenden Tagen als Schlafplatz fungieren werde,
       konnte eine Sprecherin des Deutschen Schauspielhaus der taz am Mittwoch
       noch nicht beantworten. Generell gebe es keine explizite Einladung, nur
       eine Duldung der Demonstrant*innen. Auch der normale Spielbetrieb solle
       aufrechterhalten werden.
       
       ## Endlich: schlafen und waschen
       
       Während das Antikapitalistische Camp, das vom ehemaligen Standort im
       Stadtpark bereits nach Entenwerder in den Hamburger Süden umgezogen war,
       schon der polizeilichen Belagerung eingebrochen ist und die Zelte
       abgebrochen hat, hat das geplante Camp im Elbpark Entenwerder einen
       Teilsieg vor Gericht erzielt.
       
       Neben den schon genehmigten Veranstaltungszelten, dürfen jetzt auch 300
       Schlafzelte sowie Waschmöglichkeiten aufgestellt werden. Die
       Versammlungsbehörde habe nicht ausreichend begründen können, dass von dem
       Camp eine Gefahr ausgehe, heißt es in der Begründung. Die Anzahl der
       schlafenden DemonstrantInnen wurde jedoch auf bis zu drei Personen pro Zelt
       begrenzt.
       
       Auch außerhalb der Camps war es am Dienstagabend zu Auseinandersetzungen
       von Demonstrant*innen mit der Polizei gekommen. Weil mehrere hundert
       Menschen auf der Straße herumliefen, setzte die Polizei am Ende mehrere
       Wasserwerfer ein.
       
       5 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Schipkowski
 (DIR) Muriel Kalisch
 (DIR) Amna Franzke
       
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